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Beitrag vom 13.10.2005
Lepel
Tatjana Zilg
Der siebenjährige Lepel versteckt sich vor der tyrannischen Großmutter, bei der er seit dem Verschwinden seiner Eltern lebt, im Kaufhaus. Dort wohnt schon seit einiger Zeit die Ausreißerin Pleun
Die Eltern des Jungen mit dem ungewöhnlichen Namen sind Ballonfahrer. Seine Großmutter Koppenol (Loes Luca) behauptet, sie seien auf einer Weltreise und könnten erst zurückkommen, wenn der Wind günstig weht. Nun sind sie schon seit Jahren fort. Lepel (Joep Trujen) hat nur noch verschwommene Erinnerungen an sie, sehnt sie aber von ganzen Herzen herbei, denn Koppenol ist raffgierig und bösartig. Sie betreibt einen Handarbeitsladen, wo der Junge den ganzen Tag Knöpfe sortieren muss. Diese stiehlt sie aus dem Kaufhaus von der jungen, adretten Frau Broer (Carice van Houten). Auch fast den ganzen Haushalt muss Lepel der launischen Großmutter machen. Eines Tages rennt er bei einer Knopfbesorgungstour davon und es gelingt ihm, eine Nacht im Kaufhaus zu verbringen. Er begegnet in den Lagerräumen der elfjährigen Pleun (Neeltje de Vree), die es sich dort bereits gemütlich eingerichtet hat. Unterstützt wird sie dabei von dem netten und fleißigen Verkäufer Max (Barry Atsma). Außer ihm darf niemand der Angestellten, schon gar nicht Frau Broer, erfahren, dass sich die beiden Kinder dort aufhalten.
Die Großmutter ist außer sich vor Wut. Sie mobilisiert den Lehrer Bijts (Kees Hulst) gemeinsam den Jungen mit allen Mitteln zurückzuholen. Auch Bijts hat ausschließlich egoistische Motive. Lepel ist ein Mathegenie und soll bei einem Wettbewerb teilnehmen, um das Prestige des Lehrers zu erhöhen. Gegen die Cleverness von Max, Pleun und Lepel haben die beiden cholerischen Erwachsenen jedoch keine Chance. Immer wieder werden sie von dem Trio in lustig-effektvoller Art in ihre Schranken verwiesen.
Die Sehnsucht von Lepel nach einer richtigen Familie wächst von Tag zu Tag. Er möchte sein Leben nicht im Kaufhaus verbringen so wie Pleun es sich vorstellt. Er überzeugt die kleine Ausreißerin schließlich, einen Plan zu schmieden, wie sie die beiden ihnen wichtigsten Personen als Eltern gewinnen können.
Willem van de Sande Bakhuyzen ist einer der bekanntesten holländischen Regisseure. Er verstarb plötzlich Ende September 2005. Für seine Arbeiten wurde er mit zahlreichen nationalen und internationalen Preise ausgezeichnet.
AVIVA-Tipp: Ein märchenhafter Kinderfilm, der ohne "Es war einmal" - Stimmung auskommt. Die Bilder tauchen in eine realistisch-bizarre Welt ein, die teils aus einem Van Gogh-Gemälde entsprungen sein könnte. Der kleine Lepel erinnert an ein männliches Aschenputtel, so hilflos wie er anfangs der Großmutter ausgeliefert ist. Geschickt werden die Themen Einsamkeit, Elternlosigkeit und Sehnsucht nach Geborgenheit der Kinder mit den Problemen der jungen Erwachsenen Max und Frau Broer, Übereifer und Fixierung auf die Arbeit, verbunden. Am Schluss zeigt sich, dass jedeR der Vier den anderen braucht, um seine Träume verwirklichen zu können.
Lepel
Niederlande 2004, 90 Minuten, ohne Altersbeschränkung
Regie: Willem van de Sande Bakhuyzen
Drehbuch: Mieke de Jong
Kamera: Guido van Gennep
DarstellerInnen: Joep Trujen, Neeltje de Vree, Loes Luca, Carice van Houten, Barry Atsma, Kees Hulst
Filmstart: 20.10.2005
Verleih: Atlas Film+Medien, gefördert durch die Mitteldeutsche Medienförderung
www.lepelderfilm.de