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Beitrag vom 01.05.2008
14. Jewish Film Festival Berlin und Potsdam 2008 vom 25. Mai bis 8. Juni 2008
AVIVA-Redaktion
Zum nunmehr Vierzehnten! Mal findet das spannende, internationale Kulturereignis mit zahlreichen Deutschlandpremieren, die die Vielfältigkeit jüdischen Lebens widerspiegeln, in Berlin statt.
Unter der Schirmherrschaft des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit, kuratiert von der Leiterin des Festivals, Nicola Galliner, und veranstaltet von der Jüdischen Volkshochschule der Jüdischen Gemeinde zu Berlin versammelt das Programm 31 Filme aus 9 Ländern, die zum großen Teil erstmals in Deutschland gezeigt werden. Als Pate des diesjährigen Festivals konnte der Schauspieler Jan Josef Liefers gewonnen werden.
Anlässlich des 60. Jahrestages der Staatsgründung Israels liegt der Schwerpunkt des diesjährigen Festivals auf Filmen aus Israel: In 16 Dokumentar- und Spielfilmen werfen die RegisseurInnen einen Blick zurück auf die Geschichte ihres Landes und durchleuchten die komplexe Gegenwartssituation der israelischen Gesellschaft.
Wie in den letzten Jahren kann das Festival erneut zahlreiche RegisseurInnen, DrehbuchautorInnen und ProduzentInnen der Filme in Berlin begrüßen, die ihre Filme persönlich vorstellen und diskutieren werden.
Der Auftakt
Bereits vor der offiziellen Festivaleröffnung gibt es die Gelegenheit, einer außergewöhnlichen Vorführung beizuwohnen: Als Auftakt wird am 18. Mai 2008 der Film "Das Haus in der Auguststraße" der israelischen Filmemacherin Ayelet Bargur gezeigt. Der Film ist ein Portrait der Erzieherin Beate Berger, welche ab 1922 für mehr als ein Jahrzehnt das Kinderheim "Beith Ahawah" leitete. Ayelet Bargur folgt Spuren, die erst in jüngerer Zeit aufgedeckt wurden und erzählt, was sie anhand der wenigen erhaltenen Dokumente und verschiedenen Interviews mit Überlebenden jener Zeit rekonstruieren konnte.
Einer der Protagonisten des Films, ein ehemaliger Bewohner des Kinderheims an der Auguststrasse, reist für die Vorstellung nach Berlin.
Die Festivaleröffnung
Die offizielle Festivaleröffnung wird am 25. Mai mit der TV-Serie "Arab Work" des Regisseurs Ron Ninio gefeiert: In Israel war die Serie ein Straßenfeger, nun ist sie erstmals in Deutschland im Rahmen des Jewish Film Festivals Berlin und Potsdam zu sehen. Durch "Arab Work" begegnete dem israelischen TV-Publikum zum ersten Mal eine arabische Familie im eigenen Wohnzimmer – und das zur Hauptsendezeit.
Le Monde schrieb, dass Arab Work "sämtliche Tabus der palästinensischen Bürger Israels durch den Fleischwolf dreht" und die New York Times meinte, dass es den Machern gelingt, "die Mainstream-Produkte der israelischen Unterhaltungskunst durch eine Serie aus arabischer Sicht zu bereichern".
In "Arab Work" geht es um den Status von AraberInnen in der israelischen Gesellschaft. Die Serie deckt die Konflikte von Arabern auf, die zwischen Integrationswunsch und der Wahrung eigener Traditionen und Werte hin- und hergerissen sind. Im Mittelpunkt steht Amjad, ein arabischer Journalist. Er will unbedingt zum Kreis der Angesagten dazugehören. Amjads Bedürfnis, sich an die israelische Gesellschaft anzupassen, führt immer wieder zu Konflikten zwischen ihm und seinen konservativ eingestellten Eltern. Gleichzeitig verliebt sich sein einziger Freund, ein israelischer Jude, in Amal. Diese ist Araberin, Feministin und die beste Freundin von Amjads Frau (Clara Khoury).
Filmteam in Berlin
Realisiert wurde die Serie von jüdischen und arabischen Israelis gleichermaßen. So freut sich das Festival auch, die Hauptdarstellerin Clara Khoury ("Die Syrische Braut"), den Produzenten Danny Paran und den Drehbuchautor Sayed Kashua in Berlin begrüßen zu können. Clara Khoury spielt nicht nur in Arab Work, sondern wird am Festival auch im Film "Liebesleben" zu sehen sein. Dieser läuft als Eröffnungsfilm des Festivals in Potsdam am 6. Juni 2008.
Der Autor Sayed Kashua ("Da ward es Morgen" und "Tanzende Araber", beide im Berlin Verlag) liest am Tag der Festivaleröffnung am 25. Mai 2008 um 11 Uhr im Literaturhaus in der Fasanenstraße 23. Den deutschen Teil der Lesung hält der Schauspieler und Festivalpate Jan Josef Liefers.
Berliner Realitäten
Insbesondere Berliner Geschichten machen wieder einen wichtigen Teil des Programms aus. Neben dem "Das Haus in der Auguststraße" werden zwei weitere Dokumentationen gezeigt, welche heutige Berliner Realitäten beschreiben. Im Film "Auf Jüdischem Parkett" von Arielle Artsztein und Esther Slevogt ist der Ort der Handlung der Festsaal des Jüdischen Gemeindehauses - eine Mischung aus Glamour und Fünfzigerjahre-Spießigkeit. Als das Gebäude in der Berliner Fasanenstraße auf den Trümmern der einst prächtigen Synagoge im maurischen Stil 1959 eröffnet wurde, reagierten viele der 3000 Gemeindemitglieder ängstlich. Auch heute spielt sich das jüdische Leben noch überwiegend hinter verschlossenen Türen ab. "Wer das wahre jüdische Leben in Deutschland erleben möchte, sollte eigentlich hierher kommen", dachten die Regisseurinnen. "Also haben wir die Türen geöffnet und sind mit der Kamera hineingegangen." Ein Jahr lang haben sie das Leben im Saal und im angrenzenden Gemeinderestaurant verfolgt: den Alltag, religiöse Feste, Hochzeiten, Bälle und Holocaust-Gedenkveranstaltungen mit hochrangigen Politikern.
Im Dokumentarfilm "Alles Koscher im Cafe" hat der Regisseur Uri Schneider über die 55 Quadratmeter des Cafés Bleiberg in Berlin-Charlottenburg eine leichtfüßige "unorthodoxe Dokumödie" gedreht. Die Menschen, die hier zusammengefunden haben, sind schräg und liebenswert, wie sie da um die durchaus orthodoxe Manuela Bleiberg aus Kreuzberg rotieren, die grantelnd für geordnetes Chaos sorgt.
Französische Highlights
Das diesjährige Programm bietet viele unterschiedliche Perlen. Gespannt erwartet werden auch die Spielfilme aus Frankreich. In "Villa Jasmin" von Férid Boughedir kehrt Serge, ein Franzose jüdisch-tunesischer Abstammung nach zwanzigjähriger Abwesenheit mit seiner schwangeren Frau in das Land seiner Kindheit zurück. Der Besuch des Friedhofs, in dem Muslime, Christen und Juden nebeneinander begraben liegen, löst Erinnerungen an das Leben der früh verstorbenen Eltern aus. Auf der Grundlage eines Romans von Serge Moati versetzt uns der Film zurück in die Zeit vor und während der Besatzung Tunesiens durch das Frankreich des Marschall Pétain. Férid Boughedir lässt schließlich im Spielfilm nachholen, was im realen Leben nicht stattfinden konnte: ein Gespräch auf Augenhöhe zwischen Serge Vater und Serge Sohn, in dem ganz nebenbei auch der Mythos von den Heldentaten der Résistance demontiert wird.
In "Dans la Vie" von Philippe Faucon entwickelt sich eine unerwartete Freundschaft zwischen zwei Frauen: Die arabische Krankenpflegerin Selima tritt eine neue Stelle an. Sie soll sich um die querschnittsgelähmte Jüdin Esther kümmern, deren Verschleiß an Pflegerinnen ihren Sohn zur Verzweiflung bringt. Entgegen allen Erwartungen kommt die bisher stets übelgelaunte Esther mit der jungen Frau gut zurecht. Die gemeinsame algerische Herkunft verbindet stärker als ihre unterschiedliche Religion sie zu trennen vermag, zumal Selima es damit längst nicht mehr ernst nimmt.
Das Vertrauen ist so groß, dass Esther sich schließlich einverstanden erklärt, Selimas Mutter Halima, eine gläubige Muslimin, für sie kochen zu lassen. Halima nutzt die Gelegenheit, außer Haus zu kommen, und das Geld, das sie bei der Jüdin verdient, will sie für ihre erträumte Pilgerreise nach Mekka verwenden. Zwischen den beiden älteren Frauen entspinnt sich eine Freundschaft, die beide auf eine harte Probe stellt.
Eine israelisch-französische Co-Produktion ist der Film "Jellyfish" von Shira Geffen und Etgar Keret. Wie Quallen treiben die ProtagonistInnen dieser Tragikomödie durch ihr Leben. Keren, die sich auf ihrer Hochzeitsfeier ein Bein bricht und die Reise in die Karibik veressen kann, oder Batya, die am Strand ein merkwürdiges Mädchen findet, das aus dem Meer zu kommen scheint. Der Film gewann die Caméra d´ Or beim Filmfestival in Cannes 2007.
Publikumslieblinge
Auch "Lemon Tree" ist ein Gewinnerfilm: er gewann vor wenigen Monaten auf der Berlinale einen Publikumspreis. Der Film von Eran Riklis beschreibt den Kampf von Selma, einer Palästinenserin, gegen den israelischen Verteidigungsminister: Dieser baut neben ihrer Zitronenbaumplantage ein Haus, wodurch Selmas Bäume zum Sicherheitsrisiko und der abgeholzt werden sollen.
Auch auf dem Jewish Film Festival wird ein Publikumspreis vergeben: der Gerhard-Klein-Publikumspreis. Breits zum siebten Mal findet diese Preisverleihung statt. Gewidmet ist der Preis dem 1999 im Alter von 79 Jahren verstorbenen Gerhard Klein, der in Berlin eine Kinolegende ist und unter anderem das Bundesverdienstkreuz erhielt. Der Gerhard-Klein-Publikumspreis, gestiftet von der Familie Gerhard Kleins, ist mit 2.000 Euro dotiert.
Ein weiterer Preis wird an den besten israelischen Film des Festivals vergeben. Auch diese Preissumme in der Höhe von 3.000 Euro wird großzügig von der Familie Klein gestiftet.
Das vollständige Programm des Festivals sowie einen Überblick über die Spezialveranstaltungen und Sondervorführungen finden Sie unter: www.jffb.de
Vom 25. Mai bis 5. Juni findet das Festival im Kino Arsenal in Berlin statt, vom 6. bis zum 8. Juni im Filmmuseum Potsdam.
Kartenvorbestellungen sind jeweils sieben Tage im Voraus möglich unter den Nummern 030 269 55 100 für Berlin und 0331 271 81 0 für Potsdam.