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Beitrag vom 02.08.2008
Der Außenseiter – Sadie Jones
Sabine Grunwald
Lewis wird mit dem tragischen Unfalltod seiner Mutter nicht fertig. Er entwickelt sich zum Außenseiter, da niemand in der Lage ist, ihm zu helfen. Eine Verzweiflungstat bringt ihn ins Gefängnis.
Gilbert Aldridge kehrt äußerlich unbeschadet 1945 aus dem Krieg zurück und knüpft wieder nahtlos an sein altes Leben in der Kleinstadt an. Sein kleiner Sohn Lewis versucht sich mit der veränderten Situation zu arrangieren, denn bisher spielte er im Leben seiner schönen Mutter Elizabeth die Hauptrolle. Nun muss er sie mit dem zurückgekehrten Familienoberhaupt teilen.
Bei einem gemeinsamen Badeausflug geschieht das Unfassbare, die leicht angetrunkene Mutter kommt nach einem Tauchgang nicht wieder an die Oberfläche und ertrinkt. Das Kind gibt sich die Schuld an dem Vorfall und wird immer verschlossener. Der Vater will und kann nicht helfen und setzt ihm nach ein paar Monaten eine neue Stiefmutter vor.
Alice ist jung, schön und überfordert. Sie schafft es nicht, an Lewis heranzukommen, der sich immer einsamer und verlorener fühlt. Auch die anderen Kinder können mit dem schweigsamen Lewis nicht umgehen, dessen Ohnmachtsgefühle in Autoaggression umschlagen. Das Einzige was ihn etwas spüren lässt, sind die Verletzungen, die er sich mit dem Rasiermesser des Vaters selbst beibringt. Der Enge des Zuhauses versucht er immer wieder durch Alkohol und heimliche Ausflüge in ein Londoner Jazzlokal zu entkommen. Eines Tages macht er seinen aufgestauten Gefühlen der Wut und Trauer durch eine Kurzschlusshandlung Luft, die ihn für zwei Jahre hinter Gitter bringt.
Nach seiner Entlassung kehrt der Neunzehnjährige mit dem Vorsatz nachhause zurück, von nun an alles besser zu machen. Doch nichts läuft richtig gut. Der Vorgesetzte seines Vaters, Dicky Carmichael, versucht ihn zu schikanieren und bloßzustellen, wo er nur kann. Auch die anderen Nachbarn und wenigen ehemaligen Spielgefährten verhalten sich ihm gegenüber feindselig oder ignorieren ihn. Bis auf Kit, die Tochter von Dicky. Sie allein ist in der Lage, hinter die Fassade von Lewis zu schauen und liebt ihn schon seit ihrer Kindheit. Auch Lewis stellt allmählich fest, dass Kit kein Kind mehr ist und schreitet zur Tat, als er feststellt, dass die Sechzehnjährige seit Jahren von ihrem Vater misshandelt wird.
Der Roman, der in der 50er Jahren angesiedelt ist, spiegelt die Heuchelei und moralinsaure Atmosphäre der so genannten guten Gesellschaft bis ins kleinste Detail wider. Sonntags treffen sich alle in der Kirche, zuhause setzt es Prügel. Auf den Gesellschaften wird getrunken, über die Fehltritte der Nachbarn hinter vorgehaltener Hand getuschelt und nach außen gelächelt. Die perfekte Fassade ist das Wichtigste in dieser Gemeinschaft. Menschen, die diese Heuchelei nicht ertragen, haben keine Chance und werden gnadenlos ausgegrenzt.
Zur Autorin: Sadie Jones lebt mit ihrer Familie in London. "Der Außenseiter" ist ihr erster Roman.
Zur Ãœbersetzerin: Brigitte Walitzek lebt in Berlin. Sie ist Ãœbersetzerin von Margaret Atwood, Jeanette Winterson, Carson McCullers, Margaret Forster und Virginia Woolf.
AVIVA-Tipp: Wortgewaltig und verstörend, mit großem psychologischem Einfühlungsvermögen erzählt Sadie Jones die Geschichte eines Außenseiters, der es am Ende doch noch schafft, gegen die Heuchelei seiner Umgebung anzukommen und in eine selbst bestimmte Zukunft aufzubrechen.
Sadie Jones
Der Außenseiter
Originaltitel: The Outcast
Ãœbersetzung aus dem Englischen von Brigitte Walitzek
Schöffling Verlag, erschienen Juni 2008
Hardcover, 416 Seiten
ISBN 978-3-89561-385-2
22,90 Euro
Das gleichnamige Hörbuch erscheint bei Jumbo/Goyalit.