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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 31.08.2007


Joseph Schmidt Kollektion
Annegret Oehme

Die Edition Salzgeber veröffentlicht 2007 eine DVD Sammlung aus biografischem Spielfilm, einer Dokumentation und drei Originalfilmen als Hommage an den kleinen Sänger mit der großen Stimme.




"Flieht auch die Zeit, das Lied bleibt in Ewigkeit"

"Ein Lied geht um die Welt" ist als eines der eines der erfolgreichsten Lieder der dreißiger Jahre untrennbar mit dem Namen Joseph Schmidt verknüpft.
Mit der vorliegenden Kollektion will Edition Salzgeber Leben und Werk des zu seiner Zeit gefeierten jüdischen Tenors von Weltrang, der in den USA auch liebevoll "Pocket Caruso" genannt wurde, vor dem Vergessen bewahren.

Als der 1904 in Czernowitz geborene Joseph Schmidt 1925 seine Heimat verlässt, um in Berlin als Sänger Karriere zu machen, bietet ihm angesichts seiner Körpergröße von nur 1,54 m nur der Rundfunk einen Vertrag. Weil er singen will, nimmt er das Angebot an und gelangt innerhalb kürzester Zeit zu herausragendem Ruhm, besser gesagt: seine Stimme, denn lange Zeit weiß niemand, wie der neue Stern am Opernhimmel eigentlich aussieht. Bevor ihn der Tonfilm in persona entdeckt, hat er bereits 37 Opernpartien für das Radio eingesungen.

Sein erster großer Film "Ein Lied geht um die Welt", der ihm auf den Leib geschrieben wurde, feiert am 8.Mai 1933 Premiere und wird ein grandioser Erfolg. Doch nur einen Tag später werden in Berlin und anderen Städten Bücher "wider den deutschen Geist" verbrannt. Der Nationalsozialismus tritt seinen "Siegeszug" an und wie viele andere jüdische KünstlerInnen muss auch Joseph Schmidt aus Deutschland fliehen. Anders als vielen anderen gelingt es ihm, auch in den USA und Großbritannien an seinen Ruhm anzuknüpfen. Aus Heimweh und Sorge um die Mutter kehrt er jedoch 1938 zurück nach Europa, wo sich zunächst noch der große Herzenswunsch des Sängers erfüllt – er singt seine einzige Opernpartie als Rudolf in Puccinis "La Boheme" in der Brüsseler Oper. Da auch Belgien nicht mehr lange Sicherheit bietet, sucht er in Nizza und schließlich in die Schweiz Zuflucht, wo er 1940 mittellos in einem Flüchtlingslager untergebracht wird. Dort stirbt er am 16. November 1942 an Herzversagen. Er wurde nur 38 Jahre alt.

Das tragisches Schicksal Joseph Schmidts wurde 1958 unter der Leitung Géza von Bolvárys verfilmt. In einer der Hauptrollen ist Theo Lingen zu sehen, der auch lange Zeit mit dem Gedanken spielte, ins Exil zu gehen. Verheiratet mit einer jüdischen Frau, "empfahl" man ihm, sich scheiden zu lassen. Dass er trotz Repressalien der nationalsozialistischen Diktatur nicht in die Scheidung einwilligte, rettete seiner Frau und deren Mutter das Leben. Sein Kollege Heinz Rühmann hingegen ließ sich 1938 von seiner jüdischen Ehefrau scheiden, um seine Karriere nicht zu gefährden.

Angesichts der erschütternden Biografie Josef Schmidts scheint es ein unglaublich, dass für die Realisierung dieses DVD Projektes die deutsche Filmförderungsgesellschaft einen Zuschuss mit der Begründung verweigerte, "es handele sich bei den Filmen nicht um ´deutsche´ Filme."
"Ein Stern fällt vom Himmel" und "Heute ist der schönste Tag in meinem Leben" wurden in Österreich produziert und gedreht.

Zu den Filmen:

Ein Lied geht um die Welt (1933): Der junge Sänger Ricardo (Joseph Schmidt) gelangt zu Ruhm – doch nicht sein Gesicht. Weil er klein ist, aber ein große Stimme hat, bekommt er nur Platten- und Rundfunkverträge. Dabei ist sein größter Traum die Bühne.
Dieser Film ist der Biografie von Joseph Schmidt nachempfunden, dessen Stimme schon berühmt war, als noch kaum jemand sein Gesicht kannte, denn die meisten Opernhäuser gaben ihm angesichts seiner 1,54 m Körpergröße kein Engagement

Ein Stern fällt vom Himmel (1934): Der berühmte Opernsänger Lincoln (Egon von Jordan) erkrankt während der Aufnahmen zu seinem neuen Film. Den unbekannten, aber talentierten Josef (Joseph Schmidt) bittet man, dem Darsteller die Stimme zu leihen. Während Lincoln weiter vor der Kamera zu sehen ist, soll Josef singen. Beide verlieben sich zu dem in das gleiche Mädchen, die Klavierlehrerin Annerl (Evi Panzner) – die Verwirrung ist vollkommen.

Heut ist der schönste Tag in meinem Leben (1936): Nach dem Tod der Mutter werden die Zwillinge Beppo und Tonio (beide Joseph Schmidt) getrennt und jeweils einem ihrer Patenonkel anvertraut. Tonio macht Karriere als Opernsänger auf der Bühne, Beppo verdingt sich als Clown auf dem Wiener Prater.

Auf der vierten DVD finden sich die Dokumentation "Joseph Schmidt – Geschichte eines kurzen Lebens" (2004) von Marieke Schroeder und der biografische Film "Ein Lied geht um die Welt – die Joseph Schmidt Story" (1958), u.a. mit Theo Lingen, Ruth Stephan und Hans Reiser. In diesem Film Géza von Bolvárys wird die Geschichte des einzigartigen Tenors ohne viele Ausschmückungen nacherzählt. Das Drehbuch bleibt bis auf eine sehr frei erzählte Liebesgeschichte nahe am Leben des Sängers und nimmt auf direkte und indirekte Weise Bezug auf seine Filmen.

AVIVA-Tipp: Diese DVD-Kollektion ist eine hervorragende Komposition aus Biografie, Dokumentation und Mythos, die ohne viel Zutun ein umfassendes Bild des großartigen jüdischen Tenors Joseph Schmidt zeichnet. Die qualitativ gut aufbereiteten Filme mit zahlreichen Darbietungen seines sängerischen Könnens bieten dazu klanglich noch einen wahren Hochgenuss. Salzgeber & Co. gelingt mit der Veröffentlichung eine würdige Vorbeugung vor dem Jahrhundertsänger.

Joseph Schmidt Kollektion

Salzgeber & Co. Medien GmbH
4 DVDs
Ca. 388 Minuten
Ausführliches Booklet
Freigegeben ab 12 Jahren
Erscheinungstermin: 31. Juli 2007

www.salzgeber.de/josephschmidt


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Beitrag vom 31.08.2007

AVIVA-Redaktion