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AVIVA-BERLIN.de im November 2023 - Beitrag vom 14.11.2005


Babys Freizeitplanung
Tina Kosleck

Meine Mutter war mit mir beim Mutter-Kind-Turnen, ihre Mutter war mit ihr -naja, vielleicht spazieren - und ich habe heute schon mit meinem Baby die große Kurs-Auswahl.




Die Zeit der Schwangerschaft, die Zeit der Geburtsvorbereitungskurse, Säuglingspflegekurse, Schwangeren-Yoga und Schwangeren-Bauchtanz ist vorüber. Ein Baby ist geboren.

Die Zeit vor Mutter-Kind-Turnen, Spiel-, Mal- und Tanzkursangeboten für Kinder - eine Zeit der Ruhe, vielleicht sogar der Langeweile? Nicht unbedingt. Denn seit ungefähr 10 bis 15 Jahren hat sich unter dem Oberbegriff der Frühförderung ein breites Kursangebot für Kinder im ersten Lebensjahr etabliert.

Das Angebot in Berlin ist riesig und beschränkt sich durchaus nicht nur auf den für seine hohe Geburtenrate berühmt gewordenen Stadtteil Prenzlauer Berg mit seinen Prenzlauer Zwergen, sondern erstreckt sich auf alle Bezirke der Hauptstadt. In Geburtshäusern, Hebammenpraxen oder Kirchengemeinden werden von den verschiedensten Trägern Kurse von Babyschwimmen über Babymassage bis zum Prager Eltern-Kind Programm (PEKiP) angeboten.

"Solche Angebote sind ein Luxus", sagt Ulrike von Haldenwang, Vorsitzende des Berliner Hebammenverbandes. Das ist nicht nur so, weil es ein solches Angebot früher einfach nicht gab und Eltern heute die große Auswahl haben, sondern auch weil der Besuch solcher Kurse einen kleinen finanziellen Luxus bedeutet. Denn bei ihnen handelt es sich nicht um Leistungen, die von der Krankenkasse übernommen oder bezuschusst werden - die Eltern müssen selbst zahlen. Unter anderem wohl auch damit ist es zu erklären, dass hauptsächlich Eltern, die dem so genannten "Mittelstand" zuzuordnen sind, solche Kurse besuchen.

Wenig überraschend auch, dass in den meisten Kursen ein Mütterüberschuss zu verzeichnen ist. Dies liegt allerdings auch daran, dass die Kurse tagsüber in der Woche stattfinden, einer Zeit, in der die Väter - wie heute weiterhin meist üblich - ihrem Beruf nachgehen und die Mütter häufig mit ihrem Baby zu Hause sind. Einige Einrichtungen haben spezielle Wochenendkurse eingerichtet, in denen auch Väter Gelegenheit bekommen, diese Angebote in Anspruch zu nehmen. Besonders das Babyschwimmen erfreut sich hierbei starker väterlicher Beliebtheit.

Bei allen Kursangeboten geht es in erster Linie zwar um Babys, ihre Bedürfnisse, ihre Entwicklung und ihr Wohlbefinden. Doch auch die soziale Funktion, die sie für die Eltern erfüllen, ist nicht zu vernachlässigen. Neben dem Gefühl, ihrem Nachwuchs etwas Gutes zu tun, ihn zu fördern, haben Eltern hier die Gelegenheit sich auszutauschen, Kontakte zu anderen Familien mit kleinen Kindern zu knüpfen.

Von medizinischer Seite gibt es keine Einwände gegen die einzelnen Angebote. "Die Interaktion, die Eltern-Kind-Beziehung wird durch solche Kursangebote gefördert. Ich kann nur dazu anraten, solche Angebote in Anspruch zu nehmen", sagt Dr. Birgit Ewest, Oberärztin im Sozialpädiatrischen Zentrum des HELIOS Klinikum Berlin-Buch.

Dennoch - mit einem voll gestopften Wochenprogramm können Eltern ihre Kinder auch überfordern. Von einem "Kurs-Hopping" raten die meisten Kurs-Leiterinnen daher - bereits schon bei der Anmeldung - ab. Ohnehin ist es häufig so, dass Eltern in ihrem Enthusiasmus, manchmal sogar in ihrem Ehrgeiz, eher gebremst werden müssen. "Die Gefahr ist, dass Eltern denken, je mehr sie tun, desto intelligenter wird das Kind. Doch das ist nicht das Ziel solcher Angebote. Das Kind muss noch nicht mit neun Monaten zwei Bausteine übereinander stellen", sagt Karin Mielke, PEKiP-Leiterin im Geburtshaus Kreuzberg.

Dass es früher auch "ohne" ging, will keine der Kurs-Leiterinnen bestreiten. Frühere Generationen sind ohne Babyschwimmen und PEKiP groß geworden und auch heute wird eben nur ein Teil der Bevölkerung mit solchen Angeboten erreicht. Und dennoch - mit dem ständigen Wandel der Gesellschaft geht auch ein Wandel in der Einstellung gegenüber Kindern und Erziehung einher. Ebenso wie die PISA-Studie die Diskussion um frühe Förderung und allgemeine Bildungs- und Erziehungsfragen wieder angeregt hat, ist auch die Säuglingsforschung seit einigen Jahren im Aufschwung. Dass es sich bei dieser Entwicklung hin zu einem größeren Angebot für Säuglinge nur um eine Modeerscheinung handelt, ist nicht anzunehmen. Innerhalb dieses Gebietes mag es vielleicht Veränderungen geben, doch auch zukünftige Mamas und Papas können sich wohl darauf einrichten, dass Babyschwimmen oder Babymassage zu Babys Alltag in ihrem erstem Lebensjahr gehören können - wenn sie es denn wollen.

Was bedeuten die hier genannten Kurse?

PEKiP, das Prager-Eltern-Kind-Programm wurde von dem Prager Jaroslav Koch entwickelt. Die Gruppen bestehen aus jeweils bis zu 8 Eltern mit ihren Babys, die altersgleich sind. Hier werden die Eltern dabei begleitet und unterstützt, die Bedürfnisse ihrer Kinder zu erkennen. Spielangebote und Ruhephasen wechseln sich ab und entsprechen den jeweiligen Entwicklungsständen der Kinder. Die Babys folgen ihm nur, wenn sie es möchten. Die Interaktion Elternteil-Kind, aber auch der Eltern untereinander und der Kinder untereinander soll gestärkt werden. PEKiP ist ein eingetragenes Warenzeichen und gesetzlich geschützt. Nur Personen mit PEKiP-Zertifikat dürfen sich PEKiP-Gruppenleiter/in nennen.
www.pekip.de

Beim Babyschwimmen erleben die Babys durch den Auftrieb des Wassers sehr viel breitere Bewegungsmöglichkeiten als "an Land". Die Eltern erlernen Haltetechniken, so dass die Kinder Arme und Beine frei bewegen können. Auch Hilfsmittel werden eingesetzt. Motorik, Atmung und Kreislauf der Babys werden angeregt. Entsprechend Babys Bedürfnissen beträgt die Wassertemperatur 34 Grad, und das Wasser ist nur wenig gechlort. Babyschwimmen wird meist ab dem 3. Lebensmonat angeboten.

Zur Babymassage gehören Spannungs- und Entspannungselemente ebenso wie Fußreflexzonenmassage. Es gibt auch heilende Elemente wie Kolikmassagen. Allgemein werden Babys durch Massagen ruhiger. Bereits kurz nach der Geburt ist die Babymassage einsetzbar. Im Gegensatz zum PEKiP und zum Babyschwimmen ist die Babymassage kein langfristiges Kursangebot, in einigen Kursterminen werden die Kenntnisse vermittelt, die die Eltern dann jederzeit einsetzen können.

Einen guten Überblick über Kurse und Termine in Berlin liefert das Magazin "Kids go", das in vielen Frauenarzt-, Kinderarzt- und Hebammenpraxen, Geburtshäusern und Familienbildungsstätten ausliegt. Auch im Internet sind die Angebote abrufbar unter:
www.kidsgo.de.


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Beitrag vom 14.11.2005

AVIVA-Redaktion