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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 14.04.2011


Interview mit Naomi Leshem
Ricarda Ameling, Sharon Adler

Sie gehört zu den bekanntesten Fotografinnen Israels, doch es gibt nur wenige Interviews mit ihr. Mit AVIVA-Berlin traf sie sich dennoch während ihres ersten Besuchs in Berlin und sprach mit uns...




... über den Entstehungsprozess ihrer Arbeiten, ihr neuestes Projekt "Sleepers", ihre Faszination für Fotografie und die Sorgen einer Mutter.

Naomi Leshem, 1963 in Jerusalem als Naomi Loeb geboren, Bürgerin der Stadt Bern, lebt in Kiryat Ono bei Tel Aviv und gehört zu den interessantesten und erfolgreichsten Fotografinnen Israels. Ausstellungen in Israel, den USA, Österreich, der Schweiz und in Deutschland. Im Jahr 2009 erhielt Leshem den renommierten "Leon Constantiner Preis", verliehen vom Tel Aviv Museum of Art. Werke von Naomi Leshem finden sich im Israel Museum (Jerusalem Collection, Israel) und im Tel Aviv Museum of Art (Collection, Tel Aviv, Israel), sowie in privaten Sammlungen in Israel, den USA, Deutschland, der Schweiz und in England. Seit 1996 ist sie Dozentin für Fotografie an verschiedenen israelischen Hochschulen.

Am 07. April 2011 stellte Naomi Leshem ihren neuesten Bildband "Sleepers" im Gespräch mit dem Mitherausgeber Michael Guggenheimer in der Buchhandlung BÜCHERBOGEN in Berlin vor. "Sleepers" liefert einen Blick auf schlafende Jugendliche verschiedener Nationalitäten. Die Fotografin zeigt nicht nur faszinierende Aufnahmen, sondern lässt auch sechs AutorInnen zu Wort kommen, die in Begleittexten ihre Assoziationen, Interpretationen und Ideen beim Betrachten der Bilder mitteilen. So ist ein vollkommen abgerundetes Werk entstanden, welches neben hervorragenden Fotos und epischen Texten Anstoß zum Nachdenken gibt

AVIVA-Berlin: Naomi, Du hast immer sehr ausgefallene Ideen für Deine Fotoserien. Wie bist Du auf die Idee Deiner Serie Sleepers gekommen, was hat Dich inspiriert?
Naomi Leshem: Die Ideen kommen einfach in meinen Kopf, und dann frage ich mich: Warum gerade dieses Bild, was interessiert mich an Schlaf, an Portraits von Jugendlichen, Schlafenden, Kulturen, Religionen?

AVIVA-Berlin: Gibt es eine besonders schöne (fotografische) Erfahrung, die Du auf einer Deiner Reisen zu den Jugendlichen der Portrait-Serie Sleepers gemacht hast?
Naomi Leshem: Jede Reise war besonders. Es war immer eine Art Überraschung, wie die Leute schlafen, wann sie schlafen gehen, die Häuser sind anders... Alle meine Erfahrungen mit den Schlafenden überall waren besonders und interessant.

AVIVA-Berlin: Verschiedene AutorInnen haben den Bildband mit Essays bereichert. Wie kam es zu der Auswahl und Zusammenarbeit mit den AutorInnen?
Naomi Leshem: In Israel kannte ich die Leute, aber im Ausland hat Michael Guggenheimer mir Autorinnen und Autoren vorgestellt, die er kannte. Ich habe Werke von ihnen gelesen und sie haben mir gefallen, habe ihnen Fotos geschickt, so dass sie mir Fragen stellen konnten.

AVIVA-Berlin: Welche Aspekte in den Texten liefern Dir einen neuen Blick auf Deine Arbeiten und gefallen Dir besonders gut? Gab es Aspekte, die Du so gar nicht beim Arbeiten bedacht hattest?
Naomi Leshem: Ja, der Schweizer Autor Urs Faes hat über den Namen und seine Bedeutung geschrieben, das ist etwas, was mich nicht beschäftigt hat, aber sehr interessant war. Auch Eshkol Nevo hat eine Richtung genommen, die ich nicht gedacht hätte. Eigentlich hat jeder etwas Besonderes gebracht, worüber ich vorher nicht nachgedacht hatte…

AVIVA-Berlin: Du hast in einem Interview mit tachles, dem jüdischen Wochenmagazin aus der Schweiz, erzählt, dass es in Vorbereitung für Dein Projekt "Runways" sehr kompliziert war, an die Foto-Erlaubnis auf israelischen Militärbasen heranzukommen, Du teilweise Monate warten musstest… Welche Schwierigkeiten standen dem Projekt Sleepers im Weg? Und wie entstand der Kontakt zwischen Dir und den Portraitierten? Gab es auch logistische Probleme?
Naomi Leshem: Es war einfacher, da es mit Leuten zu tun hat und nicht mit großen Institutionen wie dem Militär. Aber es war ein Prozess. Am Anfang habe ich mit den Jungen oder Mädchen gesprochen, habe ihre Eltern gefragt ob es okay ist, dann musste ich einen Tag zum Fotografieren finden… Aber in Israel ist das nicht so schwierig. Die Leute gehen ganz spät ins Bett, auch wenn Schule ist. Die Logistik, ins Ausland zu fahren und dann zu organisieren, wann ich fahren, wann an diesen Tagen ich kann fotografieren, wie ich das Equipment am besten mit nehme … das war logistisch etwas kompliziert.

© Naomi Leshem: Kristina aus Deutschland, Serie Sleepers


AVIVA-Berlin: Bist Du einmal in die USA geflogen um die Jugendlichen dort zu fotografieren oder bist Du öfter hingeflogen?
Naomi Leshem: Ich bin einmal nach New York gefahren und habe dort alle Amerikaner abgelichtet, dann bin ich einmal in die Schweiz um alle Schweizer zu fotografieren, und einmal bin ich nach Deutschland und Frankreich und habe alle Deutschen und Franzosen in ein paar Tagen fotografiert.
Das war ziemlich kompliziert, weil ich die ganze Nacht arbeitete und dann einen Jetlag hatte. In Israel war das kein Problem, ich konnte jede oder jede zweite Woche fotografieren, im Ausland fotografierte ich eine Nacht nach der anderen und konnte nicht so lange bleiben, das war sehr anstrengend.

AVIVA-Berlin: Hat man sich während der Vorbereitung auf den Fototermin ein wenig kennen gelernt und ein bisschen Zeit miteinander verbracht?
Naomi Leshem: Ja, ich habe vorher mit allen per Telefon persönlich gesprochen. Ich war immer ein bisschen früher da und habe mich mit dem Jungen oder Mädchen hingesetzt und erzählt, von meinem Thema, warum ich das mache, wie es sein wird, auch konzeptuell und praktisch, was passieren wird, wie und wann - solche Sachen.

© Naomi Leshem: Rosa aus Israel, Serie Sleepers


AVIVA-Berlin: Wie bist Du mit eventuellen Einschlafschwierigkeiten umgegangen?
Naomi Leshem: Sie waren natürlich aufgeregt und manchmal war es schwer für sie einzuschlafen, manchmal hat es zehn Minuten und manchmal fünf Stunden gedauert.

© Naomi Leshem: Tal H., Serie Runways


AVIVA-Berlin: Sowohl in Runways als auch in Sleepers stehen Jugendliche im Mittelpunkt Deiner Arbeit. Warum legst Du bei Deinen Serien einen besonderen Fokus auf Jugendliche?
Naomi Leshem: Weil meine Serien oft Zwischenzeiten ("in between") behandeln und besonders Jugendliche in einer Zwischenphase sind: Zwischen dem Leben als Junge und dem als Mann, als Mädchen und als Frau. Meine Töchter sind in diesem Alter, es ist mir nah. Und ich finde es faszinierend, denn ich glaube, diese Zwischenzeit bringt die Leute nachher zu dem, was sie sein werden. Dieser Anfang fasziniert mich.

AVIVA-Berlin: Dein Vater Ehud Loeb wurde in Bühl, Deutschland, geboren, und 1940 nach Gurs verschleppt, von wo er gerettet werden konnte. Nach dem Krieg zog er in die Schweiz. Bevor Du Dein Fotografiestudium am Hadassah College in Jerusalem begannst, lebtest Du ein Jahr in Freiburg (Schweiz) und studiertest dort unter anderem Germanistik. 2007 ist Dein Vater zusammen mit Dir erstmals in seinen Geburtsort zurückgekehrt. Was für eine Bedeutung haben Aufenthalte und Ausstellungen Deiner Werke in der Schweiz für Dich?
Naomi Leshem: Die Schweiz ist für mich ein ganz vertrauter Ort, denn ich war häufig dort, auch als kleines Mädchen, denn ich habe dort Großeltern und Familie. Dort auszustellen ist wichtig und es freut mich sehr. Es ist ein Teil meines Lebens.

AVIVA-Berlin: Dein Vater ist Kunsthistoriker und Du bist vermutlich seit Kindestagen an den natürlichen Umgang mit Kunst gewöhnt. Doch wie ist bei Dir die Liebe zur Fotografie entstanden? Gab es einen besonderen Moment, ein besonderes Ereignis? Wer oder was hat Dich beeinflusst?
Naomi Leshem: Es war etwas in mir. Jemanden besonderen gab es nicht, auch wenn ich Fotografen gern habe. Fotografie ist eine moderne Welt von Kunst. Das hat mich interessiert.

AVIVA-Berlin: Was ist für Dich das Besondere, wenn man die Welt durch das Kamera-Objektiv sieht?
Naomi Leshem: Schöne Frage. Wenn du malst, hast du ein weißes Blatt, und du musst Dinge hinzufügen, Dinge auf das Blatt bringen die noch nicht da sind. Nun, in der Fotografie ist es das Gegenteil: Du hast die ganze Realität und um durch das Objektiv zu gucken, schneidest du einen Teil davon aus, nimmst Dinge heraus und entscheidest, welchen Ausschnitt der Realität du willst, was aus dem Rahmen fällt. Es ist wirklich faszinierend. Du musst von der Welt Abstand nehmen und dich entscheiden, welchen Teil der Wirklichkeit du wählst. Ich mag das sehr gerne.

AVIVA-Berlin: Nach Deinem Studium hast Du lange Zeit Dein Geld als Architekturfotografin verdient, Dich erst später der Kunst gewidmet. Inwiefern hat sich Deine Einstellung zur Fotografie mit den Jahren geändert? War sie anfangs rationaler und heute eher emotionaler?
Naomi Leshem: Die künstlerischen Ideen waren immer da, aber nach dem Studium wollte ich arbeiten. Ich hatte zwei kleine Kinder und ich war noch nicht reif für die Kunst. Ich studierte in einer sehr technischen Hochschule für Fotografie. Es war eine bewusste Entscheidung, am Anfang kommerzielle Fotografie zu machen und dann mit der Zeit etwas anderes. Ich habe aber auch immer über Kunst nachgedacht, war viel in der Kunstwelt unterwegs, aber von außen, und mit der Zeit bin ich langsam hineingekommen. Als ich mich reif gefühlt habe, nach vielen Jahren, habe ich komplett mit den Commercials aufgehört.

AVIVA-Berlin: In den meisten Deiner Projekte stehen Menschen und die unmittelbare, aber dennoch nicht greifbare Gegenwart des Todes im Mittelpunkt. Du arbeitest – anders als viele andere Fotografen heute - mit einer analogen Kamera. Du verwendest viel Sorgfalt auf deine Inszenierungen und das Setting – und das alles ohne Assistentin. Ist das Teil Deines Konzepts: Nichts dem Zufall zu überlassen, alles menschlich Mögliche vorzubereiten, oder gibt es auch spontane Aufnahmen?
Naomi Leshem: Auch eine sehr schöne Frage. Ja, ich bin sehr präzise und vorsichtig im Hinblick auf Rahmung etc., aber ich lernte - und das ist eins der schönen Dinge in diesem Prozess – dass, egal wie sehr ich den Rahmen und das Setting kontrolliere, es immer Dinge geben wird, die jenseits meiner Kontrolle liegen. Bei "Runways" konnte ich den Rahmen und die Komposition genau bestimmen, so dass auf all den Fotos dieselbe Komposition herrscht, was sehr schwer zu erreichen ist. Aber es gibt immer etwas wie die Hand des Zufalls oder des Schicksals: Nachdem ich alles kontrolliert habe kommt plötzlich eine Wolke, das Mädchen macht eine andere Geste als die, die ich wollte und geplant hatte…. Auch bei "Sleepers": Die Komposition ist komplett unter meiner Kontrolle, aber wie sie schlafen werden, wie sie sich bewegen, wie die Bettlacken sein werden, das sind Dinge die ich nicht kontrollieren kann. Die Kombination zwischen der Kontrolle und der Einsicht, dass man nicht komplett alles in seiner Hand hat, das ist Teil meiner Entwicklung

© Naomi Leshem: Bar, Serie Runways


AVIVA-Berlin:Machst Du im Privatleben gerne Schnappschüsse?
Naomi Leshem: Meistens nicht. Nur in meinem Kopf.

AVIVA-Berlin: Einige Medien beschreiben Dich als sich klar von politischer Fotografie distanzierend und auffallend apolitisch, andere sehen zumindest Dein Werk "Runways" als politischen Beitrag: Für "Runways" hast Du junge Frauen, die kurz vor ihrer Armeezeit standen, auf den Rollfeldern von militärisch genutzten Flughäfen in ganz Israel fotografiert. Welche persönliche und/oder künstlerische Position wolltest Du durch die Aufnahmen zum Ausdruck bringen?
Naomi Leshem: Zum Politischen: Meine Kunst ist nicht politisch, aber sie kann politische Fragen aufwerfen. Bei "Runways" ist es die Kombination von jungen Frauen vor Militärflugzeugen und den Pisten: Diese Pisten sind keine gewöhnlichen Flughäfen, von denen man zum Urlaub in die Karibik fliegt, es sind militärische.
Aber ich spreche über die Realität, dass diese jungen, sorgenlosen, freien Mädchen Soldatinnen sein müssen, ob sie wollen oder nicht. Ihre Freiheit wird ihnen weggenommen. Ich spreche über die Realität und die Freiheit und das hängt nicht mit meiner politischen Meinung zusammen. Egal welcher politischen Meinung ich bin, meine Kinder müssen auf jeden Fall zum Militär. Das kann politische Fragen produzieren, so auch in "Sleepers": Es gibt hier ein paar Schläfer, die schon Soldaten sind, und im Buch liegen sie neben Schlafenden aus anderen Ländern, die nie zum Militär gehen oder darüber nachdenken werden, die direkt zum College oder zur Hochschule und dann ins Leben gehen werden. Sie alle schlafen gleich.… Menschen sind gleich. Aber der eine ist Soldat und der andere nicht, und dass nur, weil er aus Israel ist.

© Naomi Leshem: Nitzan, Serie Runways


AVIVA-Berlin: Deine beiden Töchter sind 19 und 20 Jahre alt. Was löst der Gedanke an ihren Armeedienst bei Dir aus, inwieweit kannst Du deine Sorgen und Ängste um Deine Töchter in Deiner Kunst verarbeiten?
Naomi Leshem: Ich mag es nicht, dass sie im Militär sind. Als Mutter mag ich es nicht, und auch als Person nicht… Das Militär ist kein guter Platz, es ist ein Kriegsplatz. Noch einmal, egal wie meine politische Meinung ist, natürlich bin ich als Mutter besorgt. Ich bin sowieso froh, Töchter zu haben, aber unter dem Aspekt des Militärdiensts besonders, denn so sind sie wenigstens keine Kämpfer.

AVIVA-Berlin: Du unterrichtest "fotografische Sprache und persönlichen Ausdruck" an verschiedenen Hochschulen in Israel. Wie vermittelst Du Deinen StudentInnen, was ein gutes Foto (in diesem Kontext) ausmacht? Was erachtest Du als das Wichtigste beim Fotografieren von Menschen?
Naomi Leshem: Ich bin nicht nur auf Portraitfotografie spezialisiert, sondern auf Fotografie im Allgemeinen. Normalerweise unterrichte ich fotografische Sprache, Rahmung, Komposition, Belichtung und all dies, so dass die Studenten die Grundlagen kennen, die Regeln, wie es sein sollte. Und dann versuche ich ihnen zu zeigen, wie man diese Werkzeuge benutzt, um sich selbst auszudrücken. Es kann durch das Brechen der Regeln der Fotografie sein, der Regeln der Belichtung, oder der Komposition. Es ist sehr schwer zu sagen, was eine gute oder eine schlechte Arbeit ist. Vielleicht ist es eine Arbeit, die im Ganzen gelingt, ein Foto das stimmig ist, das irgendetwas auslöst, Gefühle beim Betrachter hervorruft: Mitleid, Wut, eine Anregung zum Nachdenken, nicht nur zu der Bemerkung: "Oh, es ist wunderschön".

AVIVA-Berlin: Die Veränderung von Dingen, Orten, Menschen im Lauf der Zeit zieht sich durch all Deine Serien. Für "Way to Beyond" hast Du Orte besucht, an denen Menschen gestorben oder verschwunden sind und an die ihre Angehörigen regelmäßig zurückkehren – ein Becken im Schwimmbad, eine Straße in der Wüste, der See Genezareth.
Die Bilder der Serie "Lizette" zeigen den Blick auf eine kleine Stadt, einen Friedhof und die unbebaute Erde davor, stets aus der gleichen Perspektive und in den verschiedenen Jahreszeiten. Deine Fotos haben vor allem für Dich selber eine starke symbolische Aussage. Schmerzt es, diese in einer Ausstellung der Öffentlichkeit zu offenbaren und zur rücksichtslosen Diskussion freizugeben, oder ist gerade dieser Umgang mit der eigenen Vergangenheit wichtig, um weitermachen zu können?
Naomi Leshem: Natürlich ist es persönliche Arbeit, aber in dem Moment, in dem ich entscheide sie auszustellen, in dem Moment weiß ich auch, dass es Menschen geben wird, die darüber nachdenken, vielleicht nicht auf die Art wie ich es wollte. Vielleicht nehmen sie die Arbeiten mit zu Orten, an denen ich sie ungern sehe. Das ist etwas, was ein Künstler immer weiß: Wenn du ausstellst, gibst du deine Arbeit aus deinen Händen. Ich erzähle meinen Studenten immer: Denk nicht an den Betrachter. Denk darüber nach, was du aussagen willst, und mach es so gut wie du kannst – der Betrachter wird eine Beziehung dazu haben. Das heißt nicht, dass er es verstehen wird. Aber er wird eine Verbindung dazu herstellen. Und das ist der wichtige Punkt: Manchmal verstehen Leute meine Arbeiten anders als ich sie gemeint habe, manchmal verstehen sie Dinge, die ich nicht verstanden habe, aber wahr sind, und manchmal lerne ich vom Betrachter Dinge über meine Arbeit, die ich meinte, über die ich aber nicht nachdachte, die irgendwo in meinem Unterbewusstsein waren. Für mich ist es immer schwer meine Arbeiten an die Öffentlichkeit zu bringen, ich denke, wie für jeden, denn wenn deine Arbeit veröffentlicht ist, können die Menschen damit machen was sie wollen. Aber ich lebe in Frieden damit.
Wenn etwas so privat ist, dass ich es nicht ausstellen möchte, dann würde ich es gar nicht erst fotografieren… Ich erzählte dir, ich mache Schnappschüsse in meinem Kopf, ich gehe umher und schaue und behalte die Bilder wirklich im Kopf. Aber ich weiß, wenn ich fotografiere, wird es ausgestellt, und auch wenn es sehr persönlich ist, es ist okay für mich.

AVIVA-Berlin: Wie lange dauert es von der Anfangsidee bis zur Ausführung eines Projekts?
Naomi Leshem: Bei "Sleepers" habe ich darüber nachgedacht und am nächsten oder übernächsten Tag die erste Schlafende fotografiert, ich musste sehen wie es aussehen würde. Als ich das Foto sah, wusste ich: Das wird mein nächstes Projekt. Aber ich war zu beschäftigt mit anderen Sachen, deshalb habe ich erst nach einem halben Jahr richtig angefangen. Bei "Runways" hat es sechs, sieben, acht Monate gedauert, weil ich all diese Bewilligungen bekommen musste.
Auch jetzt habe ich eine Idee. Es ist sehr schwer für mich, da ich mich entschieden habe, bis nach dem Aufenthalt in Berlin nichts zu machen. Wenn ich zurückfliege werde ich anfangen. Ich mag es, die erste Arbeit so schnell wie möglich zu realisieren.

AVIVA-Berlin: Vielen Dank für das Interview, einen schönen Aufenthalt in Berlin und weiter viel Erfolg für Deine Arbeit!
Naomi Leshem: Dankeschön!

Weitere Infos zu Naomi Leshem finden Sie unter: www.naomileshem.com

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Beitrag vom 14.04.2011

AVIVA-Redaktion