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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 03.03.2010


Lonelady - Nerve Up
Tatjana Zilg

Aus den britischen Nebelschleiern erhebt sich ein neues Talent. In einem alten Fabrikgebäude hat die Allround-Musikerin ihr Debüt kreiert, das scheppernde, sexy Beats in eine glamouröse, ...




... dunkelglitzernde Melodiösität taucht, die wie von Joy Division inspiriert wirkt.

Die Kult-Band um Ian Curtis zählt zu den musikalischen Vorbildern, die Lonelady im Geiste um sich sammelte, als sie ihre ersten Songs ins Leben rief. Weitere Referenzen sind Wire, The Fall, Suicide und Pil. Das Ergebnis klingt aber weder wie ein dem Gestern nachtrauerndes Retropackage noch wie melodramatischer No Wave oder puristischer Punk.

Rebellisches Blut pocht auch in ihr, wie bereits der Titel "Nerve Up" verrät. Zugleich zeigen ihre Songs zeitgemäße Gesichter, die nicht in Melancholie oder Zukunftspessimismus versinken, sondern durch muntere Electro-Beats explosives Temperament versprühen. So denkt die Zuhörerin beim Lauschen nicht unbedingt an die glorreichen Bands der 1980er Jahre. Vielmehr blitzen Analogien zu ZeitgefährtInnen wie The Ting Tings, The Gossip und Ebony Bones auf.

Wobei Lonelady nicht wie diese die Aufmerksamkeit durch ein provokantes Outfit auf sich ziehen will. Sie gibt sich eher schlicht-elegant in Schwarz-Weiß. So entsteht ein geheimnisvoller Effekt, der auf andere Art die Neugier weckt.

Geboren wurde die Tonmeisterin unter dem Namen Julie Campell zwei Meilen östlich vom Stadtkern Manchesters in einer Gegend, wo Armut das Straßenbild prägt. Sozialwohnungen, heruntergekommene Bars, wenig Grünflächen und verschmutzte Kanäle waren ihre Wegbegleiter beim Erwachsenwerden. Bis heute verbindet sie eine Hassliebe mit der ArbeiterInnenstadt.

Sie entschied sich bewusst, dort, wo sie aufwuchs, ihr erstes Album auszutüfteln. Anstatt in London in relativ bequemer Art in ein Studio zu gehen, errichtete sie sich in einem maroden Fabrikgebäude ein kleines Studio, um dadurch ihrem musikalischen Erstling gebührlichen Respekt zu zollen. Denn Debütalben sind für sie etwas ganz Besonderes: Sie sieht in ihnen das Ergebnis eines lang anhaltenden Kampfes, gekennzeichnet von unverfälschter Echtheit und zügelloser Entschlossenheit.

Der selbsternannten Writerin, Sängerin und Gitarristin gelang ein progressiv verspieltes, musikalisch pointiertes, elektronisch mitreißendes Fairytale. Atemberaubend schnellen ihre zehn Songs dahin, dennoch ist auch für poetische Ruhepunkte gesorgt. Ihr Gesang erkundet geschickt Nischen, Höhenlagen, Eck- und Kantpunkte der eigenen Kompositionen. Einprägsam bleibt er in den Ohren hängen und ähnelt einem Konglomerat aus der Stimme Sinead O´Connors, Grace Jones und Annie Lennoxs - so ausgefeilt und sinnlich ist ihr Gesang bereits auf dem Debüt.

An hypnoiden Hooklines mangelt es ebenfalls nicht. Der Titelsong "Nerve Up" klebt diese mit einer knappen, aber unwiderstehlichen Bassline und hektisch-aufgeregten Drums in die Gehirnhemisphären der ZuhörerInnen. "Immaterial" legt im Tempo noch einen Zahn nach und ist wie die Großzahl der Songs auch für die Tanzfläche sehr empfehlenswert. Die Liebe zum Punk kommt im Tempo-Kracher "Early The Haste Comes" zum Vorschein, auch wenn die Akkord-Reduktion hier weitaus mehr electro-clashiger umgesetzt ist als bei den früheren No Future-Geweihten. Gegen Ende wird es eine Stufe ruhiger mit "Have No Past" und dem Slow-Motion-Track "Fear No More", wo Lonelady durch einen minimalistischen Instrumenteneinsatz ihre Stimme ganz in den Vordergrund treten lässt.

Lonelady im Netz: www.lonelady.co.uk und http://www.myspace.com/hiholonelady

Weiterhören auf AVIVA-Berlin: Ebony Bones und The Gossip

AVIVA-Berlin: Zwischen einer widerständigen Kraft und einem feminin-dunkelschönen Charme siedeln sich die Songs von Lonelady an. In den grauen Hochhauswelten von Manchester in einer ehemaligen Fabrik ans Licht der Welt gelockt, sind sie nun bereit, sich zu verselbstständigen und sich in Berliner Altbauwohnungen, trendigen Clubs und den Chill-Out-Parkparties des kommenden Sommers auszuprobieren.

Lonelady
Nerve Up

Label: Warp Records, Rough Trade, VÖ Februar 2010



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Beitrag vom 03.03.2010

AVIVA-Redaktion