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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 10.10.2018


A WOMAN CAPTURED - eine gefangene Frau. Dokumentarfilm. Kinostart 11. Oktober 2018
Britta Leudolph

Weltweit ist in keinem Land die Sklaverei offiziell erlaubt und doch gibt es sie – auch in Europa. Bernadett Tuza-Ritter begleitet in ihrem Dokumentarfilm eine dieser modernen Arbeitssklavinnen, die der Demütigung und Gewalt durch ihre Peiniger schutzlos ausgesetzt ist – mitten in einer europäischen Metropole.




Die Walk Free Foundation, eine Stiftung, die sich dem Kampf gegen moderne Sklaverei widmet, veröffentlichte 2016 einen Bericht nach dem weltweit circa 46 Millionen Menschen wie SklavInnen leben – ausgebeutet, verkauft, vermietet. In Ungarn, dem Entstehungsland von A WOMAN CAPTURED – eine gefangene Frau, leben derzeit circa 22.500 SklavInnen. Eine davon ist Marish, deren Geschichte hier erzählt wird.

Marish hat das Gesicht einer alten Frau – voller Falten, müde und abgekämpft. Dabei ist sie erst 52 Jahre alt. Ihr Alltag besteht aus viel Arbeit und vielen Zigaretten. Sie putzt und kocht für eine wohlhabende Familie, dazu arbeitet sie täglich zwölf Stunden in einer Fabrik.

Wenn die Familie isst, sitzt sie nicht mit am Tisch. Die Familie macht sich lustig über sie, Marish kann das alles hören. Ihren gesamten Lohn aus der Fabrik muss sie der Hausherrin Eta geben, dafür bekommt sie einen Schlafplatz auf dem Sofa und Zigaretten. Die zierliche Frau lebt dieses Leben seit zehn Jahren und glaubt nicht daran, dass es für sie einen Ausweg gibt.

Die Filmemacherin Bernadett Tuza-Ritter erfährt von Marish als sie Eta trifft, die damit prahlt, dass sie eine Hausmagd hat und selbst nichts im Haushalt machen muss. Eta erlaubt ihr, Marish mit der Kamera zu begleiten. Später wird sie Geld dafür verlangen.

Tuza-Ritter ist nun oft an Marishs Seite. Im Laufe der Zeit fasst die scheue Frau Vertrauen und gewährt Einblicke in ihre Gedankenwelt und ihr Seelenleben. Je häufiger sie über ihre Situation spricht, desto bewusster wird ihr, dass sie eine Gefangene ist, ohne Rechte, den Launen ihrer Herrin schutzlos ausgeliefert.

Sklavenhaltung ist im Bewusstsein der meisten Menschen in Europa nicht präsent. "A WOMAN CAPTURED – eine gefangene Frau" zeigt eindringlich, dass es keiner Ketten bedarf, um einen Menschen gefangen zu halten. Marish steht ihrem Leben ohnmächtig gegenüber. Sie vertraut niemandem, es ist niemand da, der ihr helfen könnte. Die vielen Jahre der Demütigungen, psychischer und auch physischer Gewalt haben tiefe Spuren hinterlassen.

"A WOMAN CAPTURED – eine gefangene Frau" lief unter anderem erfolgreich beim Sundance Festival, auf der IDFA in Amsterdam und bei Hot Docs in Toronto. Der Dokumentarfilm gewann neben anderen den ungarischen Filmpreis, den Publikumspreis Frauenfilmfestival Köln/Dortmund und den FIPRESCI-Kritikerpreis.

AVIVA-Tipp: "A WOMAN CAPTURED – eine gefangene Frau" ist ein stiller dennoch dramatischer Dokumentarfilm über eine moderne Arbeitssklavin inmitten der Metropole Budapest. Der Filmemacherin Bernadett Tuza-Ritter gelingt ein sensibles ergreifendes Portrait einer gedemütigten Frau, die sich langsam ihrer Situation bewusst wird und wieder zu Kräften kommt. Der Dokumentarfilm gewährt Einblicke in eine verschlossene Welt und schafft Bewusstsein für ein Phänomen, das noch immer nicht der Vergangenheit angehört.

A WOMAN CAPTURED – eine gefangene Frau
Dokumentarfilm
Autorin, Kamera, Schnitt: Bernadett Tuza-Ritter
Ton: Tamás Bohács, Márton Kristóf
Musik: Csaba Kalotás
Produktion: Éclipse Film, Corso Film
Produzentinnen: Julianna Ugrin, Viki Réka Kiss
Länge: 89 Minuten
Gefördert von der Film- und Medienstiftung NRW und Creative Europe. Partisan Filmverleih
Kinostart 11. Oktober 2018

Weitere Infos: A WOMAN CAPTURED – eine gefangene Frau

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Beitrag vom 10.10.2018

Britta Leudolph