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Beitrag vom 15.10.2019
Wallis Bird – Woman
Christina Mohr
Politisch explizit und musikalisch eingängig zu sein ist für Wallis Bird kein Gegensatz. Nach fünf Studio-Alben und einer Live-Platte erscheint mit "Woman" die politisch radikalste Platte der Irin. Wallis Bird schreibt und nimmt seit vielen Jahren Musik auf, diesmal jedoch kommentiert sie direkt aktuelles Geschehen...
Auf "Woman" setzt sich die in Irland geborene und in Berlin lebende Singer-/Songwriterin mit dem Brexit, Black Lives Matter, der Klimakrise und – beinahe möchte frau "natürlich" hinschreiben – der Präsidentschaft von Donald Trump auseinander. "Die Welt hat sich sehr verändert", sagt Bird in der Pressemitteilung des Albums, "und ich habe mich mit ihr verändert." Sie sei eine "böse Pazifistin", so Bird weiter, die gegen Missstände ankämpfen und möglichst viele Menschen agitieren will.
Während die Inhalte von "Woman" durchweg schwergewichtig sind, ist die Musik typisch Bird: Energiegeladen, leichtfüßig, inspiriert von Soul und Folk. Komplett von Bird geschrieben und fast ausschließlich von ihr eingespielt - produziert von Marcus Wüst - beginnt "Woman" mit"As the River Flows": Das Lied ist Alan Kurdi gewidmet, dem dreijährigen syrischen Flüchtling, dessen Leiche 2015 an einem türkischen Strand fotografiert wurde. Das zarte Intro wandelt sich bald zur synkopischen Mischung, während Bird den Entscheidungsträger*innen der Einwanderungspolitik unbequeme Fragen entgegenschleudert.
Birds Lyrics sind Plädoyers für friedliches Miteinander, wie zum Beispiel das selbsterklärende "Love Respect Peace", ein reggae-basierter Mid-Tempo-Groove, der Titel wird zum Mantra. Auf "Salve" schlägt Bird vor, sich von sozialen Medien ("Addicted to being connected") nicht mehr abhängig zu machen. Der einfache, unprätentiöse Funk-Groove klingt so lässig wie eingängig, wie auch der langsame Bluestrack "Woman oh Woman", den Bird als Femmage an gleichgeschlechtliche Liebe verstanden wissen will. In diesem Stück setzt Bird Streicher ein, packt den Song in ein nostalgisches R´n´B-Gewand inklusive zartem Shoo-Bee-Doo-Background-Gesang, der Birds Solostimme umso stärker zur Geltung kommen lässt. In "Time Is Not Waiting" ist ein von Gospel inspiriertes Piano zu hören, "Grace" wiederum ist ein softer Pop-Funk-Hybrid, Birds Gesang sensibel und stark zugleich. Im letzten Song "Repeal" behandelt Bird das irische Abtreibungsreferendum von 2018 – die schwebende, ätherische Anmutung des Stücks steht im Kontrast zur expliziten Thematik, die sich am Schluss in Jubelschreie und triumphierende Klaviertöne auflöst. Solche Ausbrüche sind selten auf "Woman", das lyrisch voller Zorn und Aufbruchstimmung ist.
AVIVA-Fazit: Die kämpferischen, dezidiert feministischen und durchaus radikalen Inhalte ihrer Texte spiegeln sich nicht unbedingt in Wallis Birds Musik, die überwiegend gefällig und brav daherkommt – dem Album täte etwas mehr Mut und ja, Radikalität in punkto Sound sehr gut. So ist "Woman" ein angenehm zu hörendes Singer-/Songwriter-Album: nicht weniger, aber (leider) auch nicht mehr.
Mehr zu Wallis Bird im Netz, sowie Tourtermine unter: www.wallisbird.com und www.facebook.com/wallisbird
Wallis Bird
Woman
CD 2019, 11 Tracks
MOUNT SILVER RECORDS / CAROLINE INTERNATIONAL
LC 03261
VÖ: 27.09.2019
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