A Cause d´un Garçon - Alles wegen Benjamin - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kultur



AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 04.09.2003


A Cause d´un Garçon - Alles wegen Benjamin
Jana Scheerer

Wieder einmal hat Salzgeber&Co. einen wunderschöner Film entdeckt und auf Video und DVD gebannt: Fabrice Cazeneuve erzählt eine stille, fesselnde Geschichte über das Coming-out eines Sechzehnjährigen




Vincent ist ein perfekter Teenager: Gut in der Schule, ein hervorragender Schwimmer und zusammen mit Noemie, einem hübschen und netten jungen Mädchen. Seine Eltern und Lehrer sind zufrieden. Vincent nicht.

Denn Vincents Leben ist eine einzige große Lüge: In Wahrheit fühlt er sich zu Männern hingezogen. In heimlichen Treffen gibt er dieser Sehnsucht nach, ansonsten hält er die perfekte heterosexuelle Fassade aufrecht.

Das ist auch besser so, denn Vincents Umfeld wirkt alles andere als weltoffen und tolerant. Die derben Witze in der Duschkabine nach dem Schwimmtraining beziehen sich allzu oft auf Homosexualität. Vincent spielt mit.

Das Spiel ist aus, als Vincent den neuen Jungen an der Schule, Benjamin, mit zu sich nach Hause nimmt. Schon oft haben die beiden begehrliche Blicke ausgetauscht, und so versucht Vincent, Benjamin zu küssen. Benjamin weist ihn zurück. Und, noch schlimmer: Bedrängt von Vincents Schwimmkameraden macht er ihnen gegenüber eine Andeutung über Vincents Homosexualität.

"Vincent ist eine Schwuchtel" steht als Ergebnis am nächsten Tag an einer Wand in der Schule. Jetzt kann Vincent nicht mehr anders: Seinen besten Freunden gegenüber gesteht er seine Homosexualität ein. Dazu gehört auch Noemie, die besonders getroffen ist, weil sie vor einigen Tagen ihr erstes Mal mit Vincent erlebt hat.

Vincents Coming-out wirft sein Leben völlig durcheinander: Die enge Freundschaft mit seinem besten Freund Stéphane und Noemie ist erschüttert, beim Schwimmtraining wird er ausgegrenzt und sein Bruder verrät ihn an die Eltern.

Die große Stärke des Films liegt in der genauen und sensiblen Darstellung der Gefühle aller Charaktere. Da sind die Eltern in ihrer Hilflosigkeit, Noemie, die zwischen Liebe und Enttäuschung hin- und hergerissen ist und Stéphane, der sich als bester Freund außen vorgelassen fühlt. Besonders das Verhältnis zwischen Vincent und seinem älteren Bruder ist sehr differenziert geschildert und vermeidet jede schwarz-weiß Zeichnung.

Heraus kommt ein stiller, eindringlicher Film über ein Coming-out und dessen Bedeutung für die Mikrokosmen Schule und Familie. Denn nicht nur Vincents Leben verändert sich, sondern jede Konstellation, in der er eine Rolle gespielt hat.

Auch die zur Zeit viel diskutierte Frage, inwieweit die Sexualität einer Person zu ihrer öffentlichen Identität gehört, wird verhandelt: Vincents homosexueller Lehrer wird von seinen Kollegen gedrängt, Vincent in einem Gespräch zu helfen, und überwindet sich nach langem Zögern zu einer kurzen, ungeschickten Ansprache, die Vincent eher zum Lachen bringt.

Am Schluss gibt es so etwas wie ein Happy End: Vincent kann sich bei seinen Schwimmkameraden wieder Respekt verschaffen und findet einen Weg zu Benjamin. Und die Frage des Vaters: "Und, was hast du mit deiner Homosexualität so vor?" wird sich für Vincent im Laufe der Jahre ganz von selbst beantworten.



Alles wegen Benjamin
(A Cause d´un Garçon)

OmEnlgU
Regie: Fabrice Cazeneuve
Mit Julien Baumgartner und Jérémie Elkaïm
Frankreich, 2002
86 Minuten, 12. August 2003
VHS 24,90 €
DVD 29,90 €
www.salzgeber.de




Kultur

Beitrag vom 04.09.2003

AVIVA-Redaktion