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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 03.02.2022


Angelika Platen – Meine Frauen. Ausstellung zum 80. Geburtstag im Kunst Lager Haas in Berlin
Lena Fries

Im 2021 im Hatje Cantz Verlag erschienenen Bildband der Fotografin sind ausschließlich Künstlerinnen abgebildet. Angelika Platen portraitiert die Frauen mit ihrem besonderen Blick für Komposition und Bildsprache. Anlässlich ihres 80. Geburtstags am 19. Februar 2022, …




… eröffnet am darauffolgenden Tag eine Ausstellung des Kunst Lager Haas, die Fotografien von Angelika Platen aus dem Bestand der Galerie zeigt.

War Angelika Platen zu Beginn ihrer Karriere noch stark auf das Portraitieren männlicher Künstler fokussiert, widmet sie sich seit 2018 in ihrer fotografischen Arbeit ausschließlich Künstlerinnen. Im Bildband "Meine Frauen" sind Platens Fotografien von über einhundert Künstlerinnen zu sehen.

Die erste Abbildung im Bildband "Meine Frauen", "Im Takt der Schrift" von 1968, ist zugleich eine der ersten Fotografien, die Platen von einer Künstlerin fertigte. Komplett in Schwarz gekleidet steht eine junge Hanne Darboven vor einem ihrer Werke. "Platen zeigt uns die Künstlerin […] in einer feinen, tänzelnden Pose […]. Im Hintergrund reihen sich ihre geisterhaft-disziplinierten Rasterbilder auf", schreibt die Kunsthistorikerin Swantje Karich in dem begleitenden Text "Sie tanzt nicht mehr", der die Beziehung von Darboven und Platen, sowie die Karriere der Konzeptkünstlerin nachvollzieht. Nach vierunddreißig Jahren trafen Hanne Darboven und die Fotografin erneut aufeinander. In "Verblühende Zeit" von 2002 blickt die gealterte Künstlerin mit einer Zigarette in ihrer rechten Hand direkt in Platens Kamera. Zwischen den Aufnahmen von Darboven liegen über zwanzig Jahre, in denen Angelika Platen sich von der Fotografie abwendete.

Die Schaffensphasen der Fotografin

Aufgeteilt in drei Schaffensphasen, zeigen die Abbildungen Frauen im Dialog mit ihrer Kunst, im privaten Umfeld, in in-sich-gekehrten Momenten. Jede der Frauen präsentiert sich auf ihre eigene Art– mal lachend wie Vibeke Tandberg oder reserviert blickend wie Joan Jonas.

Die beiden ersten Phasen – von 1968 bis 1973 und von 1997 bis 2017 – zeigen ausschließlich Schwarzweißfotografien. Angelika Platen arbeitet vor allem mit natürlichem Licht und nutzt häufig den Kontrast zwischen Schärfe und Unschärfe als weiteres Gestaltungsmittel. Bei den meisten Darstellungen ist die Kunst der jeweiligen Künstlerinnen Teil des Portraits, wodurch Platen Werk und Autorin auf der visuellen Ebene verschmelzen lässt. Sie bevorzugt Schwarzweißfotografien, da "das den farbigsten Ausdruck in das Wesen und den Charakter von Menschen bringt."

Erst in der dritten Phase ab 2012, kommen Farbaufnahmen dazu: Die Videokünstlerin Ericka Beckmann spielt in grünem Licht mit den Schatten ihres eigenen Körpers und dem Schatten der Fotografin, auf dem Boden liegend und mit farblich angepasster, hellblauer Bluse wird die Künstlerin Raphaela Simon Teil ihres eigenen Werkes, das Künstlerinnenpaar Eva und Adele kehrt Angelika Platen auf der Fotografie den Rücken zu, sodass vordergründig deren rosafarbene kahlgeschorenen Köpfe zu sehen sind.

Begegnungen mit Künstlerinnen

Neben etablierten Künstlerinnen, wie Alicja Kwade, Rosemarie Trockel oder Katharina Grosse, zeigt Platen auch kunstschaffende Frauen, deren Werk bisher noch weniger bekannt ist. Zudem sind Künstlerinnen zahlreicher Genres zu sehen. Die Documenta war beispielsweise ein Ort, an dem Angelika Platen verschiedensten Künstlerinnen begegnete. Schade ist, dass nur wenige PoC- und kaum BIPoC-Künstlerinnen in der Monografie vertreten sind.

In begleitenden Texten der Kunsthistorikerin Swantje Karich lernt die Leser*in neben Hanne Darboven sieben weitere Künstlerinnen im Portrait und deren Beziehung zu Platen genauer kennen. In den lebhaft formulierten und detailreichen Essays wird deutlich, dass Platen zu jedem Portrait beziehungsweise jeder Künstlerin ihre eigene Geschichte erzählen kann und diese in den Fotografien wiederzufinden sind. Sie lassen sich auch in den Portraits derjenigen erahnen, die nicht verschriftlicht sind.

Ein neuer Fokus

Das Zentrum von "Meine Frauen" bildet das Interview der Journalistin Julia Voss mit Angelika Platen im Mittelteil des Buches. Die Leser*in erfährt Details zu Platens Entwicklung und Vorgehensweise, als auch zur Entstehung von "Meine Frauen".

Im Interview wird deutlich, dass der Bildband aus der Intention heraus entstanden ist, die bisher zu selten in Platens Monografien gezeigten Portraits von Künstlerinnen zusammenzutragen. Platen selbst äußert sich über ihre Monografie No Photos Please wie folgt: "Sie zeigt Porträts aus den 1960er/70er-Jahren. Es sind nur vier Frauen zu sehen: Hanne Darboven, Rune Mields, Charlotte Moorman und Bridget Riley. Da fragt man sich unwillkürlich: Wo sind die Frauen geblieben?" Allein während den Jahren als Leiterin der Galerie an der Milchstraße Anfang der 1970er entstanden etwa einhundert Portraits von Künstlern. So reflektiert sie weiter: "Haben sie sich hinter die Männer gestellt oder sich von ihnen verdrängen lassen oder sind sie meinem Blick entgangen? Eine Korrektur war jedenfalls dringend erforderlich."
In diesem Kontext fällt ein Punkt auf, der der Leser*in unstimmig erscheinen mag. Im Interview von Julia Voss wird "[z]ur besseren Lesbarkeit […] nur die männliche Form verwendet. Die weibliche Form [sei] selbstverständlich immer miteingeschlossen".

AVIVA-Tipp: Mit ihrem besonderen Blick für das Portraitieren von Menschen schafft es Angelika Platen, dass wir Künstlerinnen in ausdrucksstarken Fotografien kennenlernen. Die von der Kunsthistorikerin Swantje Karich verfassten Begleittexte geben weitere Einblicke in die Karriere einzelner Künstlerinnen und deren Beziehung zur Fotografin.

Zur Fotografin: Angelika Platen wurde am 19. Februar 1942 geboren. Sie studierte zunächst Orientalistik in Berlin und anschließend Fotografie an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. 1968 begann Platen ihre ersten Portraits aufzunehmen und hatte ein Jahr später ihre erste Einzelausstellung im Hamburger Künstler*innenklub "Die Insel". Von 1970 bis 1972 arbeitete sie als Journalistin für Die Zeit. Danach leitete sie die Galerie in der Milchstraße von Gunter Sachs bis sie 1976 nach Paris zog und als Abteilungsleiterin für Werbung und Kommunikation in der Automobilindustrie arbeitete. 1997 nahm sie die Fotografie wieder auf. Sie hatte unter anderem Einzelausstellungen im Martin-Gropius-Bau, den Staatlichen Museen zu Berlin und im Willy-Brandt-Haus. Seit 2018 widmet sich Angelika Platen in ihren Fotografien ausschließlich Künstlerinnen. Sie lebt und arbeitet in Berlin und Südfrankreich.
Mehr Infos auf der Homepage der Fotografin: www.angelikaplaten.com

Zur Kunsthistorikerin Swantje Karich wurde 1978 in Leverkusen geboren. Sie studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Philosophie in Bonn und Leicester. Danach besuchte sie die Berliner Journalisten-Schule. Bis 2020 war sie stellvertretende Chefredakteurin beim Kunstmagazin "BLAU". Seit 2020 ist sie Managing Editor im Feuilleton von "Die Welt" und "Welt am Sonntag".

Zur Journalistin Julia Voss wurde 1974 in Frankfurt am Main geboren. Sie studierte Neuere Deutsche Literatur, Kunstgeschichte und Philosophie in Freiburg im Breisgau, London und Berlin. Sie erhielt mehrere Preise, darunter der Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. 2013 kuratierte sie die Ausstellung "1938. Kunst, Künstler, Politik" im Jüdischen Museum Frankfurt. 2020 erschien ihr Buch "Die Menschheit in Erstaunen versetzen: Hilma af Klint – Life and Work. Biography" beim S. Fischer Verlag, das für den Preis der Leipziger Buchmesse 2020 nominiert war. Sie lehrt als Honorarprofessorin an der Leuphana Universität in Lüneburg.

Angelika Platen
Meine Frauen

Text(e) von Swantje Karich, Julia Voss, Gestaltung von Andreas Koch
Hatje Cantz Verlag, erschienen 2021
Gebunden, 256 Seiten, 200 Abbildungen
Schweizer Klappenbroschur
16,50 x 22,00 cm
ISBN 978-3-7757-4881-0
40,00 Euro
Deutsch, Englisch
Mehr zum Buch unter. www.hatjecantz.de

Ausstellung

Am 19. Februar 2022 feiert die Fotografin Angelika Platen ihren achtzigsten Geburtstag. Aus diesem Anlass zeigt die Galerie Michael Haas eine Auswahl ihrer "Platen Artists". Die Fotografien treten in ein Zwiegespräch mit Kunstwerken aus den Beständen der Galerie, mit Gemälden und Skulpturen u. a. von Eva Aeppli, Georg Baselitz, Almut Heise, Leiko Ikemura oder Markus Lüpertz. Im Kunst Lager Haas erzeugen sie ein außergewöhnliches Zusammenspiel zwischen fotografierter Künstlerinbiografie und Kunstwerk.

Eröffnung
20. Februar 2022, 11 – 16 Uhr
Veranstaltungsort
Kunst Lager Haas
Lise-Meitner-Str. 7–9
10589 Berlin
Die vermutlich bis Ende März 2022 gezeigt.
Mehr Infos unter: gallerymichaelhaas.com

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Texten der Fotografin. Zu ihren Fotos erzählt Angelika Platen von den persönlichen Begegnungen mit den KünstlerInnen und der Atmosphäre bei den Aufnahmen.

Seit einem halben Jahrhundert konzentriert sich die Fotografin auf KünstlerInnenportraits. Ende der 60er-Jahre beginnt sie mit wegweisenden Persönlichkeiten wie Beuys, Broodthaers, Darboven, Gilbert & George, Koons, Polke, Richter oder Warhol ihre "Platen Artists"-Serie. Sie zeigt die KünstlerInnen im Kontext mit ihren Werken und entwickelt dabei immer wieder überraschende, neue Kompositionen. Im entspannten Dialog mit der Fotografin scheinen die KünstlerInnen den BetrachterInnen persönlich zu begegnen, neue Aspekte ihrer Arbeit werden sichtbar.
Seit 1998 werden Retrospektiven ihrer Arbeit unter anderen im Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main, im Martin Gropius Bau, Berlin, im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, im Fries Museum, Leeuwarden, in der Galleria d´Arte Moderna, Bologna, im Museum für Zeitgenössische Kunst, Bukarest, in der Städtischen Galerie Delmenhorst sowie im Willy-Brandt-Haus, Berlin, gezeigt. Darüberhinaus sind ihre Aufnahmen in zahlreichen institutionellen Sammlungen vertreten.
Angelika Platen lebt und arbeitet in Berlin und Südfrankreich.
(Quelle: Pressemitteilung Galerie Michael Haas)

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Angelika Platen – Künstler
Mehr als fünfhundert KünstlerInnen hat Angelika Platen in Ateliers, Galerien, auf Biennalen und bei Auktionen fotografiert. Überraschende Schwarz Weiß Fotografien dokumentieren Stationen einer vorsichtigen Annäherung und eines intensiven Dialogs. (2010)



Literatur

Beitrag vom 03.02.2022

AVIVA-Redaktion