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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 29.06.2010


Pippa Lee - Ein Film von Rebecca Miller
Undine Zimmer

Nach ihrem Bestseller "The private lives of Pippa Lee" hat Autorin Rebecca Miller selbst das Drehbuch zum Film verfasst und dabei Regie geführt. Mit einem hochkarätigen Ensemble in schrulligen...




...Nebenrollen, hat sie die Geschichte einer Frau inszeniert, die auf ihr fast ganz normales Leben zurückblickt. In "Pippa Lee" beweist Robin Wright Penn Hollywood wieder einmal, wie attraktiv eine Schauspielerin sein kann, wenn sie die 40 überschritten hat.

Wie wird aus einer jungen orientierungslosen Partymaus eine beherrschte charmante und bisweilen lakonisch korrekte Ehefrau, die selbst über den Selbstmordversuch einer Bekannten pragmatisch hinweggeht? Eine genaue Antwort gibt "Pippa Lee" nicht. Er zeigt nur, dass es eben passiert.

Pippa Lee (Robin Wright Penn) ist um die 50 und die besorgte Ehefrau eines 30 Jahre älteren Verlegers, dem sie nach seinem dritten Schlaganfall in eine ruhige SeniorInnensiedlung folgt. Zunächst scheint Pippa der Umzug von New York leichter zu fallen als dem zynischen Herb. Dann aber beginnt Pippa nachts schlafwandelnd zu rauchen und Schokoladenkuchenorgien in der Küche zu veranstalten. Noch dazu wird die sonst so perfekte und beherrschte Frau aus einem Töpferkurs geworfen. Von all dem ließe sich Pippa jedoch nicht aus der Ruhe bringen, wären da nicht plötzlich diese Erinnerungen aus ihrer wilden Jugend, die sie verfolgen und auch ihre Ehe mit Herb in Frage stellen.

Pippa verbündet sich mit dem kauzigen Eigenbrötler Chris, wunderbar dargestellt von einem gar nicht wie sonst so attraktiven Keanu Reeves, der als verkappter Jesusfreak mit einem den ganzen Oberkörper bedeckenden Jesus-Tattoo auch noch der hoffnungslose Sohn von Pippas Nachbarin ist. Herrlich nervig ist auch Winona Ryder als hysterische, sensible Freundin Pippas. Das Ensemble der DarstellerInnen und die kurzen effektvollen Auftritte von Stars in den Nebenrollen machen diesen Film sehenswert. Diese kleinen skurrilen Szenen im Leben der jungen Pippa (Blake Lively) zeigen den trockenen Humor der Autorin und Regisseurin Rebecca Miller. Auch Pippas bereits erwachsene Kinder sind in "Pippa Lee" mehr als nur Dekoration eines Familienlebens und hervorragend besetzt mit Zoe Kazan als Mama-ignorierende Tochter und Ryan McDonald als Sohn und Mamas Verbündeter. Nachdenklich dagegen stimmt die Gegenwart von Pippa Lees langsamen Alltag, doch auch der verläuft eben nur fast normal.

Die Übergänge von Gegenwart und Vergangenheit sind in "Pippa Lee" besonders schön gemacht: wie im Theater wurden zwei Kulissen nebeneinander aufgebaut. Anstelle einer sich drehenden Bühne fährt die Kamera in einigen Szenen durch ein Fenster zur nächsten Kulisse. Es ist, als ob man mit den Gedanken Pippas langsam in die Vergangenheit gleitet und es dauert einen Moment, bis man ganz sicher ist, ob die Szene in der Gegenwart oder Vergangenheit stattfindet.

In ihrem Eheleben scheint Pippa routiniert und etwas abwesend, als ob sie sich selbst dabei beobachtet, wie sie allen anderen Ratschläge erteilt, bis plötzlich die junge Pippa in ihr diese Routine durchbricht. Im Laufe des Films fragt man sich, wie Pippa eigentlich bei Herb gelandet ist und was sie dort gehalten hat. Die Institution Ehe wird als der ewige Kreislauf von Bindungen und Affären beschrieben. Dennoch hat man das Gefühl, dass etwas Tieferes Pippas Hingabe für diesen Mann begründet haben muss, das vielleicht in der Romanvorlage greifbarer wird.

AVIVA-Tipp: "Pippa Lee" ist ein kleiner amüsanter Film mit großen DarstellerInnen über das Gefühl der Verwunderung, wo im Leben man eigentlich angekommen ist. Rund wird der Film durch die kleinen wunderbaren Einschübe aus Pippas Jugend, die im Gegensatz zum ruhigen beige-grauen Leben in der Senioren Siedlung, bunt und urban wirken. Julianne Moore als dominante Lesbe Kat, Monica Bellucci als exzentrische Ehefrau und Maria Bello als drogenabhängige Mutter verleihen diesen überdrehten Szenen eine schillernde Präsenz. Sehenswert ist Robin Wright Penn als Pippa Lee allemal. Ein bisschen Pippa Lee kann vielleicht jede von uns in sich wiederentdecken.




Pippa Lee
The private Lives of Pippa Lee

USA 2010
Drehbuch und Regie: Rebecca Miller
Produktion: Rebecca Miller, Lemore Syvan
DarstellerInnen: Robin Wright Penn, Keanu Reeves, Alan Arkin, Winona Ryder, Julianne Moore, Monica Bellucci, Maria Bello, Blake Lively, Zoe Kazan
Verleih: Senator Film Verleih
Länge: 98 Minuten
Kinostart: 01. Juli 2010
www.pippalee.com

Lesen Sie auch unsere Rezension zu "Als sie seine Schuhe sah, wusste sie, dass sie ihren Mann verlassen würde" von Rebecca Miller auf AVIVA-Berlin.


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Beitrag vom 29.06.2010

Undine Zimmer