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AVIVA-BERLIN.de 9/2/5784 - Beitrag vom 01.02.2021


Schalom Sisters* Jüdisch-feministische Positionen
AVIVA-Redaktion

Erstmal nur digital. Eine Ausstellung des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben in Kooperation mit dem Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim) und Ringfoto Tezel. Ein begleitender Podcast, moderiert von Judith Alberth, stellt sechs jüdische Frauen mit ihren individuellen jüdisch-feministischen Perspektiven in den Mittelpunkt.




Anlässlich des Festjahrs "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" 2021 macht das Jüdische Museum Augsburg Schwaben (JMAS) dessen weibliche Seite sichtbar und feiert mit seiner neuen Ausstellung "Schalom Sisters*!" jüdisch-feministische Positionen in Vergangenheit und Gegenwart. Ob im orthodoxen oder im liberalen Judentum, ob in Deutschland, Europa oder der Welt: Feministische Forderungen mit jüdischer Tradition zu vereinen, Konventionen abzulehnen und neue Lebensentwürfe zu verwirklichen, stellte und stellt viele Frauen vor Herausforderungen.

Die Ausstellung zeigt an vier Orten sowie im öffentlichen Raum, wie Frauen diesen Fragen künstlerisch, politisch oder sozial begegneten und begegnen. "Schalom Sisters*!" fokussiert stark auf internationale Gegenwartskunst und zeigt Werke unter anderen von Miriam Katin, Batsheva Hay, Ruth Schreiber, Nina Paley, Andi Arnovitz, Aline Kominsky-Crumb, Lisa Frühbeis.

War Lilith die erste jüdische Feministin? Was erzählen Ritualgegenstände und Reinheitsvorschriften von der Stellung der Frau im Judentum? Religiöse Gesetze bestimmen scheinbar unveränderbar den Platz von Frauen innerhalb der jüdischen Gemeinde. Doch war dieser Platz nie unumstritten, er veränderte sich und wird bis heute diskutiert. Die Marginalisierung von jüdischen Frauen war dabei immer eine doppelte. Ihr Kampf um Gleichstellung richtete sich von Beginn an sowohl gegen die jüdisch-männliche als auch die antijüdisch-christlich geprägte Dominanzkultur. Jüdisch-feministische Positionen sind daher oft feministisch und anti-antisemitisch zugleich.

Jüdisches Leben wird in Deutschland noch immer zumeist auf den Holocaust oder jüdische Tradition reduziert, Frauen sind bis auf Einzelpersonen kaum als historische oder gegenwärtige Akteurinnen im kollektiven Bewusstsein präsent. Die Ausstellung will dazu beitragen, dass jüdisches Leben in seiner historischen und gegenwärtigen Vielfalt wahrgenommen wird und bestehende Klischeebilder aufgebrochen werden.

Auch in die Geschichte des jüdischen Feminismus ist der Holocaust eingeschrieben. Die Vertreibung und Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden hatte bewirkt, dass es 1945 keinen jüdischen Feminismus mehr in Europa gab. Erst durch die feministische Bewegung in den USA und Israel konnte sich dieser wieder langsam auch in Deutschland etablieren. Heute gibt es viele jüdisch-feministische Perspektiven, vom orthodoxen bis zum säkular-liberalen Judentum, in Deutschland und weltweit. Ihre Positionen sind unterschiedlich, allen geht es aber in ihrem jeweiligen Kontext um Gleichheit sowie eine pluralistische und diskriminierungsfreie Gesellschaft.

Erstmal nur digital! Aufgrund der behördlich verfügten Maßnahmen zur COVID-Pandemie bleibt das Museum bis auf Weiteres geschlossen.

Ursprünglich sollte die Ausstellung ab Januar 2021 in der Ehemaligen Synagoge Kriegshaber, dem Textil- und Industriemuseum tim und bei Ringfoto Tezel zu sehen sein. Vorerst gibt es nur erste Einblicke auf den Social-Media-Kanälen sowie auf der Website des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben. Dort findet sich auch der Podcast zur Ausstellung:

"Let´s talk, Sisters!"

Der Podcast des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben, moderiert von Judith Alberth, wird sechs verschiedene Frauen in den Mittelpunkt stellen, um ihren jüdisch-feministischen Perspektiven Raum zu schaffen.

Ihre Stimmen sollen ihre Erfahrungen mit ihrer Identität als Frau und als Jüdin hörbar machen, nicht als Beispiel für ein großes jüdisches Kollektiv, sondern als diverse Stimmen, die mitreden in der Diskussion um Gleichberechtigung und Vielfalt.
Abrufbar ist der Podcast ab Ende Januar 2021 auf der Homepage des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben sowie auf Spotify und allen anderen Podcast-Portalen.

Die erste Folge des Podcast (mit Sharon Adler, Herausgeberin der AVIVA-Berlin, Fotografin, und Vorstandsvorsitzende der Stiftung ZURÃœCKGEBEN) ist seit dem 1. Februar 2021 online > www.facebook.com

Der Podcast auf Apple: apple.co
Auf Spotify auf Apple: open.spotify.com



Außerdem wird es eine Publikation zur Ausstellung geben:

Zeitungen waren das Medium der frühen Frauenbewegung. Daher erscheint zur Ausstellung ein "Extrablatt", das in die einzelnen Themen der Ausstellung einführt. Die Zeitung wird einem Teil der Auflage der Februar-Ausgabe 2021 von a3kultur | Feuilleton für Augsburg Stadt/Land und Wittelsbacher Land beiliegen.

Kurator*innen
Souzana Hazan (JMAS)
Monika Müller (JMAS)
Dr. Barbara Staudinger (JMAS)
Hannes Sulzenbacher (Wien)
Kuratorische Mitarbeit
Dr. Ingvild Richardsen (München)

Mehr Informationen zur Ausstellung, zu den ausstellenden Künstler*innen, den Kooperationspartner*innen und zum Podcast sind online auf der Homepage des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben: www.jmaugsburg.de sowie jmaugsburg.de/onlineangebote/podcast und www.facebook.com

Zu > Judith Alberth, 1993 in Augsburg geboren, führte 1 ½ Jahre durch das Jüdische Museum in der Innenstadt Augsburgs, 2019 schloss sie ihr Bachelor-Studium in Europäischer Kulturgeschichte mit einer Arbeit zur Erinnerungskultur der Zwangsarbeit in Augsburg anhand des Konfliktes um die Halle 116 ab. Die Halle, in einem Randbezirks Augsburgs, diente zwischen 1944 und 1945 als Außenlager Dachaus für (ausschließlich männliche) Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge, welche vor allem für die Firma Messerschmidt arbeiten mussten. Nach der Nutzung der amerikanischen Besatzungszone als Kaserne entstand in den 1990er Jahren ein bis heute andauernder Konflikt zur Nutzung des Ortes. Bei dem von der Stadt in Auftrag gegebenen weiteren Forschungsarbeit zur Namensliste der Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge in Pfersee unterstützte sie Reinhold Forster bei der Aufarbeitung. Seit Herbst 2019 studiert sie den Master für Geschichtswissenschaften mit dem Schwerpunkt Frauen- und Geschlechtergeschichte sowie Zeitgeschichte an der Universität Wien.

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Die weibliche Seite Gottes / The Female Side of God
Archäologische Objekte, zeremonielle Gegenstände, religiöse Schriftstücke und zeitgenössische Kunstwerke spannen einen kulturhistorischen Bogen von den Göttinnen des Alten Orients über die Arbeiten feministischer Künstlerinnen der 1970er Jahre bis zur Gegenwart. Der deutsch-englische Begleitband zur Ausstellung im Jüdischen Museum Frankfurt, 20. Oktober 2020 – 14. Februar 2021, wurde herausgegeben von den Kuratorinnen der Ausstellung, Dr. Eva Atlan, Michaela Feurstein-Prasser, Dr. Felicitas Heimann-Jelinek, Mirjam Wenzel. (2020)

Mehr zum Thema

Die Reihe "Jüdinnen in Deutschland nach 1945. Erinnerungen, Brüche, Perspektiven" im Deutschland Archiv Online der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb. Mitherausgeberin als Journalistin und Fotografin ist Sharon Adler.


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Beitrag vom 01.02.2021

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