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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 01.02.2007


57. Berlinale – 21. Teddy Award
Tatjana Zilg

„Der Teddy hebt ab“ – unter dem Motto geht seine Verleihung im Hangar2 auf dem Flughafen Tempelhof über die Bühne. Die Vollbährigkeit des Teddy soll glamourös, spacig und berauschend werden




Am Freitag, den 16. Februar um 22 Uhr wird der schwul-lesbisch-transidentische Filmpreis Teddy zum 21. Mal verliehen. Im Jet-Cockpit sitzt Mitinitiator und Panorama-Leiter Wieland Speck. Mit an Bord ist die international besetzte Jury:
Charlie Boudreau, Direktorin des Filmfestivals Image+Nation in Montreal, Jason Plourde vom Gay & Lesbian Film Festival Seattle, Raymond Phathanavirangoon vom Queer Film Festival Hongkong, Kam Wai Kui vom Transgender Film Festival Amsterdam, Misa Pnacekova vom Queer Film Festival Prag, Frederic Arends aus Belgien, der Südafrikaner Fanney Tsimong vom Filmfestival Out in Africa und Ailton Franco Jr. aus Brasilien.
Während der Teddy Awards vergibt die Jury die Preise in den Kategorien bester Kurzfilm, Spielfilm und Dokumentar-/Essayfilm. Teddy-relevant ist jeder Film in allen Berlinale-Sektionen, der ein queeres Thema vorantreibt. Das mit der Auszeichnung verbundene Preisgeld wird vom ehrenamtlich arbeitenden Teddy e. V. und seinen UnterstützerInnen aufgebracht.
FlugbegleiterInnen der Teddy Awards sind die ARTE-ModeratorInnen Annette Gerlach und Gustav Hofer. Für einen unterhaltsamen Flug sorgen unter anderem die Band Übermutter, die O-Ton-Piraten und Altmeister Keith Tynes (ex-Platters). Anlässlich seines 100. Geburtstages wird der grosse italienische Regisseur Luchino Visconti ins Blickfeld gerückt und Schauspieler Helmut Berger wird mit dem Special Teddy 2007 für sein Gesamtwerk geehrt.
Der deutsch-französische Kultursender ARTE überträgt die Verleihung des Teddy Award am Sonntag, den 18. Februar 2007 um 14 Uhr 50. Ausserdem widmet ARTE dem Teddy zeitgleich zur Teddy-Preisverleihung am 16. Februar ab 22 Uhr 10 den Themenabend „Das Coming-out des Kinos“.

In Zusammenarbeit mit Printpartner Tip wird der ZuschauerInnenpreis Teddy Ballot erstmalig vergeben. Bereits am Donnerstag, den 15. Februar 2007 laden die Magazine Siegessäule, L-Mag und Du&Ich des Jackwerth Verlages gemeinsam mit nationalen und internationalen Queer-Filmfestivals zur „Queer Kosmos“ – Berlinale-Party ein. Gefeiert wird die 15. „Else-Preisverleihung“, der Preis der Leserinnen und Leser Jury der Siegessäule.
Weitere Infos unter: www.siegessaeule.de.

Der 21. Geburtstag des Teddy ist aber mehr als nur Jubel, Trubel, Heiterkeit:
„Wir haben uns nie die Frage gestellt, ob wir den TEDDY noch brauchen. Man meint, das Thema habe sich erledigt, weil es nun schon schwule Bürgermeister gibt“, sagt Wieland Speck. „Die politische Situation hat sich aber prinzipiell nicht verändert. Das Patriarchat ist immer noch die ruling power auf diesem Planeten, und zwar in jedem einzelnen Land. Und das Patriarchat fühlt sich extrem angegriffen von Männern, die da nicht mitmachen“.

Traurige Fakten: Homosexualität ist in vielen Ländern der Welt immer noch per Gesetz verboten. In Saudi-Arabien oder Iran kennt man keine Gnade. Gleichgeschlechtliche Liebe wird dort mit dem Tod bestraft. Im Irak werden derzeit schwule Männer von Miliztruppen systematisch ermordet. Doch nicht nur in der arabischen Welt, auch im südlichen Afrika und großen Teilen Lateinamerikas und Asiens gehen staatliche Institutionen gegen nicht heterosexuell orientierte Menschen vor. Durch das Renommee der Berlinale kann der Teddy Künstlerinnen und Künstlern, denen in ihrer Heimat niemand zuhören will, Gehör verschaffen.

Um auf die in vielen Ländern schwierige Menschenrechtslage für Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transgender (LGBT) aufmerksam zu machen, kooperiert der Teddy erstmals mit der Gruppe Menschenrechte und sexuelle Identität (MERSI) von amnesty international. Mit Filmausschnitten und Interviews macht Teddy Award TV unter www.teddyaward.tv während der Berlinale auf die alltäglichen Schwierigkeiten und die häufige staatliche Verfolgung von LGBT weltweit aufmerksam.

Für die Auszeichnung mit dem sektionsübergreifenden Teddy´s gehen unter anderen diese Filme an den Start:

The Bubble (Regie: Eyton Fox, Israel)
Eine Komödie mit einem dramatischen, erschütternden Ende.
Drei junge Leute leben in Tel Aviv gemeinsam in einer WG: Die eigenwillige Lulu (Daniele Wircer) inmitten ihrer beiden Kumpel fürs Leben: Noam (Ohad Knoller) und Yali (Alon Friedmann) sind schwul, aber kein Paar. Die WG-Bewohnerinnen fühlen sich alle politisch links angesiedelt und organisieren in einer größeren Gruppe Raves gegen den Hass zwischen Israelis und Palästinensern. Genauso wichtig ist ihnen, das Leben im Jetzt zu genießen. Sie gehen viel tanzen und sitzen in den Bars und Cafes von Tel Aviv´s hippestem Stadtteil. Dann verliebt sich Noam heftig in einen illegal eingereisten Palästinenser, Ashraf (Youssef Joe Swaid). Erst scheint es so, als würde das Dreiergespann auch dieses Problem mit Leichtigkeit bewältigen. Sie überstülpen ihm einfach eine jüdische Identität. Das geht einige Zeit gut, bis die Gewalt auch in das Leben der Vier dringt und sie vor wesentliche Entscheidungen stellt.

Riparo (Regie: Marco Simon Puccioni, Italien/Frankreich)
In das Leben eines lesbischen Pärchen drängt sich ein marokkanischer Flüchtling. Beim Tunesien-Urlaub hatte er sich in den Kofferraum ihres Autos geschmuggelt und wurde zurück in Italien von der mitleidigen Anna (Maria de Medeiros) eingeladen, mit ihnen in dem großen Haus zu wohnen, das sie sich aufgrund ihrer Herkunft leisten kann. Sie ist die Tochter einer Fabrikbesitzerin. Ihre Geliebte Mara (Antonia Liskova) ist eine Arbeiterin. Durch die Konfrontation mit dem Jungen werden ihnen die Machtverhältnisse in ihrer Beziehung stärker bewusst und sie müssen sich der Frage stellen, wie tragfähig ihre Liebe ist.

Schau mir in die Augen, Kleiner (Regie: André Schäfer, Deutschland/Frankreich/Niederlande/Schweden/Finnland)
Die Doku erzählt von der Geschichte und der Rolle des queeren Films, der vor noch nicht allzu langer Zeit beim großen Publikum nur wenig oder gar keine Beachtung fand. Mit zahlreichen Beispielen homosexuellen Kinos aus der ganzen Welt von Anfang der 70er Jahre bis heute.

Moskva. Pride 06 (Regie: Vladimir Ivanov, Russische Föderation)
Schlagzeilen machte 2006 der gewalttätige Übergriff zahlreicher GegendemonstrantInnen auf eine Handvoll mutiger internationaler AktivistInnen beim Versuch einer ersten homosexuellen Emanzipationsdemonstration in Moskau. Die Doku schildert die Hintergründe der Ereignisse.

Teddy – Preisverleihung und Party
Am Freitag, den 16.02.2007
ab 21.00 Uhr
Hangar2
Flughafen Berlin-Tempelhof
Columbiadamm 10
12101 Berlin

www.teddyaward.org/



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Beitrag vom 01.02.2007

AVIVA-Redaktion