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AVIVA-BERLIN.de im Juli 2025 - Beitrag vom 04.10.2006


Lapislazuli - Im Auge des Bären
Tatjana Zilg

Ein Zeitsprung von über 100.000 Jahren, das würde jede/n schwer beängstigen. Ein Neandertalerjunge wird aufgrund eines Meteoriteneinschlages in unsere Zeit versetzt. Die Ausreisserin Sophie hilft ihm




Zwei Teenager, die sich gerade unverstanden und ganz auf sich gestellt fühlen, begegnen sich in den Bergen von Österreich.

Die zwölfjährige Sophie (Julia Krombach) ist aus einer entlegenen Berghütte davongelaufen, wo sie gerade - eher unfreiwillig - die Ferien mit ihrem Vater Tom (Hans-Werner Meyer), ihrer Stiefmutter Christine (Lena Stolze) und ihrer Stiefschwester Lissy (Paula Nocker) verbringt. Sie hat sich in der letzten Zeit innerlich zurückgezogen, denn sie leidet noch sehr unter dem Tod ihrer Mutter. Sie kann es nicht so recht verstehen, dass ihr Vater so schnell eine neue Liebe gefunden hat. Auch kommt sie gar nicht gut mit Lissy (Paula Nocker) klar, die tatsächlich ein sehr verwöhntes kleines Biest sein kann.

Lissys Vater ist ein erfolgreicher Wissenschaftler und hat wenig Zeit für das kleine Mädchen. Deshalb waren alle recht froh, dass er an einem Auftrag in den Bergen arbeitet und so die Familie ab und an besuchen kann.
Er ist beim Naturhistorischen Museum Innsbruck angestellt und erforscht die Welt der Neandertaler. Als er gemeinsam mit seinem Assistenten Heckl (Gregor Bloeb) einen Meteoriten-Einschlag in einen Alpengletscher beobachtet, machen sie sich am nächsten Tag sofort auf dem Weg dorthin. Sie finden aber nicht den Meteoriten, dafür aber ein erstaunlich gut erhaltenes Bärenfell aus prähistorischer Zeit mit Zeichnungen von Menschenhand.

Als die Streitigkeiten mit ihrer neuen Familie eskalieren, entschließt sich Sophie überstürzt, zurück in das Tal zu laufen, um per Zug zu ihren Großeltern zu fahren. Natürlich scheitert sie an ihrem Vorhaben, nachts allein durch die Berge zu wandern. Als sie auf einen unbekannten Jungen trifft, rennt sie überstürzt davon, stolpert, verstaucht sich den Fuß und verletzt sich am Kopf. Ohnmächtig fällt sie zu Boden.

Am nächsten Morgen wacht Sophie auf und sieht einen sehr fremdländisch aussehenden Jungen, der ein Lagerfeuer entzündet hat und Vorbereitungen trifft, sich um ihre Verletzungen zu kümmern, was ihm auch sehr gut gelingt, aber auf äußerst ungewöhnliche Weise: Die Heilsalbe sind Kräuter, die er zuvor im Mund zerkaut hat. Leider versteht er kein Wort in ihrer Sprache, sondern antwortet mit eigentümlichen Lauten. Dennoch gelingt es den beiden Kindern schnell, sich ihre Namen mitzuteilen und zu begreifen, dass sie beide auf der Suche sind. Bataa (Clarence John Ryan) führt Sophie geschickt durch die Wildnis und sie entwickelt schnell Vertrauen zu ihm, was enttäuscht wird, als er sich mit ihr vor einem Suchhubschrauber versteckt.

Die beiden Wissenschaftler sind derweil nicht untätig und wollen den Neandertalerjungen um jeden Preis für ihre Forschungsprojekte fangen. Glücklicherweise kann Bataa ihnen entkommen.

Sophie entdeckt die Hütte eines Einsiedlers, der ihr nach anfänglichen Zögern erklärt, was Bataa vorhat: Er möchte in einer Höhle ganz oben in den Bergen, die ein heiliger Ort seines Volkes ist, ein Ritual vollziehen, für das er ein Bärenfell braucht. Als Sophie begreift, dass Bataa durch dieses Ritual seiner Familie in den Tod folgen möchte, ist sie entsetzt und versucht alles, um dies zu verhindern. Im Museum für Naturkunde kommt es schließlich zu einer wilden Verfolgungsjagd zwischen den ehrgeizigen Wissenschaftlern, der taktisch klugen Sophie und Bataa, der mittlerweile von einer Virus-Krankheit sehr geschwächt ist.

Ein sehr anspruchsvoller Kinderfilm - kurzweilig und präzise umgesetzt. Auch der Titel ist tiefsinnig angelegt: Lapislazuli ist ein blauer Halbedelstein, der in den alten Kulturen Mittelasiens und der Antike zu kultischen Zwecken und als Farbstoff benutzt wurde. Das blaue Pulver, das durch Abreibung entsteht, wird von Bataa zum Färben seiner Haare verwendet, was für sein Ritual erforderlich ist. Zugleich hilft Lapislazuli als kubisch-tertiäres Mineral einengende Verhaltensmuster, insbesondere die Neigung zu Zurückhaltung und Kompromissen aufzulösen. Er stärkt die Authentizität, man zeigt sich so, wie man ist. - Eine starke Metapher für den Grundkonflikt der beiden ProtagonistInnen, die, allein sich auf sich gestellt, wichtige Entscheidungen treffen müssen.

AVIVA-Tipp: Kinderfilme, die sich auf sensible und dennoch humorvolle Art mit dem Thema Tod und Sterben beschäftigen, gibt es leider nicht all zu viele. Erfolgsregisseur Wolfgang Murnberger kann sich mit „Lapislazuli“ durchaus mit dem Lindgren-Klassiker „Die Brüder Löwenherz“ messen. Nicht ein Land, was weit weg im Traum liegt, ist hier Sinnbild für die Welt außerhalb unserer Zeit, sondern eine Begegnung mit der Vorgeschichte der Menschheit. Sehr sehenswert für kleine und große KinogängerInnen.

Lapislazuli - Im Auge des Bären
Österreich/Deutschland/Luxemburg 2006, 106 Minuten
Regie: Wolfgang Murnberger
Drehbuch: Volker Krappen, Wolfgang Murnberger
Schauspieler: Gregor Bloéb, Vadim Glowna, Julia Krombach , Hans Werner Meyer, Paula Nocker, Clarence John Ryan , Lena Stolze, Christoph Waltz
Verleih: 20th Century Fox
Start: 05.10.2006

www.lapislazuli-derfilm.de




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Beitrag vom 04.10.2006

AVIVA-Redaktion