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AVIVA-BERLIN.de im Mai 2023 - Beitrag vom 30.01.2006


Ein Denkmal für homosexuelle Opfer der NS-Zeit
Sarah Ross

In der Nähe zum Berliner Holocaust-Mahnmal wird nun eine Gedenkstätte für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen errichtet. Der Denkmalsentwurf wurde in einem Kunstwettbewerb ermittelt.




In Berlin gibt es viele Gedenkstätten, die an die verschiedenen Gruppen von Menschen erinnern, die Opfer des Nationalsozialismus geworden sind. Doch fehlt bis heute ein Mahnmal, das auch an die verfolgten Schwulen und Lesben erinnert. So hat das Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur, im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland, wiederum vertreten durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, sowie in Abstimmung mit dem Lesben- und Schwulenverband (LSVD) und der Initiative "Der homosexuellen Opfer gedenken" im August 2005 einen Kunstwettbewerb durchgeführt, bei dem ein geeigneter Denkmalsentwurf
gesucht wurde.

Ziel des Kunstwettbewerb zur Errichtung eines Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen war es, einen Denkmal zu finden, mit dem die verfolgten und ermordeten Opfer geehrt, die Erinnerung an das Unrecht wach gehalten und ein beständiges Zeichen gegen Intoleranz, Feindseligkeit und Ausgrenzung von Schwulen und Lesben gesetzt wird.

Eine elfköpfige Jury - unter dem Vorsitz von Prof. Norbert Radermacher - hat nun am 25. Januar 2006 unter 17 eingereichten Entwürfen die Arbeit von Michael Elmgreen und Ingar Dragset zur Realisierung empfohlen. Nach Fertigstellung des Denkmals ist geplant, dieses an einer Lichtung am östlichen Tiergartenrand, an der Ebertstraße, südlich des Goethedenkmals und gegenüber dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas, zu errichten. Die Jury - die über zwei Tage hinweg intensive und teilweise kontroverse Diskussionen führte - wählte mit deutlicher Mehrheit den Entwurf von Elmgreen und Dragset, weil dieser sehr klar durchdacht sei und deren selbstbewusst auftretende Skulptur ganz offensichtlich Bezug auf die Stelen des Holocaust Denkmals von Richard Eisenman nimmt. Die Künstler haben als Grundform eine Stele gewählt, die sie zu einer Art Haus haben werden lassen, in dessen Inneres die BetrachterInnen schauen können.

Weiterhin beschreibt der Juryvorsitzende den ausgewählten Entwurf:
"Wie durch ein Fenster, das schräg in eine Ecke eingeschnitten ist, blickt der Betrachter auf ein projiziertes Filmbild. Im klassischen Schwarz/Weiß sieht er eine endlos wirkende Kussszene zwischen zwei Männern. Die von Außen eher kühl oder abweisende Betonform bekommt so einen ganz intimen Aspekt. Ohne verbale Hilfestellungen oder schriftliche Erklärungen wird hier das Thema der Homosexualität direkt und doch subtil vorgestellt."

Der Bund stellt für den Bau des Denkmals, der so schnell wie möglich realisiert werden soll, 450.000 Euro zur Verfügung. Damit wird Berlin künftig über eine künstlerische Arbeit verfügen, die souverän und zeitgemäß einen Ort zum Gedenken an die in der
NS-Zeit verfolgten Homosexuellen schafft und zudem die Diskussion über die Akzeptanz der gleichgeschlechtlichen Liebe heutzutage anregt, so Prof. Radermacher.

Der Zeitpunkt, die Dauer und der Ort der Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten werden noch bekannt gegeben. Derweil ist eine Ansicht des zukünftigen Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen unter www.kultur.berlin.de abrufbar.

Weitere Infos auch unter: www.gedenkort.de und www.lsvd.de.


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Beitrag vom 30.01.2006

Sarah Ross