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Beitrag vom 17.04.2009
El Sistema. Dokumentation von Maria Stodtmeier und Paul Smaczny
Britta Leudolph
In Venezuela werden seit über dreißig Jahren Kinder und Jugendliche aus den Slums der Städte an Musikschulen unterrichtet. Die Dokumentation erzählt die Erfolgsgeschichte dieses Netzwerkes.
In den Barrios, den Elendsvierteln der großen Städte Venezuelas ist das Leben hart: Schießereien sind an der Tagesordnung, viele flüchten sich schon sehr jung in die Scheinwelt von Drogen oder Alkohol. Diese scheinbar ausweglose Situation nahm der Ökonom, Politiker und Musiker José Antonio Abreu 1975 zum Anlass, eine Vision wahr werden zu lassen, die zunächst unmöglich wirkt. Er gründete mit zwölf Kindern aus sozialen Brennpunkten der Hauptstadt Caracas das erste nationale Jugendorchester Venezuelas. Mit diesem ersten Schritt legte er den Grundstein für "El Sistema", das heute große Teile der Gesellschaft des südamerikanischen Landes erfasst hat. Fast in jeder größeren Stadt findet sich eine Musikschule, in denen die Kinder neben dem Spielen der Instrumente vor allem soziale Kompetenzen erlernen: Respekt, das Tragen von Verantwortung und die Fähigkeit des gemeinsamen Musizierens.
Maria Stodtmeier und Paul Smaczny zeigen in ihrer Dokumentation, wie "El Sistema" funktioniert. Die Kinder und Jugendlichen musizieren an sechs Tagen in der Woche nach der Schule gemeinsam. Die ganz Kleinen beginnen mit Papierinstrumenten, später entscheiden sie sich für ein Instrument. Wenn die Kinder von ihren Instrumenten sprechen, ist zu spüren, wie stolz sie auf das sind, was sie leisten. In den Musikschulen finden sie aber viel mehr: FreundInnen und auch eine Perspektive für die Zukunft. "El Sistema" wird von vielen Säulen getragen: LehrerInnen, die mit Begeisterung bei der Sache sind, Eltern, die große Hoffnungen für ihre Kinder haben und auch der Staat, der einen Großteil des Netzwerkes finanziert.
"El Sistema" fängt jedoch auch die Welt außerhalb der Musikschulen ein und zeigt hierdurch die enorme Bedeutung, die das Werk Abreus und seiner vielen MitstreiterInnen für die Menschen aus den Elendsvierteln hat. Natürlich werden nicht alle MusikschülerInnen später professionelle MusikerInnen, aber was sie in "El Sistema" lernen, hilft ihnen ihr ganzes Leben. Heute werden etwa 300 000 Kinder unterrichtet und es sollen noch viele mehr werden.
Zu den RegisseurInnen: Maria Stodtmeier arbeitet im Bereich der Konzeption und Produktion von Film-, Musik- und Literaturprojekten. Sie studierte Kulturarbeit und Literatur in Budapest und Potsdam.
Paul Smaczny, geboren 1957 in Niederbayern, studierte Jura, Romanistik und Germanistik in Regensburg und Paris. Anschließend arbeitete er am Theater, als Regieassistent und Dramaturg. Ab 1989 arbeitete er als Regisseur und Redakteur bei Film und Fernsehen und realisierte zahlreiche internationale Dokumentarfilme im Bereich der klassischen Musik. Seit 1995 tritt Smaczny als Produzent von Dokumentationen, internationalen Konzert-, Opern- und Ballettaufzeichnungen auf, die einige der wichtigsten musikalischen Veranstaltungen der letzten 15 Jahre dokumentieren, wie die Aufzeichnung der Konzerte des West-Eastern Divan Orchestras in Ramallah oder der New York Philharmonic in Pyongyang / Nordkorea.
AVIVA-Tipp: "El Sistema" ist eine ergreifende Dokumentation über die Kraft der Musik. Der Film erzählt die beispiellose Erfolgsgeschichte des Netzwerkes und wenn die strahlenden Gesichter der kleinen und größeren MusikerInnen gezeigt werden wird verständlich, warum sich so viele in "El Sistema" engagieren.
El Sistema – Über die Macht der Musik in einer Welt von Armut und Gewalt. Das andere Gesicht Venezuelas
Mit José Antonio Abreu, Gustavo Dudamel, Simon Bolivar Jugendorchester
Regie: Paul Smaczny, Maria Stodtmeier
Kamera: Michael Boomers, Christian Schulz
Produktion: Günter Atteln, Frank Gerdes, Paul Smaczny
Projektentwicklung: Maria Stodtmeier
Kinostart: 16. April 2009
www.el-sistema-film.com