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Beitrag vom 04.02.2003
Fania Fénelon - Das Mädchenorchester von Auschwitz
Natasa Konopitzky
"Man sollte … für den Hass Worte erfinden, die noch unverbraucht, noch nicht abgegriffen sind, die noch keinem anderen Hass dienten!"
Auschwitz, Januar 1944. Die Pariser Sängerin Fania Fénelon, Tochter eines wohlhabenden jüdischen Kaufmanns, entkommt bei ihrer Ankunft knapp der Gaskammer und findet sich anschließend in einer "grotesken" Situation wieder: Als vermeintlich privilegiertes Mitglied des Mädchenorchesters muss sie in einer Vernichtungsmaschinerie, die bis zu 25.000 Menschen täglich mordet, singen und Musikkompositionen neu arrangieren...
Soupé für die Schlächter der SS und "motivierende" Märsche für deren Opfer
Jeden Tag spielen Fania Fénelon und ihre Leidensgenossinnen um ihr Leben. In blauen Faltenröcken stimmen die Musikerinnen einen Marsch an, während vor ihren Augen Lagerinsassinnen von den Hunden der SS zerfleischt werden. Das Orchester spielt für Mengele oder die Lagerführerin, die im Anschluss an ihrer "harten Arbeit" nach etwas Entspannung suchen, aber auch für die Frauen, deren Körper am elektrischen Zaun zucken.
Spielen, um zu überleben
Todesangst bestimmt den Alltag der jüdischen und nicht-jüdischen Musikerinnen aus allen Teilen Europas. Sie werden geschlagen, erniedrigt und haben kaum etwas zu essen. Alma Rosé, die Nichte Gustav Mahlers, leitet das Frauenorchester, das ständig vor der willkürlichen Auflösung bedroht ist.
Mit sehr strenger Hand und einem Taktstock, der gleichzeitig auch zur Züchtigung dient, versucht sie die jungen Frauen zu Höchstleistungen anzutreiben. Verzweifelt sehen die Musikerinnen das Orchester als Rettung vor der Gaskammer.
Alltag in der Hölle von Auschwitz
Der Tod ist allgegenwärtig, die SS unberechenbar, fast 50 Frauen sind auf engstem Raum eingesperrt. Anschaulich transportiert Fénelon die unglaubliche Gefühlsintensität dieser Extremsituation. Mit viel Einfühlungsvermögen beschreibt sie die Beziehungen der Frauen untereinander. Höflichkeiten verlieren ihre Funktion, es herrscht rohe Ehrlichkeit. Gegenseitig geben sie sich Halt, erleben Momente ausgelassenen Glücks, bestehlen sich, schlagen sich.
Hass und Eifersucht sind auf der Tagesordnung.
Mit bewundernswerter Lebendigkeit und Leichtigkeit erzählt Fénelon von dem Horror des Lagerlebens, aber auch von dessen freudigen Augenblicken.
Sie lässt ihren Mithäftlingen viel Raum und gibt die Gespräche in direkter Rede wieder, wodurch ein sehr authentisches und unmittelbares Bild entsteht. Schon nach kürzester Zeit spürt frau, wie die Intensität der Angst das Zeitgefühl schwinden lässt, jegliche Erinnerung an ein Leben in Freiheit zu einem fernen Traum und totaler Wahnwitz zum Alltag wird.
Fania Fénelon
Das Mädchenorchester in Auschwitz
Dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, 2002
320 Seiten. kartoniert
&euro 9,97
ISBN 3-423-01706-6200410943075"