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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 08.11.2011


Katherine Pancol - Die gelben Augen der Krokodile
Diana und Nina Breher

Joséphine kann schreiben. Über Umwege engagiert ihre Schwester Iris sie als Ghostwriterin. In diesem Roman geht es um die Irr- und Umwege des Lebens und um vielerlei kleine Geschichten, liebevoll...




...verwoben zu einem kurzweiligen Lesevergnügen.

"Die gelben Augen der Krokodile" jongliert augenzwinkernd mit Klischees und verliert trotzdem das Wesentliche nicht aus den Augen. Hinter den überzeichneten Stereotypen verstecken sich sympathische Charaktere, hinter der vermeintlichen Aschenputtel-Story eine rührende Erzählung über Erfolg, Demut und das Leben selbst.

Joséphine, Historikerin und Mutter, wird von ihrem Mann verlassen. Wie das Leben - oder das Klischee? - so spielt, brennt er mit einer deutlich jüngeren Frau durch, um sich selbst zu verwirklichen: Mit einer blutjungen Friseuse will er in Afrika einen Krokodilpark betreiben. Die Protagonistin ist verzweifelt und bemüht sich, mit ihren Töchtern über die Runden zu kommen. Eine von ihnen, Hortense, ist eine überdurchschnittlich selbstbewusste Teenagerin, mit der die von Komplexen behaftete Joséphine zu kämpfen hat – nicht zuletzt, weil die eigene Tochter ihr in vielen Dingen um einiges voraus ist und ihr so die eigenen Defizite vor Augen führt. Nach und nach werden uns LeserInnen auf originelle Weise immer mehr Figuren vorgestellt, und es ist der Autorin und ihrer leichtfüßigen Sprache zu verdanken, dass "Die gelben Augen der Krokodile" es schafft, eine ganze Sippschaft und ihren Dunstkreis einzuführen, ohne dass wir den Überblick verlieren.

In die 500 Seiten sind diverse Nebenhandlungen eingeflochten. Wir erfahren beispielsweise, wie es dazu kommt, dass die Nachbarin die uneheliche Tochter der englischen Königin ist. Wir irren durch abstruse, überzeichnete – und doch so alltägliche! – Welten, die sich in diesem Roman spielerisch zusammenfügen. Kern der Handlung aber ist die Geschichte von Joséphine und ihrer Schwester. Auf einer Soirée gibt Iris vor einem Verleger damit an, gerade einen Roman zu schreiben. Als dieser ihr anbietet, das Manuskript bei Fertigstellung zu veröffentlichen, fühlt sie sich ernst genommen und wichtig. Sie driftet in ein Leben, das sie sich wünscht, zieht sich geheimnisvoll zurück, berichtet von ihrer vermeintlichen Arbeit und bringt doch kein Wort zu Papier. So reift der Gedanke einer tatsächlichen Veröffentlichung mit der Zeit – doch woher soll sie den Roman nehmen?

Nun ist Joséphine an der Reihe. Während ihre Schwester keine Ahnung vom Schreiben hat, verfasst die Protagonistin einen gründlich recherchierten historischen Roman, der schließlich unter dem Namen der nach Ansehen heischenden Schwester veröffentlicht wird. Es ist tatsächlich eine Aschenputtel-Geschichte – Joséphine ist bescheiden, herzensgut und sympathisch, während die Schwester sich mit dem Erfolg brüstet. In alter Märchenmanier wird jedoch am Ende alles gut – nicht zuletzt durch die Hilfe der selbstbewussten Hortense.

Pancol hat sichtlich ihren Spaß an dem Spiel mit den Stereotypen, die sie ihren Figuren auferlegt. In dieser Überzeichnung bricht sie diese aber auch, sodass "Die gelben Augen der Krokodile" keineswegs ein Buch ist, das Klischees bestätigt. Vielmehr gibt das Jonglieren mit ihnen dem Roman Witz und fördert den bissigen Humor der Autorin zutage. Mensch sieht sich einerseits immer wieder an Personen aus dem eigenen Umfeld erinnert, andererseits können derart überspitzte Situationen und Typen kaum in den Bereich des Möglichen gezählt werden.

AVIVA-Tipp: Ein bunter, kurzweiliger Roman, dessen Lektüre flüssig und fröhlich vonstatten geht. Die verschiedenen Charaktere erhalten sogar in der ärgsten Klischeehaftigkeit eine liebenswürdige Tiefe. Katherine Pancol hat ein zeitgenössisches Märchen für Erwachsene geschrieben – zum Mitfühlen, Mitlachen und Mitfiebern. Das, was als ´Frauenliteratur´ bezeichnet wird, ist sicherlich Geschmackssache, doch hier zeigt sie sich von ihrer besten Seite – voller Irrungen und Wirrungen sowie mit einem überdeutlichen Augenzwinkern.

Zur Autorin: Katherine Pancol wurde 1954 in Casablanca geboren und lebt seit ihrem fünften Lebensjahr in Frankreich. Nach ihrem Literaturstudium arbeitete sie als Lehrerin, Journalistin und Autorin. Ihre Karriere begann 2006 mit dem Erscheinen von "Die gelben Augen der Krokodile" (dem ersten Teil der Joséphine-Trilogie): 2006 erhielt der Roman den Prix Maison de la Presse, 2008 war er noch immer auf Platz 6 der bestverkauften Romane des Jahres (Le Figaro), und 2010 dominierte Pancol die Bestsellerlisten mit ihrer Trilogie schließlich ganz. Sie hat zwei erwachsene Kinder und lebt in Paris.

Katherine Pancol
Die gelben Augen der Krokodile

Originaltitel: Les yeux jaunes des crocodiles
C. Bertelsmann Verlag, erschienen Herbst 2011
Gebunden, 608 Seiten
ISBN: 978-3-570-10086-8
22,99 Euro
Weitere Informationen finden Sie unter: www.randomhouse.de


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Beitrag vom 08.11.2011

AVIVA-Redaktion