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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 26.10.2009


Mit Bilderbüchern wächst man besser
Sunna Krause-Leipoldt

Die meisten Menschen finden Bücher für Kleinst- und Kleinkinder niedlich oder bestenfalls aufwändig gestaltet. Wie falsch sie damit liegen, zeigt das Buch von Nicola Bardola, Stefan Hauck ...




... Mladen Jandrlic und Susanna Wengeler.

"Mit Bilderbüchern wächst man besser" wirkt mit einem Einband, dessen Gestaltung mit Arbeiten von Philip Waechter an "Der kleine Prinz" denken lässt, auf den ersten Blick selbst wie ein Buch für Kinder. Die vier AutorInnen haben jedoch mit ihrem Wissen über die Szene der Kinder- und Jugendliteratur ein Sachbuch für Eltern, ErzieherInnen, BibliothekarInnen und Buchhandlungen geschaffen, das nicht einfach nur Ratgeber für die Kaufentscheidung sein soll, sondern vielmehr Verständnis für diese vielfach unterschätzte Form der Literatur wecken und Begeisterung erzeugen will.

Durch Bilderbücher haben Kinder den ersten Kontakt mit Literatur in ihrem Leben. Sie sollen dazu beitragen, die Lust an Geschichten zu wecken und die Kreativität und Freude für das Erzählen zu entwickeln. Doch auch für die Erwachsenen haben sie große Bedeutung, denn Bilderbücher sind ein wichtiges Medium, um mit Kindern ins Gespräch zu kommen und gemeinsame Zeit zu verbringen.

"Mit Bilderbüchern wächst man besser" vermittelt in neun Kapiteln, warum Bilderbücher in verschiedenen Phasen der Entwicklung eines Kindes so wichtig sind, was ein gutes Buch ausmacht und wie man es lesen sollte. Die Bedeutung leitet sich hierbei aus den Betrachtungen der physiologischen und psychologischen Entwicklung in den ersten Jahren und Aspekten der Pädagogik ab. Die AutorInnen gehen besonders auf die sprachliche und emotionale Kompetenz ein, deren Ausprägung von Büchern begleitet und gefördert werden kann. Dabei sind die wissenschaftlichen Fakten in den einzelnen Beiträgen nicht trocken aufbereitet, sondern stets mit Bildern untermalt und in Bezug zu Fallbeispielen gesetzt.
Die ausgewählten Illustrationen werden jeweils hinsichtlich der von ihnen transportierten Aussage ausführlich erklärt und nicht selten geschieht es, dass LeserInnen erst durch den Text auf ein Detail hingewiesen werden, das einem Kind sofort auffallen würde.

Beim Lesen der Kapitel wie etwa "Ein Bilderbuch lädt dazu ein, die Welt zu begreifen" wird schnell klar, dass gute Bilderbücher lediglich oberflächlich betrachtet einfach nur "zum Angucken" da sind. Die unterschiedlichen Informationsschichten, Interpretationsspielräume und Anregungen, die in einem einzigen Bild enthaltenen sind, treten im Verlauf der Erläuterungen durch die AutorInnen wie nebenbei zu Tage. Sie machen deutlich, dass auch für diesen Bereich der Literatur gilt, dass Buch eben nicht gleich Buch ist. "Mit Bilderbüchern wächst man besser" will neben der expliziten Empfehlung einzelner Werke eine Anleitung dafür sein, wie in der großen Masse die kleinen Schätze entdeckt werden können, die mehrere Generationen von Kindern in ihren ersten Lebensjahren begleiten.

Doch selbst das spannendste Buch hat keinen Wert, wenn man es nicht zu lesen versteht. Das gilt besonders für Bilderbücher, deren hauptsächlicher Sinn darin besteht, sie gemeinsam zu erleben. Darum befassen sich die vier AutorInnen auch mit der Frage, wie man Bilderbücher lesen sollte. Sie geben Tipps zur Einführung von Ritualen in verschiedene Lebensbereiche eines Kindes, in denen das Lesen eines Buches eine zentrale Rolle spielt. Wichtig für Eltern sind zudem die Hinweise, wie ein Kind ein Buch "vorgelesen" bekommen sollte. Kaum jemand bedenkt vorher, was für eine Herausforderung ein Bilderbuch darstellt, das ganz ohne Text auskommt.

AVIVA-Tipp: "Mit Bilderbüchern wächst man besser" ist eine sehr gelungene und, für ein Sachbuch, überraschend unterhaltsam geschriebene Einführung in die Welt der Bilderbücher. Wer Hilfe sucht, um sich auf dem Markt zu orientieren und die richtige Auswahl zu treffen, findet in dieser Arbeit konkrete Empfehlungen mit ausführlichen Beschreibungen und Illustrationen. Dabei ist dieses Buch eher sekundär als Kaufberatung gedacht. Das eigentliche Anliegen der AutorInnen besteht vielmehr darin, Verständnis für die Bedeutung von Bilderbüchern bei der Entwicklung von Kindern und Faszination für die in ihnen verborgene Komplexität zu erzeugen.
Aufmerksame LeserInnen werden am Ende der Lektüre erstaunt sein, wie falsch das oft gepflegte Selbstbildnis von LehrerInnen, die einem kleinen Kind mit einem Bilderbuch etwas beizubringen versuchen, doch ist. Wenn jemand etwas darüber lernen muss, wie man mit dieser Form von Literatur umgeht, sind es die Erwachsenen.

Zu den AutorInnen:

Nicola Bardola
, geboren 1959 in Zürich, studierte Germanistik, italienische Literatur und Philosophie und verfolgt die Entwicklung des Marktes für Kinder- und Jugendbücher seit 1985.

Stefan Hauck, geboren 1964 in Hofheim am Taunus ist Juror u.a. beim Unesco-Kinderbuchpreis für Toleranz, Die besten 7 und beim Deutschen Jugendliteraturpreis.

Mladen Jandrlic, geboren 1959 in Jugoslawien arbeitete als Lehrer in Passau, Skanderborg (Dänemark) und Buchs (Schweiz) und hat unter dem Namen Karl Rühmann mehrere Bilderbücher veröffentlicht.

Susanna Wengeler, geboren 1971 in Düsseldorf studierte nach einer Ausbildung zur Buchhändlerin Germanistik und Allgemeine Sprachwissenschaften und arbeitet seit 2000 als Redakteuren bei der Fachzeitschrift BuchMarkt.

Zum Illustrator: Philip Waechter geboren 1968 in Frankfurt am Main, studierte Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt Illustration und arbeitet heute als freier Grafiker und Illustrator in der Ateliergemeinschaft LABOR, die er 1999 mit gründete.

Mehr zu dem Buch und den AutorInnen
www.mit-bilderbuechern-waechst-man-besser.de

Nicola Bardola, Stefan Hauck, Mladen Jandrlic, Susanna Wengeler
Mit Bilderbüchern wächst man besser

Thienemann Verlag, erschienen September 2009
Klappenbroschur, 160 Seiten, illustriert, 14,90 Euro
ISBN 978-3-522-43631-1
cms.thienemann.de

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Beitrag vom 26.10.2009

AVIVA-Redaktion