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AVIVA-BERLIN.de im März 2023 - Beitrag vom 27.01.2003


Tempodrom - der Betrieb geht weiter
Anja Kesting

Totgesagte leben länger - dieses Sprichwort scheint sich auch im Fall des Tempodroms zu bewahrheiten. "Das Schmuddelkind des Senats wird sich weiterhin behaupten", betont Arnulf Rating (Maulheld).




"Egal, was in der Presse steht, der Betrieb geht weiter", unterstreicht Irene Moessinger, Geschäftsführerin der Tempodrom GmbH, vehement den Fortbestand des Tempodroms. Das einzige Cross-over-Kultur-Veranstaltungshaus in Deutschland soll nicht zum Spielball der Politik werden, darüber sind sich die drei Betreiber einig. Nicht nur sie! Auch alle KünstlerInnen wollen wiederkommen.

Nach 13 Monaten am neuen Standort am Anhalter Bahnhof zogen die drei Betreiber, die Einhorn GmbH, die Toscana GmbH und die Tempodrom GmbH, jetzt Bilanz. "100 Prozent der geplanten Ziele der Tempodrom GmbH sind erreicht worden, sämtliche Verpflichtung gegenüber der Stiftung konnten erfüllt werden" erklärt Geschäftsführer Norbert Waehl, der vor 23 Jahren gemeinsam mit Irene Moessinger das Tempodrom gründete.

Die ganze Misere, falls es nicht eine dahergeredete ist, verdankt das Tempodrom der Wiedervereinigung und dem Bundeskanzler. Berlin wurde Bundeshauptstadt und der erste Mann im Staat wollte gern an der Spree arbeiten. Also musste das Tempodrom seine Zelte abbauen und sich einen neuen Standort suchen. "Aus dem Verständnis einer Ludwigshafener Vorstadtmentalität heraus, ist eine Mixkultur nicht unterstützenswert", äußert Arnulf Rating, künstlerischer Leiter des Maulhelden Festivals, das größte seiner Art in Deutschland, wenn nicht darüber hinaus. So erhält das Tempodrom im Jahr 2003 Null Euro an Förderung. Wurde aber vorher auch nicht großzügig bedacht. "Wir erhielten 3 Millionen Euro dafür, dass wir unseren Standort räumen mussten, Toyota bekam 10 Millionen Euro", zeigt Irene Moessinger die unterschiedlichen Bemessungsmaßstäbe, die die Regierung anlegte, auf.

Als feststand, dass das Tempodrom umziehen muss, gründeten Moessinger und Waehl 1995 die Stiftung "Neues Tempodrom", steuerten privates Vermögen bei, akquirierten weitere Sponsoren, erhielten Kredite und eine Bürgschaft des Landes Berlin, so dass letztendlich 22,5 Millionen Euro für das Bauvorhaben und 2,5 Millionen Euro für Begleit- und Nebenkosten sowie Veranstaltungen innerhalb der Bauphase zur Verfügung stand.

Den Ertrag- und Finanzplan, auf den das Tempodrom fußt, prüfte die renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Price Waterhouse, Coopers, der Senat gab auch sein OK, alles hätte wunderbar sein können. "Hätte!", so Klaus Böhm, Geschäftsführer des Liquidroms (Toscana GmbH) "aber die Bauleitung und das Kostencontrolling haben vollkommen versagt, die Baukosten sind denen aus dem Ruder gelaufen". So dass 2001 eine Nachfinanzierung von 7 Millionen Euro notwendig wurde.

Konsequenterweise, obwohl schuldlos, legten Moessinger und Waehl ihre Ämter im Stiftungsrat nieder, deren Posten übernahmen die Investitionsbank und der Senat.

"Derzeit sind wir eine der bestausgebuchtesten Veranstaltungshallen in Berlin", betont Klaus Böhm, "mit guter Perspektive für 2003." Obwohl die Toscana GmbH und die Einhorn GmbH (Catering) 2002 einen Fehlbedarf von 500.000 Euro an umsatzbezogener Pacht erwirtschaftete, schauen sie äußert optimistisch in die Zukunft. Denn dieser Fehlbetrag setzt sich aus dem Umstand zusammen, dass zum einen das Liquidrom erst fünf Monate später als geplant in Betrieb ging, und zum anderen, dass nach dem 11. September 2001 viele Veranstaltungen abgesagt wurde. "Seit den acht Monaten unserer Eröffnung haben wir keinen Verlust erwirtschaftet", betont Klaus Böhm und das soll auch so bleiben!




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Beitrag vom 27.01.2003

AVIVA-Redaktion