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Beitrag vom 23.11.2009
Immacolata Amodeo, Heidrun Hörner, Christiane Kiemle - Literatur ohne Grenzen. Interkulturelle Gegenwartsliteratur in Deutschland
Claire Horst
Grundlage des Bandes sind die Beiträge zu einem Literaturfestival, das im Herbst 2008 in Bremen stattfand. Auf der "Globale – Festival für grenzüberschreitende Literatur" waren AutorInnen ...
... unterschiedlicher thematischer und stilistischer Ausrichtung und Herkunft vertreten.
Die Festival- Veranstalterinnen und Herausgeberinnen sehen in der Existenz interkultureller Literatur deutscher Sprache ein Zeichen dafür, dass "kulturelle und sprachliche Grenzen zum Überschreiten da" seien. Diese Literatur sei aufgrund der Mehrsprachigkeit und mehrfachen kulturellen Prägung der AutorInnen "ganz selbstverständlich den Anforderungen der Globalisierung gewachsen." Trotzdem betonen sie, dass es eher um die ästhetische Qualität der Texte gehen solle als nur um biografische Aspekte.
Elf SchriftstellerInnen sind in dem Band vertreten, der zugleich eine Zusammenfassung der Ergebnisse des Globale- Festivals darstellt. Carlos Aguilera, Esmahan Aykol, Carmen-Francesca Banciu, Sujata Bhatt, Franco Biondi, Marica Bodrožiæ, Sherko Fatah, Léda Forgó, Zsuzsanna Gahse, Sudabeh Mohafez und Yoko Tawada stammen aus verschiedenen Ländern und unterscheiden sich voneinander auch aufgrund ihrer Schreibstile.
In einem ersten Teil des Bandes werden die AutorInnen in Einzelporträts vorgestellt, darauf folgt der Teil "Lebensläufe", der Gesprächsprotokolle zu den Biografien der AutorInnen versammelt. Der Schwerpunkt der Gespräche liegt dabei auf den Themen Exil und Bikulturalität – vielleicht lässt sich die Einengung auf die Herkunft der AutorInnen tatsächlich nicht vermeiden, wenn es um "interkulturelle Literatur" gehen soll. Schade ist es dennoch, dass für weitere biografische Themen somit nur wenig Raum bleibt.
In weiteren Abschnitten beschäftigen sich die AutorInnen mit dem "Schreiben – zwischen Handwerk und Kunst" und mit der Sprache – nicht nur unter dem Aspekt der Mehrsprachigkeit. Besonders spannend – ein Pluspunkt des Buches ist generell seine Klarheit und Lesbarkeit – sind die Unterhaltungen über "literarische Bezugspunkte". Woher stammen die Anleihen in den Werken dieser SchriftstellerInnen? Was lesen sie selbst? Durch die Herangehensweise, Auszüge aus den Diskussionsbeiträgen abzudrucken, vermittelt sich das Gefühl, man habe selbst an dem Festival teilgenommen.
AVIVA-Tipp: Insgesamt ein spannender Band, der durch seine große Lesbarkeit hervorsticht. Ein kleines Manko, das auf dem Aufbau des Buches beruht, liegt in der Wiederholung. Stellenweise werden einzelne Aussagen bis zu dreimal zitiert, weil sie in verschiedene Kapitel passen – für die Leserin ist das etwas ermüdend und vermittelt keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn. Ein weiterer Kritikpunkt hat aber stärkeres Gewicht: Warum war es den Herausgeberinnen nicht möglich, zumindest kurze literarische Texte der AutorInnen mit aufzunehmen? Trotz aller Beteuerungen, dass ihr Werk und nicht ihre Herkunft im Mittelpunkt stehen solle, werden sie somit erneut mehr als MigrantInnen denn als Schriftstellerinnen präsentiert. Das ist schade, weil ihre Aussagen Lust machen, mehr von ihnen zu lesen.
Zu den Herausgeberinnen: Immacolata Amodeo ist seit 2004 Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Jacobs University Bremen. Heidrun Hörner promoviert an der Jacobs University Bremen über die französisch- bzw. deutschsprachige Literatur chinesischer AutorInnen. Christiane Kiemle promoviert an der Jacobs University Bremen über Gegenwartsliteratur in Italien.
Literatur ohne Grenzen: Interkulturelle Gegenwartsliteratur in Deutschland: Porträts und Positionen. Herausgegeben von Immacolata Amodeo, Heidrun Hörner, Christiane Kiemle
Broschiert, 240 Seiten
Ulrike Helmer Verlag, erschienen am 28. Oktober 2009
ISBN: 978-3897412873
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