Antisemitische Schriften auf türkischer Buchmesse in Berlin - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Public Affairs



AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 20.04.2006


Antisemitische Schriften auf türkischer Buchmesse in Berlin
Sarah Ross

Antisemitische Propaganda und Schriften werden meist offener verbreitet als uns bewusst ist. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die türkische Buchmesse (vom 14. April - 01. Mai 2006) in Kreuzberg.




Die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus machte in den vergangenen Tagen die Öffentlichkeit darauf aufmerksam, dass mitten unter uns, in regelmäßigen Abständen, antisemitische Hetzschriften im Rahmen der türkischen Buchmesse verbreitet werden. Schon im letzten Jahr fand die Buchmesse in den Räumen der Mevlana-Moschee am Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg statt. Sie bot unter anderem der inzwischen in Deutschland verbotenen islamistischen Tageszeitung "Vakit" die Möglichkeit, ihr Medium in der Öffentlichkeit zu präsentieren.
In diesem Jahr findet bereits die fünfte Berliner Buchmesse unter dem Titel Berlin 5. Kitap Fuari noch bis zum 1. Mai 2006 im Hinterhof der dem türkisch-islamistischen Milli Görüs nahe stehenden Mevlana-Moschee in der Skalitzer Strasse 131-132 statt.

Türkischer Verlage stellen im Rahmen der Buchmesse ihre Bücher vor und verkaufen sie. Dabei bilden türkischsprachige oder ins Türkische übersetzte antisemitische, rassistische und antidemokratische Hetzschriften keine Ausnahme: Sei es Henry Fords "The international Jew", herausgegeben vom Okumus Adam Verlag, oder die Protokolle der Weisen von Zion, mit einer "Darstellung" der Geschichte des Judentums von Will Durant und Roger Lamberlin, das Spektrum antijüdischer Bücher reicht ins Unermesslich.

Unter den zum Verkauf stehenden Büchern finden sich nicht nur Übersetzungen der Schriften des wichtigsten ägyptischen Muslimbruder Seyyid Kutub und populäre Bücher mit antisemitischen verschwörungstheoretischen Inhalten, sondern auch eine antisemitische VCD-Produktion. Die vom staatlichen iranischen TV-Kanal Sahar-1 ausgestrahlten TV-Serie Filistinli Zehra`nin gözleri (Zahras Blaue Augen) ist auf der diesjährigen Buchmesse in türkischer Übersetzung erhältlich. Die Dokumentation der Serie durch MEMRI führte bereits im Februar 2005 in Frankreich und den Niederlanden wegen fremdenfeindlicher Hetze zu einem Verbot der Ausstrahlung des Senders Sahar-1 über Satellit. Ausführliche Ausschnitte der Serie sind auf der Homepage von MEMRI TV zu finden: www.memritv.org/Search.asp?ACT=S1

Die auf der Buchmesse zu findenden Schriften arbeiten nicht selten mit den klassischen Vorurteilen. So gibt es in dem Buch Müslümanlarin Müslümanlasmasi (Muslimisierung der Muslime) von Ahmed Kalkan ein Kapitel über "unsere verjudeten Menschen und die Merkmale der Verjudung". Darin wird ein angeblicher Abfall der islamischen Identität als Yahudilesme (Verjudung) gedeutet und per se alles Schlimme mit dem Jüdischsein identifiziert. Als Quelle für die 64 Merkmale der Verjudung dienen dem Autor Zitate aus dem Koran, wie beispielsweise: "Den mit Gott vereinbarten Eid zu brechen, Verwandlung in Affen, Intrige und Zersetzung, die Propheten nicht anzuerkennen und zu töten, das (heilige) Buch zu verfälschen, geizig sein, Undankbarkeit, Grausamkeit, Verrat, vom Gott verdammt werden, kein Eifersuchtgefühl zu haben: Da sie wie die Schweine leben, werden sie in Schweine verwandelt. (…)". Dieser Abschnitt endet mit folgender Aussage: "Der Jude in uns ist viel gefährlicher als der Jude draußen." (Kalkan, 2005, S. 181-188)

Im vergangenen Jahr (2005) wurden unter anderem folgende Bücher auf der Buchmesse angeboten:
In einer beachtlich umfangreichen Reihe von Büchern des bekannten Holocaustleugners Adnan Oktar alias Harun Yahya befand sich auch das Buch mit dem Titel "Yahudilik ve Masonluk"(das Judentum und die Freimaurerei). In diesem Buch erklärt Harun Yahya u.a. im Kapitel "Tevrat´ta Nesiller Boyu Kin, Vahset, Katliam" ("Über die Generationen hinweg Hass, Grausamkeit und Massaker in der Torah"), dass der Hass auf alle Nichtjuden im Kontext der Torah-Erziehung gepredigt werde. Dort heißt es: "Der bereits in jungen Jahren sehr streng religiös mit der verfälschten Torah, Kabala und Talmud erzogene Jude nimmt die Gebote dieser Bücher kritiklos als obligatorische Pflichten an. Vor diesem Hintergrund begeht er die unbarmherzigsten Massaker ohne das geringste menschliche Gefühl [...]".

Die Werke Harun Yahyas, und die anderer Autoren, arbeiten mit bekannten Vorurteilen: So ist die Rede davon, dass es den Juden "ins Gehirn gebrannt" werde über allen anderen Rassen zu stehen, gegen die sie Krieg führen müssen, dass Juden die Massaker als ihre religiöse Pflicht ansehen, und andere Menschen wie Tiere betrachten und vernichten, wie es in der "verfälschten" Torah beschrieben sei.
In diesem Zusammenhang ist vor allem von der Massenvernichtung und Vertreibung der Palästinenser die Rede (Harun Yahya, Yahudilik ve Masonluk, Seite 107-108).

Um zukünftig die Verbreitung antisemitischen Gedankenguts auf dieser Basis einzudämmen, appellieren Aycan Demirel (Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus - KIGA) und Dr. Jochen Müller (Midlle East Media Research Institute - MEMRI) hiermit an die Öffentlichkeit, die Verbreitung rassistischer und antidemokratischer Hetzschriften nicht mehr länger zu tolerieren.



Kontakt und weitere Informationen
erhalten Sie bei:

Aycan Demirel
Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus

Oranienstr.34
10999 Berlin
030-69565865
mail@kiga-berlin.org

Dr. Jochen Müller
Middle East Media Research Institute

Linienstr. 139
10115 Berlin
030-97893872
www.memri.de


Public Affairs

Beitrag vom 20.04.2006

Sarah Ross