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Beitrag vom 10.02.2011
Das Lied in mir - Eine Frau sucht nach der Wahrheit
Yasmine Georges
Es geht um Liebe, Familie, Tod und historische Tatsachen, aber auch um Verrat, Schuld und Identitätssuche: Florian Cossens erster Spielfilm spielt mit Genre-Grenzen und Themenvielfalt. Vor allem...
...die überzeugenden DarstellerInnen machen Cossens Film trotz einiger Unstimmigkeiten zu einem beklemmenden Kinoerlebnis.
Wie von Ferne erklingen die Töne des Kinderliedes. Die beruhigende Stimme der Frau übt eine beinah hypnotische Anziehungskraft auf Maria (Jessica Schwarz) aus. Unwillkürlich stimmt sie in den Gesang ein, und obwohl sie kein Wort Spanisch spricht, scheinen Maria Melodie und Text des Kinderliedes wie von selbst wieder einzufallen. Verstört und verwirrt zugleich begibt sich die Protagonistin auf eine Reise in die eigene Vergangenheit.
Zwischen altem und neuem Leben
Maria Falkenmeyer führt ein behütetes Leben in Deutschland. Das tägliche Schwimmtraining und die Besuche bei ihrem Vater bestimmen den Alltag der 31-Jährigen. Als Maria zu einem Schwimmwettkampf in São Paulo aufbricht und auf dem Flughafen in Argentiniens Hauptstadt umsteigt, beginnt ihre Welt auseinander zu brechen. Sie beschließt zu bleiben und nachzuforschen, bis sie auf ein lange gehütetes Familiengeheimnis stößt.
Jessica Schwarz brilliert in diesem Film als Protagonistin Maria. Der Schauspielerin gelingt es, dem recht unscheinbaren und alltäglichen Charakter eine vollkommen neue Seite zu geben, die sich den ZuschauerInnen erst im Laufe des Films erschließt. Sie verliert ihren Pass, lässt sich auf eine Affäre mit einem Polizisten ein und löst sich schließlich von ihrem Vater Anton (Michael Gwisdek). Auch dessen Leben verändert sich nach Marias Entdeckung. Die zunehmenden Fragen, die immer tiefer werdende Kluft zwischen Vater und Tochter und der Vertrauensbruch, den Letztere erfährt, spielen Schwarz und Gwisdek mit ungebrochener Intensität.
Ein Thriller, oder doch ein Drama?
Die Spannung bleibt dabei trotz raffinierter Dialoge und den großartigen Leistungen des gesamten Casts auf der Strecke. Nach der anfänglichen Fragerunde klären sich die Umstände von Marias Vergangenheit zu schnell und vor allem zu einfach auf. Die nächsten Schritte der Hauptfiguren ebenso wie Handlungsstränge sind vorhersehbar, - Florian Cossens Spielfilmdebüt fehlt es an Originalität, zu sehr hält sich der Regisseur an seinem Plot fest und lässt keinen Raum für Phantasie. Aus dem anfänglichen Thriller wird innerhalb der ersten halben Stunde ein Familiendrama. Diese abrupte Wendung nimmt dem Film viel von seiner Stärke, wird aber im weiteren Verlauf überraschend zu seinem Retter.
Der Drama-Teil des Films stellt nicht die Suche in den Mittelpunkt, sonder viel eher den Umgang mit dem Gefundenen, und schafft dadurch einen völlig neuen Ansatz, der "Das Lied In Mir" zum anrührenden Selbstfindungstrip werden lässt. Wie geht es weiter, wenn das eigene Leben zur Lüge wird? Gibt es überhaupt einen Weg zurück? Die Fragen, die der Film aufwirft, bleiben haften.
Die zweite Protagonistin
Neben der zunehmenden Verflechtung im Dickicht der Beziehungen, lebt "Das Lied In Mir" vom Charisma seines Schauplatzes. Der Film wurde fast ausschließlich in Buenos Aires gedreht. Florian Cossen fängt die Hauptstadt von Innen heraus ein, zeigt heruntergekommene Straßenecken und korrupte PolizistInnen und vergisst dabei nicht, die Schönheit des Südens einzufangen. Regietechnisch besonders beeindruckend ist der wasserähnliche Schleier, der aus Reflektion und Sonnenlicht auf den Dächern der Stadt entsteht, und zu Anfang des Films wie ein Flimmern über die Leinwand läuft. Die wellenartigen Bewegungen dieser unsichtbaren Schicht lassen Marias Reise in die Vergangenheit erahnen - ein sehr metaphorischer Ausblick auf das Kommende, der seine Wirkung nicht verfehlt.
"Das Lied In Mir" wurde bereits bei seiner Weltpremiere in Montréal zweifach ausgezeichnet. "Das Lied In Mir" lief danach auf mehreren Festivals, darunter das "Filmfestival Zürich" und die "Internationalen Hofer Filmtage", und wurde mehrfach prämiert.
AVIVA-Tipp: Es wäre besser gewesen, sich für ein Genre zu entscheiden, statt eine halbgare Wahrheitssuche übereilt zu einem Familiendrama umzumodeln. Trotz dieses Mankos ist "Das Lied In Mir" sehenswert. Mit ihren nachdenklichen Bildern und gehaltvollen Dialogen entschädigt die zweite Hälfte des Films für den komprimierten Anfang.
Das Lied in mir
Deutschland/Argentinien 2010
Regie: Florian Cossen
Buch: Elena von Saucken und Florian Cossen
DarstellerInnen: Jessica Schwarz, Michael Gwisdek, Rafael Ferro, Beatriz Spelzini, Carlos Portaluppi u.a.
Verleih: Schwarz-Weiss-Filmverleih
Lauflänge: 95 Minuten
Kinostart: 10. Februar 2011
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Weitere Infos zum Film finden Sie unter:
www.dasliedinmir.de
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