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AVIVA-BERLIN.de 8/23/5784 - Beitrag vom 21.06.2009


Jüdische Kulturtage 2009
AVIVA-Redaktion

Vom 29. August bis 6. September 2009 finden vielfältige und spannende Veranstaltungen, darunter Lesungen, Konzerte, ein Straßenfest, Ausstellungen, Führungen, 90 Jahre Bauhaus, die ...




...Lange Nacht der Synagogen, 200 Jahre Felix Mendelssohn Bartholdy, jüdische Stars aus aller Welt, faszinierende Ausstellungen oder der Schwerpunkt "Jüdische Literaturen" – das Programm ist breitgefächert und bietet für jede/n etwas.



Was ist jüdische Kultur? Jüdische Identität – die Suche danach oder die Selbstverständlichkeit darin – ist ein immer wiederkehrendes Thema, das sich vor allem in den Künsten widerspiegelt. Dieser Frage stellen sich die diesjährigen Jüdischen Kulturtage mit großer Lust auf Neuentdeckungen – mit der Gewissheit, sie wahrscheinlich nie endgültig beantworten zu können.

Mit synagogaler Musik aus der ganzen Welt werden die Jüdischen Kulturtage feierlich eröffnet. Diese über die Jahrhunderte überlieferten Stücke sind ein wesentlicher Bestandteil der G´ttesdienste in Synagogen aller religiösen Richtungen. In der größten Synagoge Deutschlands, in der Rykestraße im Prenzlauer Berg, erklingt unter der Leitung von Ud Joffe eine erlesene Auswahl synagogaler Musik der letzten Jahrhunderte.

Auf die feierliche Eröffnung folgt ein großes Straßenfest vor dem Gemeindehaus in der Fasanenstraße. Für einen Tag holen die VeranstalterInnen den Shuk Ha´ Carmel in all seiner Vielfalt aus Tel Aviv nach Berlin

Zuhause in der ganzen Welt, offen für die Kulturen der Länder in denen sie leben und doch mit einem starken Bewusstsein für die kulturellen Wurzeln. Die Pop- und Weltmusikkonzerte zeigen die Vielseitigkeit, Spielfreude und Offenheit einer jungen Generation jüdischer MusikerInnen.

Keren Ann ist wohl eine der außergewöhnlichsten Künstlerinnen, die die Musikszene im Grenzbereich zwischen Chanson, Folk, Pop und Rock in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Die Tochter eines aus Russland stammenden Israeli und einer Niederländerin mit indonesischen Wurzeln wuchs in Paris auf, lebt inzwischen in New York und ist somit von Haus aus Kosmopolitin. Ihre israelischen Wurzeln hat sie nie vergessen und so spielt sie in einer Europapremiere gemeinsam mit den beiden herausragenden israelischen Musikern Shlomi Shaban und Avishai Cohen ein Konzert mit ihren größten Hits und ganz eigenen Versionen großer israelischer Songs.

Weltmusikstar Yasmin Levy lädt zu einer außergewöhnlichen Reise ins Ladino – die Musik und Sprache der spanischen Juden – ein. Die in Jerusalem geborene Künstlerin wuchs mit dieser heute nur noch von wenigen gesprochenen Sprache auf. Mit ihrem spirituellen und leidenschaftlichen Gesang bewahrt und entwickelt sie die sephardischen Lieder, die über 500 Jahre von Generation zu Generation weitergegeben wurden.

Der Stilmix der Londoner Band Oi Va Voi ist so einzigartig wie wagemutig: Klezmer kombiniert mit Clubsounds, traditionelle osteuropäische Musik und globale Rhythmen fusionieren mit Jazz, Rock, Hip Hop und Drum`n`Bass. Eine wilde Reise durch Welten und Zeiten, Rhythmen und Sounds. Ein Abend voller musikalischer Überraschungen: träumerisch melancholisch und mitreißend groovend.

Mit Variationen über Felix Mendelssohn Bartholdy widmen sich die Kulturtage einem der vielseitigsten Künstler seiner Zeit. Vor 200 Jahren als Jude geboren und früh christlich getauft, spielte er mit seinen Identitäten: einerseits feierte er den Schabbat mit Freunden, andererseits schuf er große christlich-sakrale Kompositionen. Er wurde von den Nationalsozialisten als Jude verfemt und verboten.

Als Höhepunkt der Langen Nacht der Synagogen führt das Mendelssohn Kammerorchester Leipzig zwei Kompositionen Mendelssohns auf: seine im Alter von 15 Jahren komponierte 1. Sinfonie sowie das populäre Violinkonzert e-Moll mit der isländischen Geigerin Judith Ingolfsson als Solistin. Mit diesem Konzert unterstützen die Jüdischen Kulturtage die Rekonstruktion des Turmes der Parochialkirche. Nach der umfassenden Sanierung der Synagoge Rykestraße in den vergangenen Jahren möchte die Jüdische Gemeinde auf diese Weise nun ihrerseits interkonfessionell ein wichtiges Vorhaben in Berlin fördern.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.denk-mal-an-berlin.de

Mit dem Schwerpunkt Jüdische Literaturen stellen die Jüdischen Kulturtage fünf SchriftstellerInnen vor, die sich auf sehr unterschiedliche Art und Weise mit dem Thema Identität befassen. Einige sehr provozierend und radikal, andere mit großem Einfühlungsvermögen und Witz.

Das moderne Israel mit seinen Gegensätzen bildet den Hintergrund für die spannungsgeladenen Geschichten zweier israelischer Literaturstars, deren Debüts großes Aufsehen erregten. In seinem Roman "Vier Häuser und eine Sehnsucht" schildert Eshkol Nevo das Zusammenleben zwischen Juden und Palästinensern. Und nachdem Assaf Gavron mit seinem Erstling "Ein schönes Attentat" für einen Skandal sorgte, weil er einen palästinensischen Attentäter als sympathischen Charakter darstellte, erzählt er in "Hydromania" vom mörderischen Kampf um Wasser und von einem Israel, in dem die Palästinenser die Macht übernommen haben.

Die Suche nach der eigenen Lebensgeschichte, nach der Vergangenheit in der Gegenwart steht im Mittelpunkt des zweiten Literaturabends. Zwei Menschen, die miteinander alt geworden sind, beschließen, sich gemeinsam das Leben zu nehmen. Diskret und liebevoll rekonstruiert Johanna Adorján die Geschichte ihrer Großeltern und montiert sie zu ihrer eigenen Identitätsgeschichte. Auch im Roman "Chuzpe" von Bestsellerautorin Lily Brett geht es um Familie. Ruth begreift nicht, dass ihr gerade zu ihr nach New York gezogener munterer 87-jähriger Vater weit davon entfernt ist, einen ruhigen Lebensabend zu verbringen. Ein Roman über Väter und Töchter, polnische Küche und New Yorker Neurosen – erzählt mit genau der Mischung aus Witz, Wärme und Verstand, die Lily Bretts Bücher so unverwechselbar machen.
Am dritten Abend der jüdischen Literaturen liest Viola Roggenkamp aus ihrem aktuellen Roman "Die Frau im Turm". Eine kunstvoll gewobene Geschichte zweier Frauen aus zwei Epochen: Fürstenmaitresse, die eine, nach ihren Wurzeln suchende Jüdin, die andere – so verschieden und doch seltsam verwandt.

Streiflicht 90 Jahre Bauhaus. Ausstellung vom 30.08. - 18.10.2009 im Centrum Judaicum

Lotte Cohn
(1893–1983) war eine Pionierin und Zionistin. In Berlin geboren, gehörte sie zu den ersten Architekturabsolventinnen der TH Charlottenburg. 1921 ging sie in das Mandatsgebiet Palästina, wo sie als erste graduierte Architektin des Landes maßgeblich am architektonischen Aufbau des modernen Israel beteiligt war. Erstmalig in Deutschland widmet sich eine Einzelausstellung dieser außergewöhnlichen Frauenbiographie des 20. Jahrhunderts. In Fotografien, Plänen und den persönlichen Alben Lotte Cohns wird ihr erst in den letzten Jahren wiederentdecktes Werk auf eindrucksvolle Weise erlebbar.

Mehr als 300 jüdische ArchitektInnen gab es bis zum Berufsverbot der Nazis 1933 in Berlin. Einem Großteil gelang es zu emigrieren, viele wurden in Konzentrationslagern ermordet. Als überzeugte VertreterInnen der Moderne bauten viele im Stil der Neuen Sachlichkeit und des Bauhauses. Die vielfältigen Zeugnisse dieser jüdischen Baukunst zu entdecken und zugleich die Lebensgeschichten der ArchitektInnen kennen zu lernen, dazu laden drei speziell für die Jüdischen Kulturtage zusammengestellte Architekturführungen ein.
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin: "Deutsche jüdische Architekten vor und nach 1933"

Ausstellungen

Seit einem halben Jahrhundert ist das jüdische Gemeindehaus in der Fasanenstraße der zentrale Ort für Juden in Berlin: großes politisches Parkett und Gemeindewohnzimmer in einem. Ein klassisches Stück Fünfziger-Jahre-Architektur, das gleichwohl die neoromanisch-byzantinischen Elemente des in der Pogromnacht zerstörten Vorgängerbaus zitiert und zum Symbol des wiedererstandenen jüdischen Lebens im Nachkriegsdeutschland geworden ist. Die Ausstellung dokumentiert anhand einer umfangreichen Sammlung von Fotografien und Dokumenten die zentralen Momente des jüdischen Gemeindelebens der letzten 50 Jahre.
Erstmalig widmet sich eine Ausstellung in Berlin dem Werk des fast vergessenen in Berlin geborenen Künstlers Heinz Koppel, dem in den 1930er Jahren die Flucht von Deutschland nach England gelang.

Offene Türen
BerlinerInnen und ihre Gäste sind in der Langen Nacht der Synagogen eingeladen, das religiöse Leben in den Synagogen kennen zu lernen, an der Hawdala-Zeremonie zum Schabbat-Ausgang teilzunehmen und ein vielfältiges Programm zu entdecken. Bei Führungen, Konzerten oder Gesprächen mit Gemeindemitgliedern bieten sich interessante Gelegenheiten, einen Einblick in den jüdischen religiösen Alltag in Berlin zu gewinnen.
Außerdem laden die Berliner Synagogen herzlich ein, an den Schabbat-G´ttesdiensten teilzunehmen.

Das detaillierte Programm, alle Spielorte, Eintrittspreise sowie die Online-Bestellung und Informationen zu den teilnehmenden KünstlerInnen finden Sie unter: www.juedische-kulturtage.org und www.ticketonline.de

Service Jüdische Kulturtage

Zentrale Tickethotline

01805-57 00 00 (14 Cent/Min aus dem Netz der T-Com)
Vorverkaufsstellen
Tickets erhalten Sie bei den bekannten Vorverkaufsstellen sowie in der Literaturhandlung, Joachimstaler Straße 13, 10719 Berlin, Telefon 030-882 42 50

Die Abendkasse öffnet jeweils eine Stunde vor Vorstellungsbeginn.
Ermäßigte Eintrittspreise erhalten gegen Vorlage eines entsprechenden Nachweises SchülerInnen, StudentInnen, SeniorInnen, Arbeitslose, Schwerbehinderte und SozialhilfeempfängerInnen.
Erworbene Karten können nicht zurückgenommen werden. Für versäumte Vorstellungen kann kein Ersatz geleistet werden. Der Preis versteht sich zuzüglich 2,- Euro Buchungsgebühr je Karte.
Einlass
Gebeten wird um frühzeitiges Erscheinen und Ihr Verständnis für besondere Sicherheitskontrollen, die leider etwas Zeit in Anspruch nehmen. Einlass nach Veranstaltungsbeginn ist nur dann möglich, wenn die Veranstaltung dadurch nicht gestört wird.

Spielstätten
Synagoge Rykestraße, Rykestraße 53
Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, Oranienburger Straße 28-30
Gemeindehaus der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Fasanenstraße 79-80
Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, Klingelhöferstraße 14
Jüdisches Museum Berlin, Lindenstraße 9-14
Anne Frank Zentrum e.V., Rosenthaler Straße 39

Veranstalter
Jüdische Gemeinde zu Berlin | Jüdische Kulturtage
Oranienburger Straße 28-30
10117 Berlin
Telefon 030-88 02 82 54
Fax 030-88 02 82 59
organisation@jg-berlin.org
www.juedische-kulturtage.org
Vorsitzende: Lala Süsskind
Kulturdezernent: Aharon Risto Tähtinen
Künstlerischer Leiter: Dr. Hermann Simon
Festivalleitung: kulturdienst: GmbH
Für die großzügige Unterstützung danken die VeranstalterInnen der Senatskanzlei Berlin sowie allen Förderern und Sponsoren.



Jüdisches Leben

Beitrag vom 21.06.2009

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