Haggadah
In jeder Generation sollen Juden und Jüdinnen des Auszugs aus Ägypten gedenken, als ob sie eben erst selbst aus Ägypten befreit worden wären.

So fing alles an: Unsere Vorfahren Sara und Abraham hatten ein Kind, Isaak. Der heiratete Rebekka. Sie gebar Zwillinge, Jakob und Esau. Jakob, der später Israel genannt wurde, lebte in Kanaan und gebar viele Kinder.

Einer der Söhne, Joseph, war der Liebling des Vaters. Seine Brüder beneideten ihn deswegen und wollten ihn umbringen. Schließlich verkauften sie ihn aber an reisende Händler, die ihn nach Ägypten brachten und dort weiter verkauften. Aber Joseph brachte es weit in Ägypten und stieg zum Statthalter des Pharao auf.
Als später in Kanaan eine Hungersnot ausbrach, zogen Jakobs Söhne nach Ägypten, um Getreide zu kaufen. Sie trafen dort auf Joseph, der sich mit ihnen versöhnte und auch seinen Vater nach Ägypten kommen ließ. Die Familie Jakobs wohnte in einem bevorzugten Teil des Landes, wo es genug zu essen gab. Sie vermehrte sich im Lauf der Jahrhunderte stark und wuchs zu einem großen Volk heran.

Schließlich fürchteten die Ägypter, die Israeliten könnten ihrer Herrschaft gefährlich werden. Sie entrechteten die Israeliten und drückten sie in den unfreien Sklavenstand hinab, zwangen sie zu schwerster Arbeit als Ziegelbrenner und Bauarbeiter und quälten sie auf alle Weise.

Da leisteten die Israeliten Widerstand. Sie weigerten sich, mit ihren Frauen zu schlafen, damit keine Sklavenkinder mehr geboren würden. Die Frauen wehrten sich: Wenn keine Kinder mehr geboren würden, bedeute dies das sichere Ende des Volkes. Sie setzten sich durch. So sorgten die israelitischen Frauen dafür, daß das Volk Israel auch unter Sklavenbedingungen nicht ausstarb. Der Tapferkeit und der List ihrer Frauen verdankten die Israeliten damals ihr Überleben.
Doch die Bedrückung wurde immer schwerer. Der ägyptische Herrscher strebte die Ausrottung der Israeliten an. Er befahl den Hebammen, jedes männliche Kind im Nil zu ertränken. Doch die beiden Hebammen Schifra und Pua unterliefen diesen Plan mit einer List. So retteten sie ihr Volk vor dem Untergang.

Eine israelitische Mutter gebar einen Jungen, den sie, um ihn vor den Nachstellungen der Ägypter zu retten, im Schilf des Flußufers versteckte. Dort fand ihn die Tochter des Pharao beim Baden und nahm ihn zu sich, um ihn als ihr Kind aufzuziehen. Sie nannte ihn Mosche. Mosche wuchs wie ein Ägypter auf. Doch als erwachsener Mann fand er zu seinem Volk zurück. Er wurde dessen Anführer und forderte vom Pharao die Freilassung aller Israeliten. Pharao weigerte sich, auch als Mosche ihm im Namen Gottes furchtbare Katastrophen ankündigte.
Die Ägypter durchlitten nun zehn schreckliche Plagen.

Zuerst wurden alle Gewässer in Ägypten zu Blut. Dann wurde Ägypten von Fröschen, danach von Stechmücken, schließlich von Fliegen übersät. Die fünfte Plage, eine Viehseuche, rottete die ägyptischen Rinder und Schafe aus. Als sechste Plage wurden die Ägypter von Pestbeulen befallen. Danach zerstörte Hagel die gesamte Ernte. Heuschrecken fraßen auf, was noch übrig war. Als der Pharao immer noch nicht nachgeben wollte, wurde das Land drei Tage lang in undurchdringliche Finsternis getaucht. Jetzt wollte der Pharao Mose gehen lassen- aber nur ihn. Mose erwiderte: "Wir werden alle gehen, mit den Jungen und den Alten, mit Söhnen und Töchtern, mit unseren Schafen und Rindern." Als der Pharao dies wiederum verweigerte, kündigte ihm Mose die zehnte Plage an: jede männliche Erstgeburt, ob von Menschen oder Vieh, werde in der folgenden Nacht sterben. Die Israeliten blieben verschont, weil Mose jede Familie lehrte, ein Lamm zu schlachten und die Türpfosten mit Blut zu bestreichen. Die ägyptischen Erstgeborenen starben. Jetzt konnte der Pharao das Elend nicht mehr ertragen. Er gab die Israeliten frei.

Doch nach einigen Tagen bereute der Pharao seine Entscheidung wieder. Er setzte sich an die Spitze seines Heeres und zog mit Reitern und Streitwagen den Israeliten nach. Diese waren jetzt in höchster Gefahr, eingekeilt zwischen dem Meer und der feindlichen Übermacht im Rücken.

Aber Mose ermutigte die Israeliten, in das Meer zu gehen. Sie wagten es. Zuerst tat Mirjam mit anderen Frauen den Schritt, dann auch die Übrigen. Sie erlebten, wie das Wasser sich vor ihnen teilte, so daß sie trockenen Fußes hindurchgehen konnten. Weil sie ein Wagnis eingingen, das unsinnig zu sein schien, wurden die Israeliten gerettet. Am Anfang der Freiheit stand das Wagnis. Über den nachsetzenden Ägypter aber schlugen die Wellen zusammen und begruben sie.