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Beitrag vom 12.12.2018
RBG - Ein Leben für die Gerechtigkeit. Ein Dokumentarfilm von Betsy West und Julie Cohen über Ruth Bader Ginsburg, Kinostart am 13.12.2018
Helga Egetenmeier
Die 85-jährige Frauenrechts-Ikone, die Richterin am Supreme Court Ruth Bader Ginsburg, bei ihren jungen Fans auch als Notorious RBG bekannt, kämpft seit den 1970er Jahren für Geschlechtergerechtigkeit und Menschenrechte. Der Dokumentarfilm zeigt den Lebensweg der brillant argumentierenden Juristin und jüdischen Feministin, die 1993 ...
... als zweite Frau auf Lebenszeit an den Obersten Gerichtshof der USA berufen wurde.
Als erste Frau war von 1981 bis 2006 Sandra Day O´Connor Richterin am Obersten Gerichtshof der USA.
Eine vielbeschäftigte Frau von über achtzig Jahren
Als die Regisseurinnen Betsy West und Julie Cohen im Januar 2015 beschlossen einen Dokumentarfilm über die berühmteste Juristin der USA zu drehen, war Ruth Bader Ginsburg bei den Millennials bereits als "Notorious RBG" ein Internet-Phänomen. Die zweijährige Wartezeit bis zum ersten Interview mit der Richterin nutzten de Filmemacherinnen dafür, ihre Wegbegleiter*innen, sowie ihre Tochter Jane, ihren Sohn James und ihre Enkelin Clara zu interviewen und zusammen mit historischem Bildmaterial eine umfangreiche Biografie der heute 85-Jährigen zusammenzustellen.
Während der langen Arbeit an dem Dokumentarfilm veränderte sich die Welt auf der gesellschaftspolitischen und juristischen Ebene. So kam mit Donald Trump im Januar 2017 ein US-Präsident an die Macht, der seit Beginn seiner Amtszeit bereits zwei neue Richter für den neunköpfigen Supreme Court ernannt hat. Er stärkte damit die konservative Seite, so das heute der liberale Flügel um Bader Ginsburg mit vier Jurist*innen in der Minderheit ist.
Als häufigste Reaktion auf ihr Filmprojekt hörten die Regisseurinnen deshalb die Frage nach der Gesundheit der Richterin. Die Angst, sie als eine der wenigen Vertreterinnen des liberalen Amerika an höchster staatlicher Stelle zu verlieren, ist enorm. Dies zeigten auch die zahlreichen Genesungswünsche und die Posts in den sozialen Netzwerken, als sich die 85-jährige Ginsburg am 7. November 2018 bei einem Sturz in ihrem Büro drei Rippen brach.
Justice Bader Ginsburg´s Einsatz für die Gleichstellung der Geschlechter
Bereits in den 1970er Jahren erkämpfte die Juristin bahnbrechende Gerichtsurteile zur Gleichstellung der Geschlechter und wurde damit ein Vorbild und eine Heldin der Frauenrechtsbewegung. So verfasste sie 1971 die Klageschrift in dem Fall "Reed v. Reed", das den Supreme Court davon überzeugte, ein Gesetz des Bundesstaates Idaho aufzuheben, das besagte, dass bei der Vermögensverwaltung "Männer den Frauen vorzuziehen sind".
Der Film geht kurz auf weitere Fälle ein, bei denen sie als junge Anwältin vor dem Supreme Court gegen Geschlechterdiskriminierung eintrat, als diese noch kaum hinterfragt wurde. Ihre juristischen Strategien führten zu bahnbrechenden Entscheidungen, die große Fortschritte für die Gleichstellung von Frauen und Männern vor dem Gesetz bewirkten, deren Ausführungen im Dokumentarfilm jedoch leider etwas zu kurz kommen müssen. So z.B. ihr berühmtes Minderheitsvotum im Fall "Ledbetter v. Goodyear" von 2007. Ihre Argumentation führte im Jahr 2009 dazu, dass der Kongress ein Gesetz verabschiedete, um die Lohndiskriminierung von Frauen zu korrigieren.
Und auch wenn Ruth Bader Ginsburg mit ihren bahnbrechenden Urteilen ein gutes Fundament für den Feminismus legen konnte, zeigt die im Oktober 2017 gestartete #MeToo-Debatte, welch langer Weg zur Geschlechtergerechtigkeit noch vor uns liegt.
Eine kurze Biografie von Ruth Bader Ginsburg
Geboren wurde Joan Ruth Bader am 15. März 1933 in Brooklyn, New York City, als zweites Kind der jüdischen Familie Nathan Bader und Celia Amster. Ihr Vater kam im Alter von 13 Jahren aus Russland in die USA, die Familie ihrer Mutter stammte aus einem Stetl in der Nähe von Krakau, Polen. Ihre ältere Schwester Marilyn starb mit acht Jahren, Ruth war da gerade zwei Jahre alt. Am Tag vor ihrem College-Abschluss ereilte sie ein weiterer Schicksalsschlag: ihre Mutter, die ihr, wie sie sagt, dass Lernen und Denken beigebracht hat, starb an Krebs. Ihr wegweisender Rat wurde der jungen Ruth zum Lebensmotto für ihre Karriere: Wut ist nur Zeitverschwendung.
Ruth Bader heiratete 1954 mit Martin Ginsburg, der ebenfalls Rechtswissenschaften an der Harvard University studierte, einen Mann, von dem sie sagt, er war "the only boy I had ever met who cared that I had a brain." Obwohl sie als Beste ihrer Klasse die juristische Fakultät abschloss, wurde sie von keiner der zwölf Anwaltsfirmen eingestellt bei denen sie sich bewarb. Und bei ihrer ersten Professur (1963-1972) an der Rutgers Law School wurde ihr mitgeteilt, dass sie als Frau ein geringeres Gehalt erhalte, da ihr Mann ja gut verdiene.
Während dieser Zeit war Ruth Bader Ginsburg eine von weniger als zwanzig Juraprofessorinnen in den USA und wurde 1970 Mitbegründerin von "Women´s Rights Law Reporter", dem ersten Rechtsjournal in den USA, das sich auf Frauenrechte fokussierte. 1972 war sie Mitbegründerin des "Women´s Rights Project" der "American Civil Liberties Union" (ACLU), einer unabhängigen NGO, die sich auch heute weiterhin für Menschenrechte einsetzt und gegen Geschlechterdiskriminierung vor Gericht zieht.
Präsident Carter ernannte sie 1980 zur Richterin am Bundesappellationsgericht für Washington, DC. Dort arbeitete sie, bis Präsident Bill Clinton (1993-2001) sie 1993 als zweite Frau und als erste jüdische Richter*in auf Lebenszeit in den Obersten Gerichtshof der USA berief. 2016 erschien ihr Buch "My Own Words" bei Simon & Schuster.
Der Film beginnt und endet mit Aufnahmen, die sie bei ihrem regelmäßigen Fitnessprogramm mit ihrem Personal Trainer Bryant Johnson zeigen, und erfasst damit die außerordentliche Willenskraft von Ruth Bader Ginsburg, sich dem politischen Kampf um Gerechtigkeit weiterhin zu stellen.
"Notorious RBG" - Internet-Ikone der Millennials
Bader Ginsburgs Minderheitsmeinung zur Abschaffung des Voting Rights Act durch den konservativen Flügel des Supreme Court im Jahr 2013 regte die damals 24 jährige Studentin an der New York University of Law Shana Knizhnik dazu an, den Blog "Notorious RBG" ins Leben zu rufen.
Gemeinsam mit der MSNBC-Reporterin Irin Carmon entwickelte sie daraus das Buch "Notorious RBG: The Life and Times of Ruth Bader Ginsburg" (2015), das zu einem New York Times Bestseller wurde. Den beiden Autorinnen ist im Film-Interview ihre Begeisterung für RBG anzumerken.
Der konservative Flügel des Supreme Court hatte mit seiner Mehrheitsentscheidung gegen den 1965 eingeführten "Voting Rights Act" den Rassismus in den USA offiziell "für beendet erklärt".
Ruth Bader Ginsburg Ginsburg formulierte in ihrer Minderheitsmeinung: "Wenn man dem Argument der Mehrheit folgt, kann man auch mitten in einem Unwetter den Regenschirm wegwerfen, weil man zuvor nicht nass geworden ist."
AVIVA-Tipp: Ruth Bader Ginsburg prägt und prägte als Juristin, Richterin und Mensch mehrere Generationen von Frauen und Männern durch ihren Einsatz für die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Menschenrechte. Dafür steht auch dieser Dokumentarfilm und fordert in einer Zeit, in der die Wahrheit zu verschwimmen droht, dazu auf, sich der großen Bedeutung demokratischer und freiheitlicher Argumentationen bewusst zu werden. Ein wichtiges und inspirierendes Zeitdokument über eine außergewöhnliche Zeitzeugin, gemacht mit Liebe und einer Prise Humor.
Zur Regisseurin: Betsy West, Filmemacherin, Journalistin und Pädagogin, studierte an der Brown University und machte ihren Master in Kommunikation an der Syracuse University. Sie ist Managerin von Storyville Films, seit 2007 Professorin für Professional Practice in Media and Society an der Columbia University, seit über zwanzig Jahren Produzentin und Managerin bei ABC News und war von 1998 bis 2005 Senior Vice President bei CBS News. Für ihre Arbeit bei ABC News erhielt sie 21 Emmy Awards und zwei duPont-Columbia-Preise, sie war Ausführende Produzentin des Dokumentarfilm- und Digitalprojektes "Makers: Women Who Make America" (2012), der Kurz-Dokumentation "4%: Film´s Gender Problem" (2016) und des Dokumentarfilms "The Lavender Scare" (2017).
Mehr Infos auf dem Twitter-Account von Betsy West. twitter.com/betsywest
Zur Regisseurin: Julie Cohen, Regisseurin und Produzentin, machte nach ihrem Abschluss an der Colgate University ihren Master an der Juristischen Fakultät von Yale als Knight Journalism-Stipendiatin. Bevor sie ihre eigene Produktionsfirma "Better Than Fiction" gründete, war sie neun Jahre lang Produzentin bei NBC News, dafür wurde sie mit dem Individual Achievement Award (Gracie Award) als Beste News Producerin von der Organisation American Women in Radio and Television ausgezeichnet. In den 90er Jahren produzierte sie die wöchentliche TV-Sendung "Supreme Court Watch" bei Court TV. Derzeit ist die Juniorprofessorin für den Dokumentarfilm-Studiengang der Columbia University. Sie erhielt drei New York Emmy Awards, einen davon für "Ndiphilela Ukucula: I Live to Sing" (2013) als Best Arts Programm. Mit "The Sturgeon Queens" (2014) war sie 2015 auf der Berlinale, wie auch auf sechzig weiteren Filmfestivals und gewann zehn Publikumspreise. Mit "American Veteran" (2017) gewann sie den Panavision Showcase Award für New Yorker Filmemacher*innen.
RBG - Ein Leben für die Gerechtigkeit
Originaltitel: RBG
USA, 2017
Regie und Produktion: Betsy West und Julie Cohen
Kamera: Claudia Raschke
Schnitt: Carla Gutierrez
Musik: Miriam Cutler
Ausführende Produzentinnen: Amy Entelis, Courtney Sexton
Mit: Ruth Bader Ginsburg, Nina Totenberg, Gloria Steinem, Bill Clinton, Harry Edwards, Jane und James Ginsburg, Clara Spera, Lilly Ledbetter, Sharron Frontiero, Stephen Wiesenfeld, Irin Carmon, Shana Knizhnik, Bryant Johnson, u.a.
Verleih: Koch Films
Lauflänge: 97 Minuten
FSK: keine Beschränkung
Kinostart: 13.12.2018
Ab 25.04.2019 auf DVD
Mehr zum Film unter:
www.kochmedia-film.de
www.facebook.com/RBGmovie
www.facebook.com/notoriousRBG
Der Kinostart des Dokumentarfilms wird von der Frauenstiftung filia unterstützt, deren Motto ist, Ressourcen umzuverteilen und so Frauen und Mädchen in ihren Kämpfen um Gleichberechtigung weltweit zu stärken.
Weitere Informationen:
Diskussion der Regisseurinnen über ihren Dokumentarfilm bei dem Interview-Sender Build Series (Mai 2018): www.youtube.com
Auf der Webseite des Jewish Women´s Archive findet sich eine große Anzahl an Links zu Informationen über Ruth Bader Ginsburg: jwa.org
United States Holocaust Memorial Museum - Ein Gespräch mit Ruth Bader Ginsburg, in dem sie ihre jüdische Identität und die Redefreiheit reflektiert, sowie den aktuellen Antisemitismus.
www.ushmm.org
Diskussion mit den Autorinnen Irin Carmon und Shana Knizhnik zu ihrem Buch "Notorious RBG: The Life and Times of Ruth Bader Ginsburg" im ausverkauften Auditorium des Hunter College, New York, im November 2015, veranstaltet vom Roosevelt House Public Policy Institute: www.youtube.com
Webseite der American Civil Liberties Union (ACLU, Amerikanische Bürgerrechtsunion), einer NGO mit Sitz in New York City, hier mit einem Kommentar zu einem Supreme Court-Urteil im Oktober 2018 zu Wahleinschränkungen in North Dakota, in dem sich Ruth Bader Ginsburg gegen die Mehrheit aussprach: www.aclu.org
"On the Basis of Sex" - Spielfilm über das Leben der jungen Juristin
Am 8. November 2018 eröffnete die Filmbiografie "On the Basis of Sex" das AFI (American Film Institute) Fest. Der Film basiert auf dem Leben der jungen Ruth Bader Ginsburg, bevor sie als Richterin an den Supreme Court berufen wurde. Gedreht wurde der Film unter der Regie von Mimi Leder. Daniel Stiepleman, der Neffe von Ruth Bader Ginsburg, schrieb das Drehbuch. Der Spielfilm soll am 25.12.2018 in den US-amerikanischen und am 28.02.2019 (Titel "Die Berufung") im Filmverleih eOne Germany in den deutschen Kinos starten.
Ruth Bader Ginsburg auf FemBio, mit einer ausführlichen Linkliste: www.fembio.org
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