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Beitrag vom 08.01.2024
Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt führt Antidiskriminierungsklausel ein. Update: Alles auf Anfang. Die Senatsverwaltung knickt ein...
AVIVA-Redaktion
Ab Januar 2024 werden Zuwendungen der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt gemäß der Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) mit einer Antidiskriminierungsklausel versehen. Mit dieser Maßnahme soll die Prävention von Diskriminierung und Antisemitismus verstärkt werden. AVIVA unterstützt die neue Klausel. Unterschreibt hier! Shame on you, Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt: "Antidiskriminierungsklausel kommt ab sofort nicht mehr zur Anwendung" (PM 22.1.24).
Der Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Joe Chialo:
"Kunst ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält, sie dient dem Austausch miteinander, ist oft Reibungsfläche, an der sich Debatten entzünden und gibt Denkanstöße. Kunst ist frei! Aber nicht regellos. So tragen die Kulturinstitutionen sowie fördernde Stellen Verantwortung dafür, dass mit öffentlichen Geldern keine rassistischen, antisemitischen, queerfeindlichen oder anderweitig ausgrenzenden Ausdrucksweisen gefördert werden. Mit unseren jetzt umgesetzten Maßnahmen wie der entsprechenden Modifizierung der Förderrichtlinien, der Selbstverpflichtung sowie der Antidiskriminierungsklausel in den Förderbescheiden möchten wir das gewährleisten."
Zuwendungsbescheide werden fortan nur noch mit der neu entwickelten Antidiskriminierungsklausel verschickt. Zugleich werden die Förderrichtlinien durch einen entsprechenden Passus und eine Selbsterklärung ergänzt.
Alle potentiellen Zuwendungsempfängerinnen und –empfänger bekennen sich damit zu einer vielfältigen Gesellschaft und gegen jede Form von Antisemitismus gemäß der Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) und ihrer Erweiterung durch die Bundesregierung. Sie verpflichten sich darüber hinaus dazu, alles Notwendige zu veranlassen, um sicherzustellen, dass die gewährten Fördergelder keinen Vereinigungen zugutekommen, die als terroristisch und/oder extremistisch eingestuft werden.
Anmerkung der AVIVA-Redaktion:
Und das ist gut so!
Sharon Adler mit AVIVA-Berlin unterstützt die neue Klausel und fordert gemeinsam mit weiteren in Berlin lebenden Jüdinnen und Juden einen offenen Dialog. Unterschreibt hier!
Wir unterstützen die neue Klausel und fordern einen offenen Dialog!
Wir, die in Berlin lebenden Jüdinnen und Juden, möchten dem Senat dafür danken, dass er sich in den letzten Monaten mit der sehr realen Gefahr des zunehmenden Antisemitismus im und um den Kunst- und Kulturbetrieb in Berlin befasst hat.
Wir unterstützen die neue Klausel und fordern einen offenen Dialog mit Mitgliedern der Kunstszene auf der Suche nach einer echten Lösung, die darauf abzielt, den zunehmenden Antisemitismus einzudämmen.
Wir fordern einen stärkeren Schutz des jüdischen Lebens in Deutschland, eine stärkere Vertretung unserer Minderheit in Kunst und Kultur und unterstützen den Senat in seinen Bemühungen, der Rechtfertigung, Relativierung oder Leugnung des schrecklichen Massakers vom 7. Oktober in den künstlerischen Projekten ein Ende zu setzen, die er mit öffentlichen Mitteln fördert.
Israel ist, wie jede andere Nation auch, nicht perfekt, und Kritik an Israel und seiner Politik ist nicht per se antisemitisch, aber die Leugnung der Legitimität Israels, Rufe nach seiner Vernichtung oder Aufrufe zur Gewalt gegen Juden und/oder Israelis sind antisemitisch.
Wir stimmen daher der in der Klausel verwendeten Definition von Antisemitismus zu, da sie die Bedeutung der freien Meinungsäußerung und nicht-fremdenfeindlicher politischer Kritik anerkennt.
Die Wahrheit ist komplex –
Einerseits verstehen wir, dass künstlerische Freiheit für eine funktionierende Zivilgesellschaft von entscheidender Bedeutung ist und dass Künstler in Berlin, insbesondere solche mit Migrationshintergrund, aufgrund der aktuellen Lage in prekäreren Situationen sind.
Andererseits haben wir alarmierenden Antisemitismus erlebt, der von einer Vielzahl kultureller Institutionen gefördert oder toleriert wird: Clubs, die sich weigern, jüdische Feste auszurichten, die nichts mit dem Staat Israel zu tun haben; Kulturorganisationen, feministische Organisationen und gemeinschaftliche/politische Versammlungsorte, die blanken Terror als Akte des Widerstands rechtfertigen und dafür keinerlei Widerspruch aus der Kulturszene erfahren.
Von der Kulturszene in Berlin, die sich selbst als tolerant und offen bezeichnet, hätten wir erwartet, dass sie klare Grenzen zwischen berechtigter Kritik und verschiedenen Formen von Rassismus/Intoleranz – einschließlich Antisemitismus – zieht und sich selbst reguliert. Leider zeichnen die oben genannten Beispiele ein anderes Bild. Daher unterstützen wir voll und ganz die Maßnahmen des Senats und stärken seine unerschütterliche Entschlossenheit, Toleranz und Inklusivität für alle zu fördern.
Unterschreibe hier:
forms.gle
We support the new clause and call for an open dialogue!
We, Jews living in Berlin, would like to thank the Senate for addressing the very real concern of rising antisemitism in and around the art and culture fields in Berlin in the last few months.
We support the new clause and call for an open dialogue with members of the art scene, in search of a real solution that aims to mitigate rising antisemitism.
We call for stronger protections for Jewish life in Germany, stronger representation of our minority group in the art and culture, and support the Senate in its efforts to put an end to justification, relativization or denial of the horrific October 7th massacre in the artistic projects it selects for public funding.
Israel, just as any nation, isn´t perfect, and criticism of Israel and its policies isn´t in and of itself antisemitic, but that denial of Israel´s legitimacy, chants calling for its extermination, or calling to violence against Jews or Israelis are antisemitic.
We, therefore, agree with the definition of antisemitism used in the clause, as it acknowledges the importance of free speech and non-xenophobic political criticism.
We hold a complex truth -
On the one hand, we understand that artistic freedom is incredibly crucial to any functioning civil society and that artists in Berlin, especially those coming from migration backgrounds, are facing more precarious situations due to current circumstances.
On the other hand, we have experienced and witnessed alarming antisemitism promoted or tolerated by a variety of cultural institutions: Clubs refusing to host Jewish celebrations that have nothing to do with the state of Israel; cultural organizations, feminist organizations, and community/political gathering places justifying acts of plain terrorism as acts of resistance and facing no repercussions from within the cultural field.
We would have expected the cultural scene in Berlin, which describes itself as tolerant and welcoming, to draw clear lines between legitimate criticism and various types of racism/intolerance - including antisemitism - and regulate itself. Unfortunately, the aforementioned examples paint a different picture. Therefore, we fully support the Senate´s actions and strengthen its unwavering resolve to promote tolerance and inclusivity for all.
Sign here: forms.gle
Allerdings: Als Reaktion auf die Maßnahme zur Prävention von Diskriminierung und Antisemitismus haben Berliner Kulturproduzent*innen aller Sparten einen "Offenen Brief" aufgesetzt in dem sie "gegen den Bekenntniszwang zur umstrittenen IHRA-Definition von Antisemitismus als Voraussetzung für Kulturförderungen des Landes" protestieren.
Im Kontext des Beschlusses der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) in deren Fokus die Holocaust-Bildung, Gedenk und Forschung weltweit zu stärken ist diese Reaktion als äußerst fragwürdig zu werten. Auch dass zumindest einer der Unterzeichner bzw. Initiator offen die ruangrupa-Kuratoren der documenta 15 unterstützt, macht in diesem Kontext nur einmal mehr deutlich, wie sehr der Kulturbetrieb in Deutschland offen ist für Antisemitismus.
Quelle: Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, 04.01.2024 und 22.01.2024, https://www.berlin.de/sen/kultgz/aktuelles/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung.1402065.php und https://www.berlin.de/sen/kultgz/aktuelles/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung.1407434.php