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Beitrag vom 10.10.2009
Gretchen Parlato - In A Dream
Tatjana Zilg
Der Titel ist Konzept: Traumhaft schön und somnabul sinnlich legen sich die Songs auf die Seele. Die New Yorkerin begeisterte die Jazz-Szene vor vier Jahren mit ihrem Debut "Gretchen Parlato" ...
... und ließ sich viel Zeit, um ihr zweites Werk in sich reifen zu lassen. Ein gutes und reichhaltiges Fundament dazu weist ihre künstlerische Biografie auf. Unter anderem studierte sie Musikethnologie und Jazz mit Gerald Wilson und Herbie Hancock.
"Gretchen is a singer with a deep, almost magical connection to the music. She takes a lot of chances with her understated style, and it works. Every note is expressive, powerful, and pretty. And most important, her heart is in the right place" schwärmt der weltberühmte Jazz-Pianist Herbie Hancock.
Die sanft dahin perlenden Songs von Gretchen Parlato bilden in gewisser Weise einen Gegenpol zu der funky-extrovertierten Spielweise des heute 69jährigen. Anfangs wirken sie ein wenig zurückgenommen und entfalten eher unaufdringlich ihre Stärke. Aber wie Herbie Hancock voraussagt: Der elegante und grazile Stil der Jazz-Newcomerin bleibt nachhaltig in Erinnerung durch die liebevolle Präzision und die sorgsame Abwägung zwischen Kontrast und Harmonie.
"In A Dream" umfasst eine Auswahl an Coverversionen von Songs ihrer musikalischen Helden Stevie Wonder, Duke Ellington, Herbie Hancock und Wayne Shorter und speziell für sie geschriebene Kompositionen einiger befreundeter Gegenwartsmusiker. Die Texte sind teils aus ihrer eigenen Feder.
Wie Gretchen Parlato es gelingt, jeden Song neuartig und individuell, aber stets den Geist des Originals hochachtend, zu transformieren, zeigt sich besonders deutlich in ihrer Auseinandersetzung mit dem Song "Butterfly" ihres größten Vorbilds Herbie Hancock. Sie stellt die Sprache weit mehr in den Vordergrund und lässt sie zum wesentlichen Element werden, während Hancock oft lange Instrumental-Soli vorzog. Die luftige Leichtigkeit des farbenprächtigen Insekts betont sie durch ein Intro mit reinem Kindergeplauder, von welchem sie sich zu eigener munterer Stimmakrobatik in Korrespondenz zu zärtlich gezupften Akustik-Saiteninstrumenten inspirieren lässt. Ihr Umgang mit Stimme und Gesang zeichnet sich in allen Songs durch gekonnte Improvisation und Experimentierfreudigkeit aus, die aber nie anstrengend wird, sondern mit ihrer Neugier und wohlklingendem Timbre erfrischend hörenswert herüberkommt. Neben dem Englischen schmiegt sie ihre Stimme bei einigen Songs ins Brasilianische Portugiesisch, dessen natürliche Silben-Melodie perfekt zum samtigen Gesang passt. Besonders einprägsam kann dies in "Doralice" erlebt werden, einem Traditional, welches ihr vom legendären Sänger und Gitarristen João Gilberto beigebracht wurde.
Alle Songs, die sie interpretiert, sind ihr eng ans Herz gewachsen und erhalten dadurch einen autobiografischen Bezug. "Every song has a purpose, relates to my life in some way, and tells a story", beschreibt sie die Wechselwirkung zwischen ihrer Kunst und ihrem Alltagsleben. Aufgewachsen als Tochter eines KünstlerInnen-Paars in Los Angeles, zog es das junge Musiktalent später nach New York, wo sie dem Jazz bis heute treu blieb, denn sie sieht in dem Genre die optimale Herausforderung: "to figure out who you are and find your own voice". Im Jahr 2004 gewann sie den angesehenen Thelonious Monk International Jazz Vocals Wettbewerb.
Weiterhören auf AVIVA-Berlin: Addie Brik und Louisa Bey
Gretchen Parlato im Netz: /www.gretchenparlato.com und www.myspace.com/gretchenparlato
AVIVA-Tipp: Gretchen Parlato bietet modernen, puren Jazz-Genuss. Dessen Möglichkeiten erkundet sie ausgiebig, ohne je zu weit in andere Gefilde abzuschweifen. Unterstützt wird sie dabei von einem Musiker-Quartett und den Instrumenten Gitarre, Klavier, Fender Rhodes, Akustik- und Elektro-Bass sowie Schlagzeug. Die besondere Zierde ihres Zweitlings bleibt dabei konsequent ihre Stimme, die mindestens ebenso schön ist wie die von Norah Jones und Sade, aber experimenteller eingesetzt wird.
Gretchen Parlato
In A Dream
Label: Obliqsound, Soulfood, VÖ Oktober 2009