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Beitrag vom 16.06.2010
Morcheeba - Blood Like Lemonade
Claire Horst
Wer Mitte der Neunziger musikalisch sozialisiert wurde, konnte Morcheeba kaum entkommen. In den Fußspuren von Massive Attack, Portishead und Tricky produzierte die britische Band chillige ...
... Downtempo-Beats, die auf ihren Konzerten ebenso einschlugen wie auf heimatlichen Kifferpartys.
Morcheebas eingängige Melodien passten genau in das damalige Zeitgefühl: elektronisch, doch nicht zu anstrengend, clubtauglich, ohne oberflächlich zu sein, diese Erwartungen erfüllten sie problemlos. Schon der Bandname deutet an, wie ihr Trip Hop atmosphärisch einzuordnen ist: "Cheeba" ist ein Slangausdruck für Marihuana. Leicht verspult fühlt sich noch heute, wer sich auf Morcheebas Musik einlässt. Glücklicherweise, denn eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als sei es mit der ursprünglichen Band aus und vorbei. Maßgeblich für den unverwechselbaren Klang der Band verantwortlich war Sängerin Skye Edwards, deren samtige Stimme aus der Musik der Brüder Ross und Paul Godfrey mehr machte als ein reines Easy-Listening-Projekt. 2004 war sie im Streit ausgestiegen, um ihre Solokarriere zu verfolgen. Von ihr waren in der Folge neben eigenen Alben eine Koproduktion mit David Byrne, Live-Auftritte mit Nouvelle Vague sowie ein Beitrag zum Band Aid-Album für Darfur zu hören.
Die Godfreys dagegen hatten weniger Glück. Nachdem die neue Sängerin Daisy Martey schon nach einem Jahr genug hatte, luden sie für das sechste Album "Dive Deep" verschiedene GastsängerInnen ein, was zwar zu hörenswerten Ergebnissen führte, aber auch etwas seelenlos wirkte. Immer weiter entfernte Morcheebas Sound sich von dem ihrer Vorbilder Massive Attack, wurde poppiger und weniger düster. Ein Zufallstreffen soll nun zur Wiedervereinigung geführt haben, und das Warten hat sich gelohnt. Bis auf wenige Hänger (das allzu radiotaugliche "Beat of the Drum" würde sich auch als Fahrstuhlmusik eignen) ist die altbekannte verträumte Atmosphäre wieder da - das, was Morcheeba immer ausgemacht hat. Und es ist etwas dazugekommen: Morcheeba können jetzt Geschichten erzählen! Text und Musik gehen dabei eine merkwürdige Allianz ein: Während Skye Edwards beschwörend anhebt, um von Autounfällen, Giftmörderinnen und Vampirjägern zu erzählen, befindet sich die Hörerin schnell wieder da, wo die Band sie haben will: mitten in einer Chillout-Session.
Sein Ziel sei die perfekte Platte für bestimmte Stimmungen, erklärt Ross Godfrey: "I can come home from the pub and spend hours going through thousands of old vinyl records trying to find the one perfect record to fit the moment, and that`s always the one we wanted to make ourselves". Sommerabende auf dem Balkon oder am Strand lassen sich immer noch bestens mit Morcheeba heraufbeschwören. Ergänzt wird das Altbekannte durch musikalische Neuerungen: Ein afrikanisches Daumenklavier sorgt für erdigere Töne, ebenso wie Sitar, Harmonika und vor allem akustische Gitarren. Einige Titel wie "Mandala" erlauben sich sogar Anklänge an klassischen Blues, und das plätschernde Klavier fügt sich hier ebenso gelungen ein wie die gezupfte Gitarre im folgenden "I am the Spring".
AVIVA-Tipp: Nicht nur für NostalgikerInnen - Morcheeba haben auch NeueinsteigerInnen einiges zu bieten. Ihr siebtes Album setzt da wieder an, wo die Band mit "Big Calm" (1998) aufgehört hat. Einziger Kritikpunkt: Ohne die Anklänge an Countryfolk und Blues wäre das Album vielleicht noch runder geworden. Anspieltipps: "Crimson", "Blood Like Lemonade", "Recipe For Desaster".
Morcheeba
Blood Like Lemonade
Pias Recordings / Rough Trade, VÖ 18.06.2010
Morcheeba im Netz: www.morcheeba.co.uk
www.myspace.com/morcheeba
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