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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 25.01.2006


Eine andere Liga
Christiane Müller

Wie wird eine 20jährige Frau mit einer Brustamputation fertig? Ein schwieriges Thema hat sich Regisseurin Buket Alakus vorgenommen und erzählt die Geschichte als Tragikomödie.




Ein erschütternder Zeitungsartikel über eine junge, brustamputierte Frau, die sich frisch verliebt hatte, brachte Buket Alakus ("Anam") auf die Idee zu ihrem zweiten Kinospielfilm "Eine andere Liga". Die frisch operierte Frau hatte wegen ihres körperlichen "Makels" Probleme, unbefangen auf den neuen Mann zu reagieren. Dies ist auch der Kern der Geschichte der jungen Hayat (Karoline Herfurth), die Alakus rührend und amüsant zugleich erzählt.
Für die hübsche Hayat ist nach der OP nichts mehr so, wie es mal war. Sie ist durch die Medikamente geschwächt, kann ihren heißgeliebten Sport in einem hart trainierenden Frauen-Fußballverein nicht mehr ausüben und leidet furchtbar, weil ihr einst makelloser Körper nun verstümmelt ist. Ihr besorgter Vater (Thierry van Werveke) drängt sie, sich zu schonen, hat er doch bereits seine Frau an den Krebs verloren. Doch Hayat braucht den Fußball, die Bewegung, die Herausforderung und fängt heimlich wieder an zu trainieren. Da der Vater sie bei ihrem alten Verein abmeldete, geht Hayat eben zum FC Schanze, einem bunt zusammengewürfelten "Haufen" von witzigen, rotzlöffeligen Ghettogirls. Hier lernt sie deren Trainer Toni (Ken Duken) kennen, der lieber Bier saufend am Rand sitzt und freche Sprüche klopft anstatt die Mannschaft zu scheuchen. Hayat hingegen setzt all ihren Ehrgeiz daran, das Team zu motivieren und bringt Toni dazu, seinen Job wieder ernst zu nehmen. Sie fühlen sich bald zueinander hingezogen, doch aufgrund ihres körperlichen Zustandes lässt sie ihn trotz seiner zahlreichen Annäherungsversuche immer wieder abblitzen. Sie kann sich einfach nicht vorstellen, dass ein so attraktiver Mann sie lieben kann, obwohl sie nur noch eine Brust hat. Doch mit seiner Hartnäckigkeit und Zärtlichkeit kann Toni sie peu á peu überzeugen, dass sie auch liebenswert ist, ohne "perfekt" zu sein.

Wer nah am Wasser gebaut hat, braucht auf jeden Fall ein bis zwei Taschentücher! Wie Karoline Herfurth ("Mädchen, Mädchen", "Anemonenherz") das vom Krebs versehrte und genesende Mädchen spielt, geht unter die Haut. Wie sie ihrer besten Freundin ihr Herz ausschüttet oder mitten im innigen Kuss den Mann, den sie liebt, wegstößt und anschreit - das ist absolut ergreifend. Ein großes Talent!
Rührend, liebenswert und unfreiwillig komisch ist der Part von Thierry van Werveke als Hayats Vater. Der viel beschäftigte, in Genf geborene Schauspieler (u.a. "Der Eisbär", "Knockin´ on heaven´s door") überzeugt als um seine Frau trauernder Mann, der jetzt all sein Herzblut seiner Tochter widmet.
Das Highlight des Films, der, der alles zum Glitzern bringt, ist jedoch Ken Duken ("Gran Paradiso", "100 pro"). Seine Performance als von sich überzeugter, unbeschwerter sexy Verführer, der - als er von Hayats Krankheit erfährt - geschockt zum ersten Mal den Ernst des Lebens begreift, ist faszinierend. Buket Alakus hat mit Duken eine Top-Besetzung, denn er verkörpert eine seltene Mischung aus Sexappeal und Sensibilität.

Leider wurde das Thema "Brustamputation" visuell nicht gut genug umgesetzt. So richtig glaubt der Zuschauer/die Zuschauerin nicht, dass Hayat tatsächlich nur noch eine Brust hat. Ob sie vorm Spiegel steht (ein Bild, das im Rahmen steckt, verdeckt die rechte Seite des Körpers) oder ob sie mit bandagierter Brust oder im T-Shirt dasteht - immer ist dort noch eine kleine Wölbung zu sehen, wo eigentlich keine mehr da sein dürfte.
Geschicktere Kaschierungen (z.B. weitere Kleidung oder ein einzelner Kunstbusen, der größer als Karoline Herfurths ist) wären da besser gewesen. Auch der Einsatz eines Doubles für Nahaufnahmen, das tatsächlich brustamputiert ist, wäre eine Möglichkeit gewesen. Da der Film die ganz klare lebensbejahende Botschaft transportiert, dass der Krebs auf keinen Fall siegen darf und auch Frauen mit nur einer Brust schön sind, hätte sich sicher eine Betroffene finden lassen.

AVIVA-Tipp: Weniger ein Film über Krankheit, sondern eher ein richtig schöner Liebesfilm, der die Sehnsucht weckt, sich mal wieder so richtig heftig zu verlieben (falls man/frau es nicht bereits ist...). Wer es gerne romantisch-ergreifend mag, ohne einen fetten "Blockbuster"-Look zu erwarten, wird nicht enttäuscht sein.

"Eine andere Liga" startet am 26. Januar 2006 im Verleih von timebandits films in den Kinos.

Lesen Sie auch die Interviews mit der Regisseurin Buket Alakus und der Hauptdarstellerin Karoline Herfurth.


Regie: Buket Alakus
Buch: Buket Alakus und Jan Berger
Der Film entstand in Co-Produktion mit dem ZDF / Das kleine Fernsehspiel.
DarstellerInnen: Karoline Herfurth, Ken Duken, Thierry van Werveke, Zarah Jane McKenzie u.a.
Länge: 110 Minuten

Weitere Informationen im Netz: www.eineandereliga.de



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Beitrag vom 25.01.2006

AVIVA-Redaktion