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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 24.10.2010


Maryam Zaree im Interview
Evelyn Gaida

In "Shahada" stürzt sie in eine schwere Krise: Die 27-jährige Schauspielerin stellt die Schülerin Maryam dar, Tochter eines weltoffenen Berliner Imam, die ungewollt schwanger wird, das Kind ...




... illegal abtreibt und sich in ihrer Verzweiflung einem radikalen Glaubensverständnis zuwendet. "Shahada" setzt sich auf sehr humane, statt politische Weise mit den Glaubens- und Identitätskonflikten von drei jungen Menschen aus Berlin mit muslimischem Hintergrund auseinander. Der Diplomfilm des afghanischstämmigen Regisseurs Burhan Qurbani fand sich prompt im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale wieder.

Weder das vergessene Handy der AVIVA-Redakteurin (nutzlos lag es daheim auf dem Bügelbrett herum) noch Maryam Zarees Synchronisationsstress für ihren nächsten Film konnten das Interview vereiteln. Erschöpft, aber hellwach und engagiert, sprach Zaree über Empathiefähigkeit, den existenziellen Konflikt und Hilfeschrei ihrer Figur, Misskommunikation, vielbeschworene "Allgemeinmigranten" und ihre Leidenschaft für ihre Arbeit.


AVIVA-Berlin: Was war dein Eindruck als du das "Shahada"-Drehbuch bekommen hast? Was hat dir besonders daran gefallen?
Maryam Zaree: Ich habe das Drehbuch gelesen und war begeistert, ich habe die Rolle gesehen und gedacht, "ich muss das spielen." Es dreht sich ja um einen Konflikt, in dem man wirklich etwas zu spielen, einen Bogen darzustellen hat, etwas erzählt, das differenziert ist. Es geht um Situationen, die existenziell sind. Das ist für einen Schauspieler besonders herausfordernd und war eben kein Klischee. Was mich am meisten begeistert hat, war die Geschichte zwischen diesem alleinerziehenden Vater und seiner Tochter, wie sie zusammenleben, aber ihre Welten so auseinanderklaffen, dass sie nicht mehr zueinanderfinden.

AVIVA-Berlin: Hast du dich in einer besonderen Weise darauf vorbereitet, dich in eine so extreme Situation hineinzufinden?
Maryam Zaree: Wenn man nicht viel Zeit zum Proben hat, dann muss man selbst unheimlich viel arbeiten im Vorfeld. Eine Sache ist Recherche. Sich mit der Religion auseinanderzusetzen und zu sehen, was es mir gibt, wirklich in den Koran hineinzuschauen. Gleichzeitig auch Hintergrundrecherche zu dem medizinischen Aspekt: Was ist diese Abtreibungspille, wie wird sie genutzt? Was sind die körperlichen Reaktionen darauf und was ist, wenn das schiefläuft? Wie fühlt sich das an? Darüber habe ich länger mit einem Arzt gesprochen. Dann ging es aber auch darum, mich wirklich mit dem Menschen auseinanderzusetzen, um den es geht. Was liegt dem, was geschieht, eigentlich zu Grunde?

AVIVA-Berlin: Hast du im Lauf deiner Recherche auch jemanden getroffen, dem etwas Ähnliches wirklich passiert ist?
Maryam Zaree: Nein, aber natürlich gibt es da bestimmte Sachen, die einem helfen: eine bestimmte Musik zu hören, durch Kreuzberg zu laufen und zu versuchen, das Umfeld der Figur noch intensiver kennen zu lernen. Was aber die Hauptauseinandersetzung war: herauszufinden, was diese Figur antreibt und in diese Radikalität treibt. Da gab es diesen totalen Aha-Moment für mich: Es geht eigentlich darum, dass sie in dieser Krise keine Hilfe bekommt. Stück für Stück isoliert sie sich von ihrem Umfeld und sucht Halt in diesem Glauben, weil ein Halt ihr fehlt, sucht nach einem Regelwerk – obwohl sie sich eigentlich jemanden gewünscht hat, der sagt: "Ich bin da, ich kann dir Rat geben, ich kann dir Hilfe leisten." Zuletzt war ihr Hauptanliegen, glaube ich, einfach diese Aufmerksamkeit des Vaters zu erlangen. Es ist wie ein auffallender Hilfeschrei und am Ende schreit sie ja wirklich die Moschee zusammen, das Terrain des Vaters, und sagt im Grunde: "Du hast mich vergessen, du hast mich nicht gesehen."

Maryam Zaree © Evelyn Gaida


AVIVA-Berlin: Maryams Vater ist ein besonders toleranter und einfühlsamer Imam, aber die Kommunikation mit seiner eigenen Tochter funktioniert nicht. Woran, glaubst du, liegt das?
Maryam Zaree: Zuerst liegt es natürlich daran, dass sie sich nicht artikuliert. Sie traut sich nicht, sie schämt sich und geht ja nicht in den wirklichen Dialog. Andererseits – ich selbst bin das Kind von zwei Therapeuten und es ist so, dass sie ganz vielen Leuten viel Beistand leisten, aber auch ihre alltäglichen Probleme und menschlichen Beziehungen haben, in denen sie auch scheitern. Ich glaube, das ist ganz normal. Da ist diese junge Frau, der die Mutterfigur fehlt, und ich glaube, da existiert einfach sehr viel Scham, die über den Kulturkreis hinausgeht. Dann ist da auf der anderen Seite dieser Mann, der plötzlich seine heranwachsende Tochter als Frau entdeckt. Da spielen Ängste eine Rolle, Berührungsängste, und die Frage, "wie begegne ich ihr und wie kann ich ihr überhaupt helfen?" Es ist leichter, sich in der Moschee auf seine Funktion zurückzuziehen und zu fragen, "wie reagiere ich als Imam, als Freund?" Am Ende erkennt er ja auch, "wie verhalte ich mich als Vater und in welchen Momenten scheitere ich?" Er weiß selber nicht weiter. Es ist also eine Misskommunikation, nicht aufgrund mangelnder Liebe, aber es gibt einfach Momente, wo man an die Eltern nicht herankommt und umgekehrt.

AVIVA-Berlin: Gab es eine Szene, die dir selbst sehr viel bedeutet hat, oder umgekehrt, sehr schwer für dich zu spielen war?
Maryam Zaree: Ich muss sagen, nachdem ich den Film gesehen habe, gibt es eine Szene, die ich sehr mag und die mir auch etwas bedeutet. Das ist ein ganz kurzer und kleiner Moment: Wenn ich im Film nach der Abtreibung nach Hause komme, und er schon wach ist und sein erstes Morgengebet macht. Ich gehe zu dieser Tür und ich will, will mit ihm reden und ihm sagen: "Bitte, bitte hilf mir, mir geht´s beschissen, ich habe einen großen Fehler begangen, wie konnte ich das auf diese Art und Weise nur machen?" Er kann es nicht, weil er glaubt, sie war wieder nur feiern – diese Vorurteile, die man auch voreinander hat. Sie sagt: "Papa..." und er sagt: "Mach die Tür hinter dir zu." Und sonst nichts. Das baut sich im Film immer mehr auf und ist sehr subtil erzählt.

AVIVA-Berlin: Am Ende sagt sie: "Als meine Mutter gestorben ist, hat er mich alles machen lassen. Das alles ist seine Schuld" und verurteilt die Freiheit, die er ihr gegeben hat. Gibt es etwas, das du der Maryam im Film darauf erwidern würdest?
Maryam Zaree: Diese Form der Radikalität ist ja auch ein psychotischer Zustand, d.h. sie kann nicht mehr wirklich einschätzen, wie ihr Leben vorher war. Es gibt nur Schwarz und Weiß. Es ist diese Hilflosigkeit, zu sagen, man braucht gewisse Regeln, und mein Vater hat sie mir nicht gegeben. An dieser Stelle spricht sie wirklich ihr Gefühl aus. Sonst sagt sie immer: "Du bist kein richtiger Imam, Gott vergibt uns nicht" und argumentiert auf einer Religionsebene, die sie selbst gar nicht wirklich versteht. Aber an diesem Punkt sagt sie zum ersten Mal: "Nein, es ist mein Vater. Ich wurde konkret von jemandem allein gelassen. Und das war er. Er war keine Unterstützung und er hat mich machen lassen, was ich will." Das ist wirklich paradox, denn sie hat sich die Freiheiten ja auch erkämpft.

AVIVA-Berlin: Das fand ich sehr heftig an diesem Film, dass sie die Freiheiten verdammt, die sie sich erkämpft hat.
Maryam Zaree: Das glaube ich eben nicht. Die wirkliche Auseinandersetzung und die wirkliche Trauerarbeit fängt an, als sie an der Brücke steht. Das ist ja eine Form von rauschhaftem Zustand, auch diese Wut, es ist ganz existenziell. Dieser Erkenntnismoment, wo sie sagen muss: "Natürlich kann ich nicht meine besten Freundinnen, mit denen ich aufgewachsen bin, komplett verurteilen. Das sind Menschen, die Teil meines Lebens waren und sind, genauso wie mein Vater." Alle diese Dinge, die sie getan hat, schiebt sie ihrem Vater in die Schuhe, aber ich glaube, was eigentlich darunterliegt, ist die Frage: "Wo warst du die ganzen Jahre? Dass meine Mutter gestorben ist, heißt nicht, dass ich auch gestorben bin."

AVIVA-Berlin: Deine Eltern kommen aus dem Iran. Hast du selbst jemals einen Konflikt empfunden zwischen zwei Kulturen oder Lebensweisen? Hat der Islam in deinem eigenen Leben eine Rolle gespielt?
Maryam Zaree: Nein, meine Eltern sind strenge Atheisten. Der Zugang zum Glauben war eigentlich bei uns kein Thema. Mein Stiefvater, mit dem ich aufgewachsen bin, ist Jude, und wir haben Chanukkah und Weihnachten gefeiert, was wir nicht gefeiert haben, sind muslimische Feiertage, weil meine Eltern einfach keine Muslime sind.
Das waren auch einige neue Herausforderungen, sich für die Rolle mit dem muslimischen Glauben zu beschäftigen. Ich denke, es ging mir so, wie vielen Leuten in Deutschland, die eigentlich nicht wirklich wissen, was es mit diesem Glauben auf sich hat.

AVIVA-Berlin: Die Kultur an sich war für dich auch kein Widerspruch in irgendeinem Sinne?
Maryam Zaree: Meine Eltern sind sehr westlich integriert und Teil dieser Gesellschaft. Meine Mutter war sehr jung, als sie nach Deutschland gekommen ist, und ist mehr oder weniger auch hier großgeworden, aber natürlich gibt es einen anderen Kulturbezug. Sie kommt aus dem Iran und hat dort den ersten Teil ihres Lebens verbracht, aber ich empfinde das als eine Bereicherung. Man erhält einen Einblick in eine andere Mentalität und eine andere Kulturperspektive auf die Welt, so wie es mit der jüdischen ja auch ist. Ich glaube, dass ich da sehr viele verschiedene Einflüsse hatte und mich nicht wirklich in einem Zwiespalt gefunden habe. Eher umgekehrt: Ich habe immer das Gefühl, ich bin mit einer viel größeren Selbstverständlichkeit aufgewachsen, dass ich anders aussehe und mich trotzdem als Deutsche fühle, weil ich auch noch nie im Iran war. Ich hatte eher das Gefühl, mich für etwas erklären zu müssen, mit dem ich mich viel weniger verbinden kann. Da gab es immer die Frage: "Wo kommst du denn eigentlich her?" Und ich sagte immer: "Ich komme eigentlich doch wirklich aus Frankfurt". Dann hieß es: "Ja, aber eigentlich..." und ich dachte: "Was soll ich denn jetzt erfinden? Es ist doch einfach so." (lacht)

Maryam Zaree © Evelyn Gaida


AVIVA-Berlin: In einem Interview auf stern.de hast du in Bezug auf die Thesen von Thilo Sarrazin gesagt: "Ich kämpfe seit Jahren dafür zu sagen: ´Ich bin Deutsche, ich bin Teil dieser Gesellschaft und als solche will ich auch wahrgenommen werden.´ Trotzdem werde ich in so einer Diskussion zurückgeworfen auf: ´Nein, du bist Migrantin.´" Du sagtest eben schon, dass du dich oft erklären musst. Wogegen kämpfst du sonst an?
Maryam Zaree: Gegen eine Pauschalisierung und gegen Vorurteile, wo es heißt: "Deine Eltern kommen aus dem und dem Kulturkreis, also bist du so und so." Das ist ein Vorurteil, das auf keinem Fundament basiert, wie z.B. "was sind meine Werte, meine Moral, woran glaube ich?" Das finde ich schade. Im besten Fall sollte man sagen: "Es geht hier nicht nur um den Islam, sondern es geht um Menschen. Menschen, die hier mit ihren Konflikten zu kämpfen haben. Manchmal haben sie mit der Religion zu tun, manchmal auch nicht. Das ist keine Frage von Schuld, es ist die Frage, wie man sein Leben bewältigt, wie man herausfindet, wer man ist." Ich glaube, diese Pauschalisierung "Das sind die Migranten, die wollen sich hier nicht integrieren" ist sehr vereinfacht. Auf der anderen Seite, klar, es ist eine Realität, dass es Konflikte gibt, und dass man darüber sprechen muss, dass man wirklich gemeinsam Lösungen suchen soll, aber eben auf einer respektvollen Ebene, und die vermisse ich manchmal.

AVIVA-Berlin: Hat dir "Shahada" aus dem Herzen gesprochen? Siehst du den Film als Beitrag zu einem veränderten Bewusstsein?
Maryam Zaree: Wenn ich nicht an die Veränderungskraft von Kunst glauben würde, dann wäre es schwierig. Aber ich denke, es geht vielmehr darum, Empathie zu entwickeln. Dass man auf beiden Ebenen merkt, wer der andere ist, sich einfach mit offenem Geist begegnet. Natürlich gibt es auch eine Realität, die hart ist, und an unsere demokratischen Grundgesetze muss man sich halten. Da bin ich streng und rigide. Das sind die Werte, auf denen unsere Gesellschaft aufbaut. Trotzdem muss man wegkommen von diesen Verallgemeinerungen. Ich merke es auch an Fernsehrollen, dass der Bruder des türkischen Mädchens prinzipiell gewalttätig ist, prinzipiell seine Schwester schlägt, meistens Cem heißt. Das ist keine Figur, das ist einfach "der Allgemeinmigrant".

AVIVA-Berlin: Hast du bislang das Gefühl, der Film wird so aufgenommen, wie ihr euch das gewünscht habt, oder eher nicht so?
Maryam Zaree: Wir haben ganz, ganz viele tolle Publikumsreaktionen von Leuten, die gesagt haben: "Vielen Dank, dass ihr das mal so zeigt. Gott sei Dank ist der Vater nicht jemand, der vorhat, seine Tochter umzubringen, sondern ein guter Imam." Trotzdem nicht schwarz-weiß, weil auch er scheitert. Ich glaube, dass in den Köpfen der Leute etwas passiert. Der Film hat sie zum Denken angeregt und das ist natürlich das Beste, was passieren kann. Was die Presse angeht, hat der Film polarisiert. Da würde ich mir wünschen, dass er weniger für eine tagesaktuelle Debatte herhält, sondern man sich wirklich inhaltlich und künstlerisch damit auseinandersetzt und ihn auch so bewertet. Er soll zu Diskussionen anregen, aber eben nicht für eine vorgeschobene Debatte benutzt werden. Das wird dem Film nicht gerecht und das kann er auch nicht leisten.

AVIVA-Berlin: "Shahada" wurde für den Wettbewerb der diesjährigen Berlinale ausgewählt. Wie hast du das erlebt?
Maryam Zaree: Es war unglaublich. Damit hat keiner von uns gerechnet. Es ist ja seit zwanzig Jahren nicht mehr passiert, dass ein Studentenfilm für die Berlinale ausgewählt wurde. Dann ist es auch noch die 60. Berlinale, die Jubiläumsberlinale. Unser Regisseur ist erst 29, das ist sein Diplomfilm! Da muss ich auch nochmal richtig ausdrücken, dass das eine ganz große Leistung ist, was er sich getraut hat, und dass so viele Leute dazu eine Meinung haben und einen Anspruch.

AVIVA-Berlin: Es ist natürlich auch ein brisantes Thema.
Maryam Zaree: Ich glaube es geht um etwas, das Burhan sehr persönlich am Herzen gelegen hat und nicht, dass er sagte: "Ich will jetzt mal ein brisantes Thema behandeln". Es ging darum, etwas zu erzählen, was ihm auf der Seele lag und wofür er Situationen und Bilder geschaffen hat.

AVIVA-Berlin: In welchen Rollen bist du demnächst zu sehen?
Maryam Zaree: Ich habe nach der Berlinale eine tolle Rolle gespielt, die nichts mit dem Thema zu tun hat. Es ging um das Burnout-Syndrom und eine junge Mutter, die mit 24 schon drei Kinder hat, damit total überfordert ist und auf eine Mutter-Kind-Kur geschickt wird ("Ausgebrannt"). Das war ein ZDF "Kleines Fernsehspiel". Ich mache auch eine Tatort-Rolle ("Der illegale Tod"), in der der Tatort wirklich ganz mutig ist und wo der Drehbuchautor Themen anspricht, die komplex und differenziert sind.

AVIVA-Berlin: Gibt es schon einen Sendetermin für "Ausgebrannt"?
Maryam Zaree: Nein, wir versuchen erstmal, ähnlich wie bei "Shahada", auf die Festivals zu kommen, den Film auch bei der Berlinale einzureichen, und gucken dann, was passiert, ob er eine Kinoauswertung bekommt, das wird sich dann herausstellen. Im Fernsehen wird er auf jeden Fall gezeigt.

AVIVA-Berlin: Wie bist du zur Schauspielerei gekommen?
Maryam Zaree: Ich hatte einen ganz fantastischen Theater-AG-Lehrer und wir hatten das Unterrichtsfach "Darstellendes Spiel", das es in manchen Bundesländern gibt, jedoch nicht deutschlandweit. Das hat mir sehr, sehr viel Spaß gemacht und auch den Leuten, die später keine Schauspieler geworden sind. Ich glaube, dass es gut ist, wenn man sich anderen Menschen nähert, auch empathiefördernd (lacht). Wenn man sich vorstellt, was in jemand anderem vorgeht, wird man ein bisschen mehr Verständnis für andere haben. Nach der Schule habe ich mich dann an Schauspielschulen beworben und bin genommen worden. Es war ein relativ konventioneller Weg.

AVIVA-Berlin: Du bist vor acht Jahren von Frankfurt a.M. nach Berlin gezogen. Welche Unterschiede stellst du fest, vielleicht auch nochmal im Hinblick auf das Zusammenleben verschiedener Kulturen?
Maryam Zaree: Frankfurt hat einen Ausländeranteil von über 42%, jeder Zweite kommt irgendwo anders her. Ich bin mit einer Selbstverständlichkeit aufgewachsen, dass jeder in der Klasse zumindest eine polnische Oma hat (lacht). Es war ganz normal und eigentlich egal. Es ging mir in Berlin dann schon so, dass ich diese Selbstverständlichkeit vermisst habe. Aber es liegt auch daran, dass es in Frankfurt nicht eine große, zum Beispiel türkische Gemeinde gibt, die sich in sich verschließen kann, sondern es leben alle zusammen. In Berlin wurde ich viel häufiger darauf angesprochen, wo ich herkomme und es hat nicht gereicht, wenn ich sagte: "aus Frankfurt". Ich habe das Gefühl, hier lebt man doch ein bisschen mehr nebeneinander, als dass man zusammenlebt.

AVIVA-Berlin: Herzlichen Dank für das Interview, alles Gute und weiterhin viel Erfolg!

Maryam Zaree: Ich wollte noch sagen: Ich finde es ganz toll, dass es AVIVA als alternatives Frauenmagazin gibt. Ich finde, dass es in der Sicht auf die Frau eine totale Beschränkung gibt und dass Frauen sich mit mehr herumschlagen als Cellulite, Schlanksein und Mode. Vorhin ging es darum, wie Migranten oder Menschen mit Migrationshintergrund im Film dargestellt werden, und es ist ähnlich wie bei Frauen. Meistens ist es nicht groß differenziert. Frauenrollen sind häufig viel weniger interessant gestaltet als Männerrollen.

AVIVA-Berlin: Auch dafür vielen Dank!

Weitere Informationen finden Sie unter:

www.shahada-der-film.de

www.facebook.com/shahadafilm

www.3rosen.com

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Interviews

Beitrag vom 24.10.2010

Evelyn Gaida