AVIVA-Berlin >
Kultur
AVIVA-BERLIN.de im Oktober 2024 -
Beitrag vom 20.04.2003
Würzig wie Chili, berauschend wie Tequila
Kirsten Eisenberg
Schade, dass man Kinobilder nicht schmecken und anfassen kann... Der Kinofilm "Frida" mit seinen wunderschönen Farben und seiner feurigen Musik ist ein Fest der Sinne
Mexico City Anfang des 20. Jahrhunderts: Frida Kahlo (Salma Hayek) ist ein glücklicher, lebenslustiger Teenager. Sie lebt in einer liebevollen Familie, hat Spaß an den ersten sexuellen Erfahrungen mit ihrem Freund und genießt ihre Schwärmerei für den gefragten Maler Diego de Rivera (Alfred Molina). Schon in einer erste Begegnung mit ihm begeistert Frida den Künstler durch ihre Unverfrorenheit - alles spricht für eine glückliche Entwicklung.
Doch dann passiert während einer Busfahrt ein schrecklicher Unfall, der Fridas gesamtes Leben und Werk prägen soll...
Ans Bett gefesselt und im Korsett gefangen, beginnt sie, mithilfe eines Spiegels über ihrem Bett, zu malen. Jahre später, durch ihr Leiden härter und entschlossener geworden, sucht sie mit ihren Bildern unterm Arm erneut Rivera auf. Gegenseitige Anerkennung, Freundschaft und schließlich Liebe entwickelt sich zwischen den beiden. Doch war die Hochzeit ein weiser Entschluss für Frida?
Fettwanst und Weiberheld - Diego Rivera (überzeugend: Alfred Molina) ist ein Ehemann zum Davonlaufen, aber gleichzeitig ein wunderbarer Freund. Vielleicht kommt er im Film zu gut weg, seine Eskapaden werden mit männlichem Trieb leichtfertig entschuldigt.
Im Hinblick auf Rivera fehlt auch ein dunkler Aspekt in seiner Beziehung zu Frida: Es wird kaum thematisiert, dass Fridas Kunst durch Rivera die Luft zum Atmen genommen wurde und erst nach ihrem Tod die verdiente Anerkennung erlangte.
Gläser werden an die Wand geworfen, mit derben Flüchen geizt man nicht - in der Verfilmung des Lebens der faszinierenden Künstlerin fliegen die Fetzen. Zurecht wurde die Hauptrolle mit der Mexikanerin Salma Hayek besetzt, die gleichzeitig auch Produzentin des Films ist und hart um dessen Entstehung kämpfte. Man merkt, dass Hayek sich sehr stark mit ihrer Landsmännin identifiziert und es daher schafft, deren feuriges Temperament glaubhaft zu spielen. Anfangs war neben Hayek auch deren Erzrivalin Jennifer Lopez für die Rolle der Frida im Gespräch gewesen.
Den besonderen Reiz des Filmes machen sicherlich die farbenfrohen Kostüme und Szenerien aus, fast kann man die Gerüche des bunten Marktes und den Geschmack der kulinarischen Genüsse auf Fridas Esstisch wahrnehmen. Die unnachahmlichen leuchtenden, langen Kleider und kunstvollen Schmuckstücke, welche die Künstlerin zu tragen pflegte, machen Lust auf einen Stil mit Mut zur Weiblichkeit.
Doch der Film beeindruckt nicht nur durch Äußerlichkeiten. Frida Kahlos derber, maskuliner (sie ext auch schon mal eine halbe Flasche Tequila!) und zugleich unheimlich warmherziger Charakter, ihre Sinnlichkeit und ihr innerer Kampf mit dem Schmerz fesseln die ZuschauerInnen. Etwas zu kurz kommt leider die Bisexualität der Künstlerin. Nur in einer packenden Tanzszene, in die Salma Hayek viel Erotik legt, wird Frida Kahlos Liebe zu Frauen sichtbar.
"Frida" ist auch in künstlerischer Hinsicht ein toller Film. Surrealistische Szenen mit klappernden Skeletten sind Ausdruck des Schmerzes, der die Künstlerin ständig begleitete. Auch Gemälde der Künstlerin, die sich plötzlich in Filmszenen verwandeln, und collagenartige Zeitraffer sind überraschend und wirkungsvoll.
Frida Kahlos Bilder gehen mit ihrer Schönheit und doch fast brutalen Botschaft unter die Haut - ähnlich wie dieser Film, der einen mitreißt, sich vor Lachen biegen lässt, zu Tränen rührt.
Leider sind auch zwei Stunden viel zu wenig, um das ganze Leben einer so facettenreichen Person darzustellen, die ZuschauerInnen werden im Schnelldurchlauf durch die Jahre gejagt.
Man würde manchmal gerne länger verweilen, und noch lange nach Verlassen des Kinosaals ist man verzaubert und lauscht den schweren, wehmütigen Klängen der alten "negra" nach.
Frida
Regie: Julie Taymor
USA 2003, 123 Minuten
Mit Salma Hayek, Alfred Molina, MÃa Maestro