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AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 18.11.2009


Das gelbe Segel
Tatjana Zilg

Der Road-Movie verfolgt die Wandlungsprozesse, die während einer zufälligen Begegnung in und zwischen drei außergewöhnlichen Menschen ausgelöst werden. Vor den Weiten der Landschaft von Louisiana ...




... stehen sie sich unerwartet in einem Mischwaren-Laden gegenüber:

Brett ist vor kurzer Zeit aus dem Gefängnis entlassen worden und beobachtet verwundert, wie sich die Welt draußen nach seiner langjährigen Haft verändert hat.

Die 15jährige Martine (Kristen Stewart) hat gerade von ihrem Lover mitgeteilt bekommen, dass ihre Affäre beendet ist. Aus Wut fordert sie den knapp volljährigen Gordy (Eddie Redmayne, "Der gute Hirte", "Wilde Unschuld", "Die Schwester der Königin") auf, sie in seinem Auto mitzunehmen. Der etwas linkisch wirkende junge Mann ist auf der Durchreise und steuert über einige Umwege New Orleans an, wo sein leiblicher Vater lebt. Er ist auf dem ersten Blick von Martine fasziniert. Kristen Stewart, die durch die "Twilight"-Kinoserie bereits zum begehrten Star wurde, gibt ihrer Rolle in einer Mischung aus Anmut, Rebellinnentum und jugendlicher Weltskepsis eine eindringliche Präsenz auf der Leinwand.

Eine Fahrt ins Ungewisse beginnt

Gegenüber Gordy verhält sich Martine kratzbürstig, misstrauisch und fordernd zugleich. Dieser lässt sich in seinem Verliebtsein nicht beirren, denn er hat offenbar viel Erfahrung im Abgelehnt-Werden. Selbstironisch erzählt er, dass es in seinem Heimatort eine "Parade" gegeben hätte, als er zu seiner Reise aufgebrochen ist. Seine Unsicherheit verbirgt er hinter zu häufigem Lächeln und sein Verhalten entspricht nicht dem Alltäglichen: Fast könnte er ein hochbegabter Asperger-Autist sein.
Martine macht dies Angst und sie bereut es, in seinen Wagen gestiegen zu sein. Um die vermutete Gefahr zu entschärfen, lädt sie Brett zur Mitfahrt ein. Zwei Generationen treffen hier aufeinander.

Der Ex-Häftling wird von dem versierten Schauspieler William Hurt ("Der gute Hirte", "Syriana", Oscar "Der Kuss der Spinnenfrau") verkörpert. In einer zurückgenommenen Fürsorglichkeit begleitet er die beiden Jugendlichen und gewinnt schnell deren Vertrauen, was ihm aber unangenehm zu sein scheint. Alle drei Charaktere sind einzelgängerisch angelegt und von dem Widerstreit der Sehnsucht nach mehr Nähe und dem Bedürfnis nach Abgrenzung aus Angst vor Verletzung geprägt. Brett trägt dabei das größte Geheimnis in sich. Das Rätsel um seine Vergangenheit und die Gründe, die ihn ins Gefängnis führten, werden zum Schlüssel für die Freilegung des Innenlebens aller Beteiligten. Behutsam offenbart der Regisseur Udayan Prasad Schicht für Schicht die Emotionen und Motive seiner ProtagonistInnen, die so in all ihren Ecken und Kanten immer liebenswerter für die ZuschauerInnen werden. Dies erzeugt eine feinsinnige Spannung, intensiv wie in einem Alfred Hitchcock-Meisterwerk, mitreißend wie in einer Daniel Boyle-Soziokomödie und aufrüttelnd wie in einem Ingmar Bergman-Melodram.

Vom Abenteuer, zurückzublicken und sich zu entscheiden

Durch die Vorgeschichte von Brett kommt eine weitere Hauptfigur hinzu. Nach einem Lebensweg, der für ihn kaum andere Chancen als die Kleinkriminalität bereithielt, fand er zu seiner eigenen Überraschung eine Partnerin, die in ihm den Wunsch nach einer verlässlichen Bindung und einem sesshaften Leben weckte. May (Maria Bello, "Coyote Ugly", "Der Jane Austen Club") ist eine Frau in der Mitte ihres Lebens, die sich als Bootsmacherin eine selbstständige Existenz aufgebaut hat. Zunächst nimmt sie die Bretts Kontaktversuche zögerlich wahr. Doch dann entsteht eine intensive Annäherung, die durch eine alltägliche Katastrophe abrupt zerstört wird.

AVIVA-Tipp: Der Film ist sehr in sich stimmig und macht es den ZuschauerInnen leicht, sich in seinen Erzählfluss hineinziehen zu lassen. Dazu trägt auch die hervorragende Kameraführung bei, für die sich Chris Menges verantwortlich zeichnet, der auf vielseitige Erfahrungen im Nachrichtendienst, Dokumentar- und Fiktionsfilm verweisen kann. In "Das gelbe Segel" fängt er optimal die hohe Ausdrucksstärke des SchauspielerInnen-Ensemble ein und bindet sie in eindrucksvolle Landschafts-Kulissen ein. Dadurch erhält die Geschichte über die Erkenntnis, wie wichtig es ist, sich selbst eine Chance zu geben, hochkarätigen Feinschliff.

Zum Regisseur:
Udayan Prasad wurde in Indien geboren und kam im Alter von neun Jahren nach Großbritannien. Nach dem Besuch der Kunsthochschule in Leeds und der National Film and Television School drehte er eine Vielzahl an Dokumentationen, so auch "A Corner Of A Foreign Field" (1985) über Pakistanis in Großbritannien. Er führte Regie bei zahlreichen prestigeträchtigen Dramen für den Fernsehsender BBC und arbeitete dafür mit den besten britischen AutorInnen zusammen.
Sein erster Kinofilm war der von den KritikerInnen gelobte "Brothers In Trouble" (1996) – eine tragikomische Geschichte eines illegalen Immigranten, angesiedelt in den 60er-Jahren, der ums Überleben in einer düsteren Stadt im Norden Englands ringt. Der Film gewann den Golden Alexander Award als Bester Erstlingsfilm auf dem Thessalonki International Film Festival. Prasads zweiter Spielfilm "My Son The Fanatic" wurde 1997 auf dem Festival de Cannes für die Director´s Fortnight ausgewählt und erhielt größtes Lob von den KritikerInnen. (Quelle: Verleihinfo)

Das gelbe Segel
USA 2008
Regie: Udayan Prasad
Drehbuch: Erin Dignam
DarstellerInnen: Eddie Redmayne, Maria Bello, William Hurt, Kristen Stewart
Kamera: Chris Menges
Musik: Eef Barzelay, Jack Livesey
Länge: 96 Minuten
Verleih: X-Verleih
Kinostart: 19. November 2009

Mehr zum Film: www.dasgelbesegel.x-verleih.de



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Beitrag vom 18.11.2009

AVIVA-Redaktion