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Beitrag vom 01.02.2006
Qualität und Kompetenz statt untauglicher Verbote
Daniela Krebs
Nachdem CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag das Verbot von "Killerspielen" angekündigt haben, regt sich Kritik. Einige PolitikerInnen fordern eine vernünftige Kontrolle der Computerspiele.
Am 13. Januar 2006 legte die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) die Jahresbilanz 2005 vor. Daraus geht hervor, dass letztes Jahr 2.268 Titel getestet wurden, fast doppelt so viele Titel wie im Vorjahr.
Jedoch blieben die Zahlen größtenteils konstant: Fast 60% der geprüften Spiele wurden für Kinder unter zwölf Jahren freigegeben. Nur geringfügig mehr Spiele als im Vorjahr, 4,1% aller 2005 in Deutschland veröffentlichten Computerspiele, erhielten keine Jugendfreigabe.
Die USK zeigt sich durch die Ergebnisse überzeugt, dass die "Selbstkontrolle für Computerspiele funktioniert". Die Altersfreigaben würden die Käuferinnen und Käufer besser über die Inhalte von Computerspielen informieren.
Jedoch reicht dies der Bundesregierung nicht. Die Selbstkontrolle bringe zwar viel für die Aufklärung der Käuferinnen und Käufer über mögliche gewalthaltige Computerspiele, jedoch reiche sie nicht weit genug. In ihrem Koalitionsvertrag einigten sich die CDU/CSU und die SPD auf die Einführung eines Verbotes von "Killerspielen".
Eine Konkretisierung des Begriffes wurde von der Regierung bisher nicht geliefert. Vielmehr gibt es viele verschiedenen Ansichten über die Zusammenhänge von Gewalt im Spiel und Gewalt in der Realität. Einige WissenschaftlerInnen der Michigan State University kamen zu dem Ergebnis, dass zwischen virtueller und tatsächlicher Gewalt ein kurzzeitiger Kausalzusammenhang bestehen könnte. Andere WissenschaftlerInnen kritisieren ein solches "vereinfachendes Reiz-Reaktions-Denken" und schreiben den Computerspielen sogar positive Effekte zu.
"Computerspiele zu verbieten, wie es die große Koalition plant, ist ein völlig untaugliches Mittel, um dem Problem der Gewalt bei jungen Menschen zu begegnen," erklären Grietje Bettin, medienpolitische Sprecherin, und Kai Gehring, jugendpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen. "Gewalt spielen ist nicht gleich Gewalt handeln."
Zudem erklärt die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, dass Verbote nicht durchsetzbar wären. Es sei zu einfach, sich verbotene Inhalte zum Beispiel über das Internet oder im Ausland zu beschaffen.
Statt auf Verbote setzen die Grünen einerseits auf konsequente Vermittlung von Medienkompetenz in allen Bildungsbereichen vor allem für Heranwachsende und deren Eltern. Andererseits sei eine Förderung und Kennzeichnung hochwertiger Computerspiele nötig. Um dies zu erreichen will die Fraktion die Filmförderung
auch für PC-Spiele öffnen und ein Prädikat - als seriöse Kaufempfehlung - für gute Spiele einführen.
"Wir wollen nicht, dass virtuelles Töten und das Verletzen von Mitspielern und der Einsatz von virtuellen Schusswaffen zur Selbstverständlichkeit werden, während Rücksichtnahme und gewaltfreies Zusammenleben zunehmend wieder eingeübt werden müssen. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen muss daher nachhaltig verbessert werden." So Johannes Singhammer von der CDU/CSU.
Dabei ist es allen Beteiligten bewusst, dass ein Verbot von "Killerspielen" ein erheblicher Eingriff in die Freiheitsrechte wäre. Jedoch wird von allen Seiten betont, dass die Kontrollmöglichkeiten, die derzeit existieren, die Jugendlichen nicht davon abhalten, gewalthaltige und gewaltverherrlichende Computerspiele zu benutzen. Die Entscheidung, ob ein Verbot die Situation entschärfen würde, ist noch nicht getroffen. Und so kann nur abgewartet werden, wie die Debatte weitergeht.
Die Debatte zum Thema "Attacke auf Ego-Shooter" findet sich unter www.bundestag.de/blickpunkt