Axe 2012. Widerlich statt witzig - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Public Affairs



AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 29.02.2012


Axe 2012. Widerlich statt witzig
Annika Hüttmann

Die angeblich für dieses Jahr von den Mayas prophezeite Apokalypse hat die Deo-Marke Axe zu einer großen Werbekampagne inspiriert, die dieses Thema aufgreift. Diese strotzt nur so vor Sexismus...




... wie es für Axe-Werbung üblich ist. Als "Bonus" gibt es diesmal aber noch eine ordentliche Portion Rassismus dazu.

Unter dem Motto "Mach das Beste draus" werden heterosexuelle Männer aufgefordert, die Zeit, die ihnen noch bleibt, voll auszukosten. Damit das auch gelingt, hat Axe wertvolle Tipps auf riesige Plakate gedruckt und sie in der ganzen Stadt aufgehängt.

Hier eine kleine Auswahl:

"Such dir ne Stellung als Missionar"
"Egal, was sie trinken will - Besorg´s ihr"
"Nimm nur gut Gebautes"
"Feier, bis die Ärztin kommt"
"Prüf sie mündlich"
"Erfüll ner Fee drei Wünsche"
"Komm noch mal unplanmäßig"

Einen Werbespot gibt es auch, in diesem baut ein junger Mann eine Arche, sprüht sich dann mit Deo ein, worauf eine riesige Schar (wunderschöner, junger) Frauen willenlos ins Schiff strömt.

Ja, natürlich ist diese Werbung überspitzt und versucht ein Augenzwinkern. Nur ist das nicht lustig, sondern macht alles noch schlimmer. Erst so wird es möglich, sexistisch, lookistisch und rassistisch zu sein, damit ein Produkt zu verkaufen, und, falls sich dann jemand aufregt, aber sagen zu können: "War doch nicht ernst gemeint, jetzt sei mal nicht so humorlos."
Doch. Ich werde jetzt so humorlos sein und ausführen, warum nichts, wirklich gar nichts an dieser Werbung witzig ist.

Die Plakate und der Spot haben alle die Gemeinsamkeit, dass der Mann eine aktive Position einnimmt, während Frauen lediglich passive Objekte sind, die der sexuellen Befriedigung des Mannes zu dienen haben. Um sich eine Frau zu "nehmen" muss mann nichts weiter tun als sich mit einem Deo einzusprühen - schon gehorcht die Frau nicht mehr ihrem eigenen Willen, sondern einem Instinkt, sich der besprühten Person zur Verfügung zu stellen. Toll! Axe ist also die legale Variante von K.-o.-Tropfen! Viel näher kann mensch einer Aufforderung zur Vergewaltigung nicht mehr kommen.

Das ist nur eines von vielen Plakaten, dieses hier wurde fotografiert am Kottbusser Tor in Berlin. © Annika Hüttmann



"Such dir ne Stellung als Missionar" bezieht sich natürlich einerseits auf die Missionarsstellung, aber während auch hier der Mann aufgefordert wird, sich eine Frau zu erjagen, kommt noch ein weiterer abstoßender Aspekt hinzu. Für dieses Wortspiel wird nämlich ignoriert, welche Rolle Missionare bei der Kolonialisierung spielten, als sie es sich aus einer Überzeugung von der Minderwertigkeit der dortigen Bevölkerung zum Ziel machten, diese zum christlichen Glauben zu bekehren. Axe aber stellt Missionare als etwas Positives dar. "Klingt gut, klingt mächtig - wen interessiert schon Geschichte?"
Ein ausführlicher Beitrag zu diesem Thema ist auf dem Blog "Drop the thought" zu lesen.

Mit "Nimm nur gut Gebautes" lässt Axe dann noch etwas Lookismus in die Kampagne einfließen. Eine Frau - beziehungsweise das Objekt, das "gut Gebaute" hat natürlich gewisse Schönheitsideale zu erfüllen um der Aufmerksamkeit des Mannes würdig zu sein. Hier wird besonders deutlich, dass es in der Welt der Deo-Marke unvorstellbar ist, eine weibliche Person könne mehr als ein schönes Spielzeug für den Mann sein.

Die überspitzte Form des männlichen Stereotyps vom sexhungrigen, mächtigen Jäger, die das angebliche Augenzwinkern der Kampagne ausmacht, reproduziert, legitimiert und normalisiert Sexismus. Denn auch wenn sich wohl kaum jemand aufgefordert sehen wird, die Sprüche der Plakate exakt umzusetzen, wird dem heterosexuellen, weißen Mann bestätigt, dass ihm die Welt gehört und vorgeschrieben, wie ein " richtiger" Mann zu denken hat. Durch das Weltuntergangsszenario deutet Axe an, dass er sich unter "normalen" Umständen nicht so verhalten kann, wie er eigentlich möchte. Diese Werbung sollte also nicht nur bei Frauen Übelkeit auslösen, sondern auch bei allen männlichen Personen, die ihren Lebensinhalt nicht auf die Suche nach Sex reduziert sehen wollen.

Eins ist klar: Kampagnen wie diese dürfen nicht einfach hingenommen werden!
Die "Bezugsgruppe Beckham" ruft unter dem Motto "Sexistischen Werbekampagnen eine kleben!" zur Intervention auf, eine offiziellere Möglichkeit gegen Axe vorzugehen wäre eine Beschwerde beim "Deutschen Werberat". In der Vergangenheit konnte Axe sich bei solchen Beschwerden mit dem Argument herausreden, ihre sexistischen Kampagnen seien doch nur Spaß. Sie sind kein Spaß. Sie sind zum Kotzen. Und deswegen sollte mensch nicht aufhören, sich zu beschweren, denn sonst geht sie vielleicht wirklich unter, die Welt.


Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Die Axe-Kampagne 2006. Reaktionen unserer LeserInnen

Sexismus in der Werbung

Watchgroup gegen sexistische Werbung




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Beitrag vom 29.02.2012

Annika Hüttmann