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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 02.08.2010


Freche Mädchen 2 - Ein Film von Ute Wieland
Evelyn Gaida

Das Dumme am Happy End ist oft, dass der Film dann aufhört. Und was passiert, nachdem sie sich endlich gekriegt haben? In der Fortsetzung sind alle drei "frechen Mädchen" nun mit Freund ...




... ausgestattet.

Obwohl der erste Teil (2008) auf der sehr erfolgreichen "Freche Mädchen - freche Bücher!"-Reihe basiert, kam es für die MacherInnen doch überraschend, dass er mehr als eine Million ZuschauerInnen in die Kinos lockte. Zwecks Fortsetzung wurde deshalb, soweit wie möglich, das bereits erprobte Team wieder zusammengeholt. Auch soll es ein weiteres Mal "um den ganz normalen Teenageralltag - Herzflimmern, Liebeswirren und Erwachsenwerden" gehen, für den im Erstling eine gut funktionierende Balance zwischen komödiantischer Überzeichnung und Natürlichkeit gefunden wurde. Diesmal ist die Filmstory keine Adaption der "Freche Mädchen"-Bücher, sondern umgekehrt erscheint ein neues Buch zum Film. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass die Balance in Teil 2 nicht ganz hinhaut.

"Wie führt man eigentlich eine Beziehung?" sei in der Fortsetzung jetzt die Frage, sagt Produzent Ulrich Limmer. So wirklich soll und muss ihr in einem Unterhaltungsfilm für eine Zielgruppe von Acht- bis Zwölfjährigen natürlich nicht nachgegangen werden. Die drei Mädchen fahren erstmal zur Chorfreizeit auf die Alm, fern von ihren Liebsten (ausgenommen Tobi). Vorher gibt es jedoch Eifersüchteleien, Trennungsängste und Vertrauensprobleme, die echt wirken und auch ohne das "Engelchen-versus-Teufelchen-Geflüster" auf Milas Schultern samt Verpuffungseffekt interessant genug gewesen wären.

Ein Stück Schulzeit mit Déja-vu-Charakter wird zu Beginn der Klassenfahrt bei den ZuschauerInnen lebhaft wachgerufen: Das Ausharren vor den geöffneten Gepäckluken des Busses, der Jammer beim Koffertragen, begleitet von pädagogischen Einwirkungen, das Grauen, als der Mathelehrer eintrifft. Dieser erscheint gar in Gestalt seines schauerlichen Prototyps - cholerisch, grotesk, unsensibel, im Heimwerkerchic mit Karohemd, sprich "Rumpelstilzchen", alias Armin Rohde. Demgegenüber Neuzugang Tom Gerhardt als esoterischer Musiklehrer Nickel, Alt-68er mit Zöpfchen und größtmögliche Antithese zu Rumpelstilzchen: "Man kann auch zu jungen Leuten ´Bitte´ sagen." "Bitte?"

Die Szenerie kippt allerdings in Richtung Quatsch, als besagtem Nickel der überoffensichtlich von der Requisiteurin "gepackte" Koffer aufplatzt, unter anderem ein Stofftier herausfällt und der Geschädigte sein Malheur in bester Teletubby-Manier mit den Worten "Armes Bärchen. Nicht gut." kommentiert. Ungefähr so läuft es leider wiederholt im gesamten Film: Szenen oder Dialoge sind Teenagern anfangs glaubwürdig nachempfunden, originell umgesetzt und nehmen gleichzeitig die Altersgruppe liebevoll auf den Arm. Bedauerlicherweise enden sie oft in der bizarr überzogenen und erzwungenen Lachnummer, die als Pointenkiller den gegenteiligen Effekt erzielt.

Insgesamt hat der Film das Herz jedoch am rechten Fleck. Vor allem ist ihm zugute zu halten, dass die Protagonistinnen und ihre Jungs nicht zu Stereotypen mutieren, sondern Entwicklungen durchmachen, die für das Erwachsenwerden tatsächlich wichtig sind. Hanna (Selina Shirin Müller) muss nicht singen wie Christina Aguilera oder irgendein anderes Pop-Sternchen, auch wenn ihr selbsternannter Produzent und Freund (Ben Unterkofler) das von ihr verlangt. Kati (Henriette Nagel) findet einen von ihr angehimmelten Aufreißer, der auch noch Model ist, am Ende völlig hohl und Mila (Emilia Schüle) verabschiedet sich langsam von kindischen Eifersuchtsspielchen.

Das "große Gefühlsfinale" trägt dann allerdings so dick auf, dass die Peinlichkeitstoleranz der ZuschauerInnen auf eine arge Probe gestellt wird. Alles kommt im Lauf der Abschlussfeier in die Reihe und zueinander, was leider gleich auf der Bühne demonstriert werden "muss". Glückliche Menschen tanzen, bezeugen vor aller Welt ihre gegenseitige Liebe, küssen sich und springen herum. Das anfangs beschriebene Kippen eben, hier in die große Schmalzoffensive. Ob sich da nicht auch bei der Zielgruppe zum Schluss das Kräuseln einstellt?

AVIVA-Tipp: Trotz zahlreicher überflüssiger Abrutscher ins Quatsch-Geblödel und zu starke Überzeichnungen eine überwiegend sympathische und unterhaltsame Teenie-Komödie mit Schmachtpotential, die in ihren besten Momenten den Wirren, Mühsalen und Freuden des Teenagerdaseins auf witzige Weise spontanes Leben einflößen kann. Das Ende ist dagegen ein echter Rausschmeißer mit schmalziger Rutschgefahr.

Zur Regisseurin: Ute Wieland, geboren in Großbottwar (bei Stuttgart), studierte zunächst Germanistik und Theaterwissenschaften, bevor sie sich an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film einschrieb. Ihr Kinodebüt IM JAHR DER SCHILDKRÖTE von 1989 war für den Bundesfilmpreis nominiert. Danach arbeitete Ute Wieland hauptsächlich an TV-Produktionen, darunter die "Polizeiruf 110"-Folge "Hetzjagd", die Komödien "Wie angelt man sich seinen Chef?" und "Italiener und andere Süßigkeiten" und der Zweiteiler "Miss Texas". 2006 kehrte Ute Wieland mit der Fußballkomödie FC VENUS auf die große Leinwand zurück. Ihre letzten großen Fernseharbeiten waren Ende 2007 der Lena-Odenthal-"Tatort" mit dem Titel "Fettkiller" und der dreiteilige ZDF-Fernsehfilm "Die Rebellin". Nach dem großen Erfolg von FRECHE MÄDCHEN (2008) übernahm sie auch für den zweiten Kinofilm mit den Abenteuern der "Frechen Mädchen" Mila, Kati und Hanna die Regie.

Freche Mädchen 2
Deutschland 2010
Regie: Ute Wieland
Buch: Maggie Peren
DarstellerInnen: Emilia Schüle, Selina Shirin Müller, Henriette Nagel, Jonathan Beck, Vincent Bruder, Ben Unterkofler, Armin Rohde, Tom Gerhardt u.a.
Verleih: Constantin Film
Lauflänge: 95 Minuten
Ohne Altersbeschränkung
Kinostart: 05. August 2010

Weitere Informationen finden Sie unter:

www.frechemaedchen2.film.de

www.facebook.com

www.frechemaedchenfrechebuecher.de

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Evelyn Gaida