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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 10.09.2007


Milla Kay im Interview
Tatjana Zilg

Kurz vor der Release ihres angenehm chilligen, sanft unter die Haut gehenden Debuts traf AVIVA-Berlin die Sängerin und Komponistin an einem der heißen Sommertage, die in diesem Jahr leider...




... viel zu früh von der Jahreszeitenbühne verschwunden sind.
Die charmante Mitdreißigerin und ihr Partner Hauke Kliem erzählten im stilvollen Ambiente eines Berliner Café von der "Out Of Place" - Produktion in London, ihrer späten Entscheidung zur Profi-Musik und zukünftigen Konzertplänen.

AVIVA-Berlin: Ist Milla Kay Dein bürgerlicher Name oder ein Künstlername? Er klingt leicht ungewöhnlich, hat er eine besondere Bedeutung?
Milla Kay: Milla ist ein Spitzname von Michaela. Ich hatte in meinen Leben bestimmt schon über 25 verschiedene Spitznamen, da gibt es ja viele Möglichkeiten. Die Variante mit Milla ist in London entstanden, während wir dort für die Aufnahmen der aktuellen CD wohnten. Diese Abkürzung von Michaela ging den EngländerInnen viel einfacher von den Lippen als die deutsche Version und klingt gleichzeitig sehr angenehm. Kay ist mein Nachname. Seit ich mit Hauke verheiratet bin, habe ich auch noch einen anderen Nachnamen.

AVIVA-Berlin: Du bist ja relativ spät in die Musikbranche eingestiegen. Was war die Initialzündung für Deine Entscheidung, dich hauptberuflich der Musik zu widmen?
Milla Kay: Bevor ich ganz in die Musikrichtung gegangen bin, habe ich eine Ausbildung in einem anderen Bereich gemacht. Es gab kein ausgeprägtes Ereignis, was mich dazu bewog, die Musik zu meinen Hauptberuf zu machen. Sie wurde einfach immer dominanter in meinen Leben. Auf dem Weg dahin habe ich Hauke getroffen und wir passten in vieler Hinsicht sehr gut zusammen. Ich begann mit ihm im musikalischen Bereich zusammenzuarbeiten und das klappte so gut, dass ich mich ganz für die Musik entschied.

AVIVA-Berlin: Wie war Dein Bezug zur Musik in Deiner Kindheit und Jugend?
Milla Kay: Oh, der war auf jeden Fall da auch schon sehr präsent. Ich habe immer gesungen, eine Zeit lang im Gospelchor, und nebenbei Gitarre gespielt. Aber erst mit Ende 20 habe ich die Musik zum Mittelpunkt meines Lebens gemacht.

AVIVA-Berlin: Welchen Beruf hast Du denn vorher ausgeübt?
Milla Kay: Nach dem Abitur habe ich Schauwerbegestalterin gelernt, im Dekobereich. Danach wollte ich etwas mit Musik machen und entschloss mich zum Lehramtsstudium Musik und Englisch. Aber nach dem Grundstudium habe ich damit wieder aufgehört. Ich wollte zurück zum Kreativen und habe eine Weiterbildung als Technikerin für Raumgestaltung absolviert. Das ist vom Inhalt der Innenarchitektur ähnlich, aber auf Technikerbasis. Ich bin dafür extra nach Stuttgart gezogen, denn diese Weiterbildung wird in Deutschland nur dort angeboten. Als ich dann den Schein in der Tasche hatte, dachte ich aber: Nein, jetzt mache ich endlich nur Musik.

AVIVA-Berlin: Hast Du das Gefühl, dass es Dir beim Musikmachen zugute kommt, dass Du schon in anderen Bereichen tätig warst?
Milla Kay: Auf jeden Fall. Eine Zeitlang habe ich mir zwar schon die Frage gestellt, was ich denn da mache, das ist doch alles viel zu wenig geradlinig. Aber dann dachte ich: Doch, das hat alles seinen individuellen Sinn. Und letztendlich verzahnt sich das auch sehr gut, da es alles im kreativen Bereich liegt. Ich habe auch schon eigene CD-Cover gemacht und Internet-Seiten mitgestaltet.

AVIVA-Berlin: Hauke und Du arbeitet sehr eng zusammen. Wieso habt Ihr Euch nicht dafür entschieden, ein Album als Duo zu veröffentlichen?
Milla Kay: Wir haben es uns überlegt und nach Duo-Band-Namen gesucht. Wir sind schon eine Weile zusammen und ergänzen uns in vielen. Aber dann haben wir uns doch dafür entschieden, das Album als mein Solodebut zu veröffentlichen. Wenn man soviel gemeinsam macht, gibt es auch ein Bedürfnis, sich zu individualisieren. Damit lag die Hauptverantwortung bei mir und ich habe auch die meisten Stücke geschrieben.

AVIVA-Berlin: Warum habt Ihr London ausgewählt als Produktionsort für Euer Debut?
Milla Kay: Wir hatten keine Band, wollten aber die Stücke bald umsetzen und haben ein Demo vorproduziert. Ein Freund von Hauke arbeitete zu der Zeit als Tontechniker in London.
Hauke Kliem: Ja, da fiel mir dieser Kontakt wieder ein. Wenn man in der Situation ist, ein Album aufnehmen zu wollen und keine feste Band hat, ist London einfach eine der besten Möglichkeiten. Diese Metropole bietet soviel an Inspiration und man hat eine Menge sehr guter MusikerInnen auf engen Raum. Man kann die Leute schnell treffen, mit ihnen ins Gespräch kommen und spontan ins Studio gehen.
Milla Kay: Wir haben ganz tolle, versierte Leute gefunden, mit denen wir im Studio an unseren Songs arbeiteten. Dadurch haben sich noch andere wichtige Kontakte ergeben. Da haben sich sehr spannende Sachen heraus entwickelt, wie der Einbezug eines Streichquartetts, für das Hauke dann noch ganz fleißig in London Noten schrieb.
Hauke Kliem: Der Albumtitel "Out Of Place" ergab sich aus diesen Erfahrungen. Zum einen ist alles ganz neu, man lernt tolle Menschen kennen und hat viele ungewohnte Eindrücke, aber zum anderen fühlt man sich auch ein wenig fehl am Platz.

AVIVA-Berlin: Eure Musik ist vielseitig inspiriert. Verschiedene Einflüsse sind herauszuhören: Jazz, Bossa Nova, Blues und Soul. Hörst Du persönlich viel Musik aus diesen Genres? Gibt es MusikerInnen, Bands, die Dich besonders inspiriert haben?
Milla Kay: Es hat mich schon immer interessiert, wie Leute ihren Weg dazwischen finden. Ich habe immer am liebsten Musik gehört, die eine Mischung aus verschiedenen Genres ist. Jazzsängerinnen habe ich auch gehört, aber nicht besonders leidenschaftlich. Soul mag ich auch gern. Amy Winehouse und ihren Stil finde ich sehr faszinierend.
Hauke Kliem: Ich höre auch ganz verschiedene Sachen, Moloko fällt mir zum Beispiel gerade ein. Wir beide mögen es sehr, verschiedene Stile zu mischen und ineinander fließen zu lassen. Auch am Musikmachen selbst gefallen uns beide Seiten: Das Handgemachte beim Live-spielen genauso wie uns im Studio zu vergraben und viel auszuprobieren.

AVIVA-Berlin: Denkt Ihr, der kreative Prozess ist einfacher, weil Ihr ein Paar seid, und Euch so gut kennt, oder hättet Ihr da manchmal gern mehr Distanz zueinander?
Milla Kay: Das würde ich auch gerne einmal wissen, ob das anders wäre, wenn wir nicht so eng zueinander in Beziehung stehen würden. Wir arbeiten jetzt schon mehrere Jahre zusammen und haben uns total aufeinander eingeschossen. Das geht ganz gut, wir ergänzen uns in vielen Bereichen, da wir verschiedene Talente haben. Das Private können wir davon gut trennen. Wenn wir an unserer Musik zusammenarbeiten, ist das Verhältnis sehr kollegial. Wenn ich Hauke etwas vorspiele, kritisiert er das sehr fachlich. Da würde ich nie auf die Idee kommen, beleidigt zu sein. Manchmal gibt es auch Situationen, die ein wenig brisanter sind. Wenn ich im Studio am Mikro stehe und er am Aufnahmepult aufnimmt, und ich dann aber merke, dass ich eigentlich gar nicht in der richtigen Stimmung zum Musikmachen bin. Aber bevor es kracht, brechen wir es dann einfach ab und gehen erstmal spazieren. Das ist dann auch wieder schön, dass das so möglich ist, gerade weil unsere Beziehung nicht nur eine Berufliche ist. Ich empfinde es als Vorteil, dass wir auf das jeweilige Geschehen immer so individuell reagieren können.

AVIVA-Berlin: Ihr arbeitet auch als AuftragskomponistInnen.
Milla Kay: Ja, wir haben eine Weile für eine Agentur gearbeitet, ab und zu Songs geschrieben. Aber wir haben dann gesehen, dass das nicht so unser Ding ist. Man kommt nur sehr schwer an gute Aufträge in dem Bereich. Es ist ein sehr hart umkämpftes Arbeitsfeld. Nachdem wir einige Songs für andere KünstlerInnen komponiert haben, merkten wir dann, dass wir doch lieber unsere eigenen Sachen machen möchten. Es waren öfters auch Aufträge für gecastete Bands dabei, bei denen es enge Vorgaben für das Songwriting gab. Das war nur sehr wenig kreativ. Wir freuten uns, als wir einen Verlag fanden, der sehr an unseren eigenen Sachen interessiert war und mich für mein Debutalbum unter Vertrag nahm.

AVIVA-Berlin: Ihr geht bald auf Tour. In Berlin werdet Ihr im Quasimodo auftreten. Wie präsentiert Ihr Eure Musik live?
Milla Kay: Mit einer klassisch besetzten Band, Schlagzeug, Kontrabass, Gitarre. Ich werde ab und zu auch auf der Gitarre spielen. Einen Keyboarder haben wir auch dabei. Natürlich werden wir das Album nicht 1:1 umsetzen, es wird ein bisschen individuell sein, wie wir unsere Musik live spielen. Bei einigen Songs werden wir dicht an den Albumversionen bleiben, andere werden wir etwas aufbrechen, die werden dann durchaus live auch jazziger klingen. Wir haben Musiker aus der Jazzszene von Hamburg mit dabei, das wird sich schon auswirken. Für November sind wir auf zwei Jazzfestivals in Ingolstadt und Aalen eingeladen.

AVIVA-Berlin: Vielen Dank für das Interview!


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Beitrag vom 10.09.2007

AVIVA-Redaktion