Doppelleben. Ein Dokumentarfilm mit Susanne Knoll von Douglas Wolfsperger. Filmstart 30. August 2012 - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kultur Kino



AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 28.08.2012


Doppelleben. Ein Dokumentarfilm mit Susanne Knoll von Douglas Wolfsperger. Filmstart 30. August 2012
Susanne Schwarz

Von der mächtigsten Frau der Welt kann doch gar nicht genug da sein, oder? Angela Merkel gibt es jedenfalls neben dem Original auch als Double. Warum jemand einen anderen Menschen imitiert, wie ...




... das vonstatten geht und wie sehr das Leben des Doubles davon geprägt wird, untersucht Douglas Wolfsperger – hauptsächlich anhand von Angela-Merkel-Double Susanne Knoll.

Erst am 22. August 2012 hat das Forbes Magazine Angela Merkel zum sechsten Mal zur mächtigsten Frau der Welt erklärt. Doch in manchen Belangen ist selbst die Bundeskanzlerin machtlos: Wenn plötzlich mit ihr zusammen drei Angela Merkels (zuzüglich Dunkelziffer) in der Weltgeschichte herumlaufen!
Die Dokumentation Doppelleben portraitiert zwei Angela Merkel-Doubles und ihre WegbereiterInnen. Hinzu gesellt sich auch ein Doppelgänger von Bill Clinton, dem ehemaligen Präsidenten der USA.

Susanna Knoll war müde und ziemlich krank, als sie sich wider besserer Einsicht von ihrem Ehemann auf einen Polterabend schleppen ließ. Mit Augenringen und hängenden Schultern schlich sie schlapp durch die Veranstaltung – und wurde plötzlich vom angeheuerten DJ angesprochen. Ob sie wisse, dass sie genau aussehe wie Angela Merkel? "Für mich was das zu dem Zeitpunkt wie ein Schlag ins Gesicht", erinnert sich Knoll im Film. Den Vorschlag ihres Entdeckers, sich doch als Double für die Kanzlerin zu versuchen, schlug sie spontan aus. Doch die Idee sowie die Visitenkarte des DJs, der sich auch gleich als Manager bereiterklärt hatte, gingen ihr nicht aus dem Kopf. Eine Veränderung im Leben hatte sich die Hausfrau und dreifache Mutter aus Lübeck sowieso gewünscht, vielleicht war diese Sache ja genau, wonach sie gesucht hatte. Wenn nicht, dann konnte sie ja jederzeit wieder aufhören.

Einige Monate, etliche Probeaufnahmen und eine Scheidung vom Ehemann später – ebenfalls Teil der gesuchten Veränderung – ging es dann los mit dem ersten großen Auftrag. Mittlerweile wurde sie durch eine professionelle Agentur für Doubles vermarktet. "Angela Merkel" sollte auf einer Konferenz der Energiewirtschaft auftreten. Wenige Tage davor wurde auch der Wunsch nach einer Rede der "Kanzlerin" dort laut. Mit dem Ziel, wenigstens ein paar Augenblicke als das Original durchzugehen, nahm Susanne Knoll die Herausforderung an und hielt die Rede inklusive einiger Aussetzer. Enttarnt wurde sie dennoch nicht, dafür aber gefragt, ob sie das Ganze noch etwas weiterspielen könne. "Und plötzlich stand ich da im Regierungsviertel vor ungefähr hundert Leuten von der Energiewirtschaft und unterhielt mich über Energiepolitik!", berichtet Knoll im Film und sieht dabei immer noch selbst etwas überrascht aus.

© Susanne Schwarz: Merkel-Double Susanne Knoll und Regisseur Douglas Wolfsperger am 27. August 2012 auf der Premiere von Doppelleben


Auch die Konkurrenz ließ nicht lange auf sich warten. In einem kleinen Dorf in Baden-Württemberg wohnt Marianne Schätzle, die ebenfalls als Merkel-Double unterwegs ist. Sie selbst bezeichnet sich sogar als Angela II.. In Doppelleben wird auch ihre Arbeitsweise beleuchtet. Die Kamera begleitet sie zum Schauspielunterricht, außerdem spricht Schätzle über ihre Aufträge. Im Unterschied zu Susanne Knoll bedient sie nämlich nicht nur offizielle, sondern auch private Termine wie die eine oder andere Geburtstagsfeier.

Das Phänomen des Politiker-Doubles beläuft sich nicht nur auf Angela Merkel. Lothar Wunderlich wurde zum ersten Mal auf seine Ähnlichkeit zu Bill Clinton aufmerksam, als er während eines Auslandsaufenthalts mit diesem verwechselt wurde. Im Gegensatz zu Susanne Knoll war er über sein Doppelgänger-Dasein überhaupt nicht erschüttert. Auf der Premiere von Doppelleben gibt er preis, dass Clinton für ihn den größten Politiker überhaupt darstelle. Für seine Auftritte hat er sich einen etwas holprigen Englisch-Deutsch-Mix zugelegt. Der Sachse hat dem ehemaligen US-Präsidenten sogar einmal in einem Brief beschrieben, wie er seine Double-Tätigkeit gestaltet. Die Krönung seines Erfolgs als Double sei für ihn die persönliche Antwort von Bill Clinton gewesen, die er gar nicht erwartet hatte.

Regisseur Douglas Wolfsperger begleitet die Doubles durch ihren Berufsalltag. Wie nebenbei stößt er sie auch auf die Frage, wie die professionelle Annahme einer fremden Identität die eigene prägt. Dies geschieht ohne Moderation und somit auch ohne redaktionelle Wertung. Wenn aber Wunderlich berichtet, er habe Kreditkartenabrechnungen teilweise schon aus Versehen mit "Clinton" unterschrieben, während Knoll in ihrem gesamten Bekanntschaftskreis nur noch mit "Angie" angesprochen wird, spricht das für sich. Nicht umsonst hat das bekannteste Merkel-Double Deutschlands ihre Tätigkeit als solches nach sechs Jahren aufgegeben und stattdessen gemeinsam mit seiner Tochter ein Tanzstudio eröffnet. Nebenbei engagiert sich Knoll seitdem übrigens in der Regionalpolitik Lübecks – für die SPD. Auch hier liegt erneut die Frage nahe, ob ihre Tätigkeit als Polit-Double sie dazu inspiriert haben mag.

AVIVA-Tipp: Wolfspergers Art, diese Doku aufzuziehen, ist angenehm zurückhaltend. Dass diese unglaublich unterhaltsam ist, verdankt sie unter anderem dem Fokus auf Interviews und Filmmitschnitte. Dass diese unkommentiert bleiben, hebt ihre Komik besonders deutlich hervor und beweist, dass das Leben manchmal exzentrischere Charaktere schreibt als es DrehbuchautorInnen oft gelingt. So bleibt Doppelleben auf der Ebene einer Dokumentation, die dem Publikum auch einen Mehrwert an Informationen verschafft. Das Augenmerk liegt dabei hauptsächlich auf Susanne Knoll, die auf erfrischende Art und Weise von ihrem Leben berichtet und ihre Double-Tätigkeit für ZuschauerInnen greifbar zwischen Humor und Ernsthaftigkeit betrachtet.


Doppelleben
Deutschland 2011
Regie: Douglas Wolfsperger
ProtagonistInnen: Susanne Knoll, Marianne Schätzle, Lothar Wunderlich, Jochen Florstedt
Filmmusik: Mathias Dietrich und Wolfgang Klemm (von den Prinzen)
Verleih: Camino
Lauflänge: 80 Minuten
Kinostart: 30. August 2012

Mehr Infos und Trailer auf www.doppelleben-film.de

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Beitrag vom 28.08.2012

AVIVA-Redaktion