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Werkschau zum 125. Geburtstag der Berliner Bildhauerin Reneìe Sintenis, 24. November 2013 - 23. März 2014
AVIVA-Redaktion

Sie war eine der bedeutendsten KünstlerInnen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts - ihre berühmteste Skulptur ist der Berlinale Bär, der seit über 60 Jahren als symbolträchtige Ikone auf...




... den internationalen Filmfestspielen verliehen wird.

Reisende nach Berlin werden von dem lebensgroßen, bronzenen Jungbären aus der Hand Sintenis´ am ehemaligen Grenzübergang Dreilinden begrüßt. Auch den grafischen Entwurf des berühmten Bären findet mensch heute noch auf Grenzsteinen in der ganzen Bundesrepublik – sie zeigen die geografische Distanz zur Hauptstadt an. Anhand von verschiedenen Entwürfen und historischen Aufnahmen erzählt die Ausstellung, parallel zu den 64. Filmfestspielen vom 06. bis 16. Februar 2014, auch die Entstehungsgeschichte des Berlinale-Bären.

Anlässlich des Jubiläums widmet das Georg Kolbe Museum der Bildhauerin eine reich bestückte Einzelausstellung. Die Retrospektive vereint mehr als 100 Plastiken ihres vielfältigen Werks, dazu gehören in Bronze und Silber gegossene Tierfiguren, eindrucksvolle Darstellungen von SportlerInnen sowie expressive Portraits, darunter Bildnisse ihrer engsten FreundInnen, wie zum Beispiel Joachim Ringelnatz, der auch eine Reihe von Gedichten für seine Freundin verfasst hat. Eine Auswahl grafischer Blätter gibt aufschlussreiche Einblicke in ihre treffsicheren Studien der tierischen Physiognomie. Darüber hinaus übermittelt eine Vielzahl von historischen Fotografien ein lebendiges Bild ihrer Persönlichkeit in der Berliner Kunstszene der Vorkriegszeit.

Die Leihgaben der Ausstellung stammen überwiegend aus der Berliner Sammlung Knauf, ergänzt durch Werke aus dem Bestand der Neuen Nationalgalerie, die den Nachlass der Künstlerin betreut sowie aus der Sammlung des Georg Kolbe Museums.

In den Jahren der Weimarer Republik war Reneìe Sintenis insbesondere für ihre Tierskulpturen berühmt. Ihr Interesse galt den von ihr sehr geliebten Pferden, sowie Eseln, Hunden, Ziegenböcken und Rehen. Meist wählte sie Jungtiere als Vorbilder für ihre Kunstwerke, die sie in verspielten und lebensecht bewegten Posen festhielt. Ihre überwiegend kleinformatigen Skulpturen zeigen ein tiefes Interesse an der Ausdrucksstärke des Körpers. Die Tierbildhauerei war zu ihrer Zeit ein wichtiges künstlerisches Genre, Sintenis´ Tierplastiken zählen zu den wichtigsten Zeugnissen der BildhauerInnenkunst der Weimarer Republik.

Neben Tieren schuf Sintenis auch eindrucksvolle Portraits - ihre introvertierten Selbstbildnisse, sowie expressive Köpfe der FreundInnen vermitteln ein lebendiges Bild der Zeit und der Suche nach einem neuen Ich. Sie formte überdies einige herausragende Darstellungen von SportlerInnen, die sie in ihrer konzentrierten Bewegung festhielt. Sintenis´ Skulpturen waren schon damals in zahlreichen internationalen öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten, neben der Berliner Nationalgalerie auch in der Londoner Tate Gallery oder im New Yorker Museum of Modern Art. Zunächst wurde sie von dem Galeristen Wolfgang Gurlitt vertreten, bereits 1920 stellte sie erstmals bei dem einflussreichen Kunsthändler Alfred Flechtheim in Düsseldorf aus, zu dessen Lieblingskünstlerin sie in den Folgejahren avancierte.

Über ihr bildhauerisches Schaffen hinaus war Sintenis eine aufsehenerregende Persönlichkeit der Berliner Moderne. Bereits mit Mitte 20 erkämpfte sie sich eine eigenständige künstlerische Existenz und zählte damit zu den wenigen Frauen, die sich in der dichten Berliner Kunstszene durchsetzen konnten. Seit 1913 stellte sie regelmäßig aus und wurde von den KollegInnen der Freien Secession, der damals einflussreichsten Berliner KünstlerInnenvereinigung, sehr geschätzt. Mit ihrer hoch aufragenden Körpergröße von 1,80m, dem androgynen Äußeren und einem selbstbewussten, modischen Auftreten verkörperte sie in idealer Weise den damals vielfach zitierten Typus der ´Neuen Frau´. Vielen MalerInnen, BildhauerInnen und FotografInnen war sie ein beliebtes Modell, wie beispielsweise Georg Kolbe (1877-1947), Frieda Riess (1890-1955), Fritz Eschen (1900-1964) und ihrem Mann, dem Grafiker und Maler Emil Rudolf Weiß (1875-1942).

Obwohl Sintenis 1934 wegen der jüdischen Eltern ihrer Mutter aus der Akademie der Künste ausgeschlossen wurde (wo sie 1931 als erste Bildhauerin und nach Käthe Kollwitz als zweite Frau in die Sektion bildende Kunst aufgenommen wurde), blieb sie in der Folgezeit von der schlimmsten antisemitischen Verfolgung verschont. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie an die Berliner Hochschule der Künste berufen und 1955 schließlich wieder in die neu gegründete Akademie der Künste aufgenommen.

Sie wurde mit den höchsten Auszeichnungen geehrt, darunter das Große Bundesverdienstkreuz (1953), außerdem wurde sie zur "Ritterin der Friedensklasse" des Ordens Pour le meìrite (1952) geschlagen.

Zur Ausstellung erscheint ein ausführlicher wissenschaftlicher Katalog, der das bildhauerische Schaffen von Reneìe Sintenis vorstellt.

Georg Kolbe Museum
Sensburger Allee 25
Berlin 14055

Weitere Informationen unter:

Georg Kolbe Museum

Reneìe Sintenis (1888-1965) auf Fembio



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Beitrag vom 18.11.2013

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