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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 29.01.2009


Feuerherz
Jana Muschick

Awet wird von ihrem Vater an eine Rebellentruppe als Kindersoldatin abgegeben. Fortan versucht die junge Afrikanerin, den Unterschied zwischen richtig und falsch zu begreifen. Start: 29.01.2009.




Der Film erzählt die Kindheitsgeschichte der kleinen Awet nach der gleichnamigen Biographie "Feuerherz" von Senait Meharie. Das diskutierte Werk und der Film zogen juristische Konsequenzen nach sich.

Holzgewehre und Kinderaugen

Der Film spielt in der Zeit, in der Eritrea noch von dem äthiopischen Derg-Regime geführt wird. Seit dreißig Jahren herrscht in dem afrikanischen Land Krieg zwischen den BesatzerInnen und der Eritrean People´s Liberation Front (EPLF).

In "Feuerherz" wächst die kleine Awet (Letekidan Micael) behütet in einem Kloster auf. Ihr Vater entscheidet sich, das Mädchen dem Heim zu entreißen, um es für sich arbeiten zu lassen. Die Schwestern Awet und Freweyjni (Solomie Micael) müssen den kargen Haushalt des Vaters und der Stiefmutter führen, Wasser holen und auf dem Boden des winzigen Zimmers zwischen unzähligen Halbgeschwistern schlafen. Arwets Vater fühlt sich schon zu alt für den Kampf um Eritrea. Als "Spende" für die Unabhängigkeit übergibt er seine eigenen Töchter einer Rebellentruppe.

Im Camp müssen Arwet und Freweyjni mit anderen Kindern und Halberwachsenen lernen, ein Gewehr zu laden, sich anzuschleichen und den Feind – die Derg-Regimes – zu erschießen. Anfangs bekommt Awet nur ein Holzgewehr, doch als die Kämpfe immer mehr Opfer fordern, werden auch die jüngsten Kinder an der Waffe trainiert.

Awet versucht den Unterschied zwischen richtig und falsch zu erlernen – ein Prozess, der im Mittelpunkt des Filmes steht. Dieser Vorsatz ist schwierig in einem Camp, in dem es um das Töten für die "gute" Sache geht. Eines Nachts entlädt sie die Gewehre ihrer Spielgefährten, damit nicht noch mehr Blut vergossen wird…und riskiert fast den Tod ihrer FreundInnen.

Umstrittene "Biographie"

Der Film "Feuerherz" basiert auf der diskutierten Autobiographie von Senait Meharie. Die Eriträerin hatte ihr Leben als Kindersoldatin geschildert – "Feuerherz" wurde 2004 zu einem Bestseller (450.000 verkaufte Ausgaben). Der Film sollte den Diskurs um den Einsatz von Kindern an der Waffe weiter führen – doch durch die Klagen, die Meharie erreichten, distanzierte sich auch Regisseur Luigi Falorni ("Das weinende Kamel", 2005 für den Oscar nominiert) vom Stoff. Eine Drehgenehmigung in Eritrea wurde nicht erteilt, da das afrikanische Land leugnet, dass jemals Kinder für den Freiheitskampf eingesetzt wurden. Eritrea ist seit 1991 befreit – man sollte meinen, dass eine Auseinandersetzung mit dem Thema an der Zeit wäre. (Quelle: welt.de, 1.2.2008)

Rechtliche Auseinandersetzungen

Auch gegen den Film wurden juristische Schritte erwogen, so dass die ursprünglichen SchauspielerInnen fünf Tage vor Drehbeginn absprangen und man sich mit LaiendarstellerInnen behelfen musste. Diese spielten dafür aber sehr gut. Bei der Uraufführung von "Feuerherz" kam es vor dem Berlinale-Palast zu einer Demonstration gegen den Film und gegen die Diffamierung des afrikanischen Staates. (Quelle: spiegel.de, 14.2.2007 spiegel-online.de, 14.2.2008)

AVIVA-Fazit: Die Geschichte von Awet bewegt nicht wegen der zerrissenen Umstände in Afrika, sondern weil das Einzelschicksal eines kleinen Mädchens geschildert wird, das unschuldig in die blutigen Auseinandersetzungen gerät. Es wird deutlich, dass es sich in dem Film um die Diskurse um KindersoldatInnen, dem Freiheitskampf in Afrika und der erdrückenden Armut in der Bevölkerung geht.
Es wird jedoch nicht deutlich, inwieweit die Kämpfe das Land zerstörten, was die Bevölkerung durch die "Fremdbesetzung" erleiden musste und welche rebellischen Gruppen noch um die Freiheit ihres Landes kämpften. Frau muss sich intensiver mit der Materie befassen, um alle Probleme, die der Film nur andeutet, zu erkennen.
Darüber hinaus wirkt die Erzählung sehr seicht – die vermeintlichen "KindersoldatInnen" wirken wohlgenährter und erholter, als es in Wirklichkeit der Fall sein dürfte. Vielleicht hätte Falorni etwas drastischer und konkreter mit dem heiklen Thema umgehen sollen.

Zur Autorin des Romans

Senait Mehari, 1974 in Asmara geboren, war vor ihrem Romandebüt Sängerin – leider nur mit mäßigem Erfolg. 2004 erschien ihre Autobiographie "Feuerherz", die sie gemeinsam mit dem Ghostwriter Lukas Lessing schrieb. Das Buch machte die Autorin zu einer viel besprochenen Frau. Doch dann kamen Zweifel über die Richtigkeit der dargestellten Autobiographie auf und Klagen gegen Mehari wurden eingeleitet. (Quelle: welt.de, 1.2.2008, Presseinfo Weltbild Verlag)

Angemerkt: Eritreas Unabhängigkeit

Der Unabhängigkeitskrieg in Eritrea endete nach dreißig Jahren 1991 mit dem Sieg der EPLF. Das äthiopische Derg-Regime wurde entmachtet und eine neue Regierung mit der Unabhängigkeit des afrikanischen Staates wurde gegründet. Am 24. Mai 1993 wurde die Autonomie in einer Volksabstimmung erklärt – dieser Tag ist bis heute der Nationalfeiertag Eritreas. (Quelle: www.auswaertiges-amt.de)


Feuerherz
Deutschland/ Österreich 2008
Regie: Luigi Falorni
DarstellerInnen: Letekidan Micael, Solomie Micael
Verleih: Senator Filmverleih
Lauflänge: 92 Minuten
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 29. Januar 2009
www.feuerherz.senator.de


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Beitrag vom 29.01.2009

AVIVA-Redaktion