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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 29.07.2011


Sibylle Bergemann - Die Polaroids
Sharon Adler

Der Nachlass der wohl berühmtesten Modefotografin der DDR und Mitbegründerin der Berliner Agentur Ostkreuz, erschien bei Hatje Cantz anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im C/O Berlin, die ...




... bis zum 4. September 2011 besichtigt werden konnte.

Sibylle Bergemann, die Ausnahmefotografin, für die Augenblick und Ewigkeit eins war, die mit Schärfen, vor allem aber mit Unschärfen experimentierte und die künstlerisch immer ihren eigenen Weg ging. Und damit großen Erfolg hatte. Sie prägte die Fotografie im Osten und auch nach der Wende im Westen wie keine andere. Ihr prägnant poetischer Blick auf Alltagsgegenstände offenbart Geschichten, in den von ihr portraitierten Gesichtern spiegelt sich der Moment des Vergänglichen, aber auch die Frage nach dem, was bleibt.

Integrität war es, die sie antrieb, das Unbestechliche und der Respekt für Intimität.
Schon in ihren frühen Arbeiten für die legendäre ostdeutsche Zeitschrift "Sibylle" zeigte sich ihr eigener, unverwechselbarer Stil, dem sie bis zum Schluss treu blieb: schnörkellos, kühl, ästhetisch, distanziert. Ihre Aufnahmen erzählten Geschichten, blieben dabei rätselhaft und luden dazu ein, das Bild hinter dem Bild zu entdecken. Der Sozialismus bekam durch sie ein neues, farbigeres Gesicht, ob in Portraits Reportagen oder Reisebildern.

Bergemanns späte Liebe jedoch galt dem vergänglichen Medium Polaroid, denn hier konnte sie maßlos sein, mit Material, Zeit und Raum – der flüchtige Augenblick war es, den sie festhalten wollte. Ursprünglich nur als Dokumentation für die Kostümbildnerin gedacht, für die sie die Portraits der kostümierten behinderten Schauspielerinnen des Theaters Ramba Zamba aufnehmen sollte, war die Fotografin von der Ästhetik des Polaroidmaterials fasziniert und fertigte die gesamte Serie mit ihrer Sofortbildkamera an.
"Mich interessiert der Rand der Welt, nicht die Mitte. Wenn etwas nicht ganz stimmt in den Gesichtern oder Landschaften."

Deutlich wird in den verblassenden Polaroids eine Morbidität, die auch das Bewusstsein um den eigenen Tod in sich trägt.
Das Spiel mit Licht und Schatten, die Kunst mit der Komposition beherrschte Sibylle Bergemann bis ins kleinste Detail, auch wenn ihre Aufnahmen wie zufällig wirken.
Genau das macht ihre Arbeiten so unverwechselbar und wertvoll – sie können als zeitlose Chroniken angesehen werden, als poetische Unikate.

Die letzte Aufnahme, das 111. Polaroid, bietet den berührenden Abschluss dieses besonderen Bildbandes - ein Selbstporträt Sibylle Bergemanns.

AVIVA-Tipp: Bildband und Ausstellung "Sibylle Bergemann – Die Polaroids" sind als eine Femmage an die im November 2010 verstorbene Künstlerin zu verstehen, die in ihrem Werk stets das Besondere im Alltäglichen zeigen wollte. Am 29. August 2011 wäre sie sechzig Jahre alt geworden.

Zur Fotografin: Sibylle Bergemann am 29. August 1941 in Berlin geboren und am 1. November 2010 in Margaretenhof an ihrem langjährigen Krebsleiden gestorben. Sie absolvierte zunächst eine kaufmännische Lehre, ab 1966 eine fotografische Ausbildung bei Arno Fischer, den sie 1985 heiratete. Freiberuflich tätig für verschiedene Zeitschriften, wie Sibylle. Seit 1990 Veröffentlichungen in GEO, Die Zeit, Spiegel, Stern, New York Times Magazine. 1990 Gründungsmitglied von "OSTKREUZ Agentur der Fotografen". Seit 1994 war sie Mitglied der Akademie der Künste, Berlin.
Weitere Infos unter: ostkreuz.de

Sibylle Bergemann – Die Polaroids
Hrsg. Bern Heise, Arno Fischer, Frieda von Wild, Text von Jutta Voigt, Gestaltung von Michael de Maiziére
Hatje Cantz Verlag, erschienen 2011
144 Seiten, Format: 19,7 x 21,6 cm, Gebunden, 111 farbige Abbildungen
ISBN 978-3-7757-2843-0
29,80 Euro
Weitere Informationen finden Sie unter: www.hatjecantz.de

Infos zur Ausstellung:

C/O Berlin präsentierte 140 Polaroids der Fotografin erstmals in diesem Umfang und gab anhand dieser Unikate einen Überblick über das Gesamtwerk der im Jahr 2010 verstorbenen Künstlerin. Die Ausstellung umfasste ihre Schwarz-Weiß Fotografien Berlins in den 1960er Jahren, die farblich ausgeblichenen Polaroids sowie ihre Mode- und Porträtfotografien, welche nach der Wende entstanden sind.
www.co-berlin.com

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Nie wieder Sibylle


(Quellen: C/O Berlin, Hatje Cantz)


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Beitrag vom 29.07.2011

Sharon Adler