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Beitrag vom 20.10.2002
Madame Man Ray von Unda Hörner
Rukshana Adrus-Wenner
Das faszinierende Leben und Werk von zehn Fotografinnen bestimmten die Kunstbewegungen der Avantgarde in Paris der 20er und 30er Jahre mit
Die Schriftstellerin Unda Hörner, Kennerin der Literatur- und Kunstbewegungen der Avantgarde schildert in dem Sammelband "Madame Man Ray" die Lebensgeschichte von zehn faszinierenden Fotografinnen, deren Wege sich im Paris der 20er und 30er Jahre gekreuzt haben. Den Künstlerinnen ist gemeinsam, dass sie von der Malerei kamen und mit dem Fotoapparat das Neue Sehen in der Kunst einführten. Ihre Bilder sind in unserem visuellen Gedächtnis eingeprägt, ohne dass man immer genau weiß von wem diese Fotos stammen. Der reich bebilderte Band bietet die beste Gelegenheit, sie näher kennen zu lernen.
"Die zufällige Entdeckung, die Neugier auf das Andere, Fremde, Abenteuerlust und Risikobereitschaft führten viele Frauen ins Berufsleben als Fotoreporterinnen ..."
Die Themen der Fotografinnen sind u.a.: der Metropolen-Mythos, Architektur, Mode, Werbung aber auch Sozialreportagen. Deutsche Künstlerinnen Ré Soupault, Ilse Bing, Marianne Breslauer, Germaine Krull und Gisèle Freund sind nach Paris gegangen, um dort zu leben und zu arbeiten. Genauso bewegt wie ihr Leben sind auch die Werke der Fotografinnen. Florence Henri, die am Bauhaus studiert hat, prägte das abstrakt-konstruktivistische Fotografieren. Die interessantesten Aspekte sind die Portraits und Selbstportraits der Künstlerinnen. Sie haben nicht nur Selbstbildnisse erstellt, sondern sich auch gegenseitig fotografiert. Claude Cahun, die sich selbst "Verwandlungskünstlerin" nannte, ist die radikalste in ihren künstlerischen Ausdrucksformen, Dora Maar, die die surrealistische Welt in die Fotografie umsetzte oder Gisèle Freund, bekannt geworden durch ein "who-is-who" der Gelehrten, Literaten und Künstler.
Nicht nur Paris als Großstadt reizte die Künstlerinnen, sondern auch das Foto-Atelier des amerikanischen Avantgarde-Künstlers Man Ray war für Viele ein Treffpunkt, andere gingen bei ihm in die Lehre. Die Amerikanerinnen Berenice Abbott und das Model und die Schauspielerin Lee Miller wurden seine Lebensgefährtinnen.
Beim Blättern dieses Fotoalbums wandelt man durch Paris. Neben Berlin war Paris die Stadt, die viele Rastlose anlockte. Aufregend und hektisch war das Leben der Bohemiens. Alle Kunstrichtungen befruchteten sich gegenseitig.
"Hält das Fotografieren vielleicht jung? Lässt das tätige Interesse am Leben länger Leben? Der Alleingang mit offenen Augen, der wache Blick? Die Suche nach der eigenen Bestimmung und der Rolle in der Öffentlichkeit?"
Paris war der Mittelpunkt ihres fotografischen Schaffens. Ihre Karrieren wurden jäh unterbrochen und ihr Aufenthalt in dieser Stadt endete für die meisten von ihnen in Verfolgung und Krieg. Sie verließen Paris und ihre Wege trennten sich. Viele gingen ins Exil und lebten bis ins hohe Alter, konnten aber nicht an ihren Erfolg von früher anknüpfen. Die Fotografinnen trafen sich nicht mehr. Die Vorbilder der Frauen- und Kunstgeschichte sind hier nochmals wieder vereinigt.
Unda Hörner
Madame Man Ray
Fotografinnen der Avantgarde in Paris
edition ebersbach, Berlin 2002
ISBN 3-934703-36-4
Preis: 25,00 EUR
Lesen Sie auch unser Interview mit der Autorin