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Beitrag vom 01.02.2011
Midori Seiler - J.S.Bach Partitas for Violin
Yasmine Georges
Die Partiten für Violine Solo von Johann Sebastian Bach gelten als Herausforderung. Den SpielerInnen verlangen sie höchste Konzentration und Genauigkeit ab. Midori Seiler geht das Wagnis ein und...
...entlockt ihrem Instrument ein wahres Klangspektakel.
Schäumende Wellen, ohrenbetäubendes Brausen und entfesselte Naturgewalten, dann erklingt der zarte Gesang einer Nachtigall und eine Blütenallee erscheint im Mondenschein: Mit Midori Seilers Interpretation der Bachschen Partiten für die Violine kann frau auf Gedankenreisen gehen. Die 1969 geborene Violinistin hat sich dem Barock und der Klassik verschrieben. Als Tochter eines japanisch-deutschen PianistInnenpaares beginnt ihre musikalische Ausbildung bereits im Kindesalter. In ihrer Geburtstadt Salzburg lernt sie bei Helmut Zehetmair und Sándor Végh, später sind es Adelina Oprean und Thomas Hengelbrock die das junge Talent in Basel formen. Auch London und Berlin waren Stationen ihrer Ausbildung, bis sie ihr Studium mit dem Konzert-Examen bei Eberhard Feltz abschloss.
Bereits während ihrer Zeit in Basel war Midori Seiler Konzertmeisterin des "Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchesters", seit dem Jahr 2000 ist sie Konzertmeisterin der Orchester "Alte Musik Berlin" und "Anima Eterna". Seit Frühjahr 2010 ist Seiler weiterhin als Professorin für Barockvioline und –viola an der "Hochschule für Musik Franz Liszt" in Weimar angestellt. Bachs Violinkomposition ist keineswegs ihre erste CD-Veröffentlichung. Einspielungen von Mozart, das verschollene Violinkonzert von Bach BWV 1052 in einer eigenen Rekonstruktion, und die "Sheherezade" von Rimsky-Korsakoff gehören bereits zu ihren Werken. Für ihre Interpretation der sieben großen Wiener Violinsonaten von Mozart bei einem französischen Label wurde Seiler 2002 mit dem "Diapason d´Or des Jahres" und dem "Choc du Monde de la Musique" ausgezeichnet.
Mit ihrer neuen CD meistert sie eine der schwierigsten Kompositionen für die unbegleitete Violine. Midori Seiler gelingt der Spagat zwischen konzentrierter Aufnahme und künstlerischer Gestaltung. Dabei beschränkt sie sich auf die drei Partiten des 1720 in Köthen entstandenen sechsteiligen Zyklus. Zu seiner Zeit war Bach dort als Kapellmeister tätig und griff mit seiner Zusammenstellung für die Violine eine Virtuosentradition auf, die sich seit dem späten 17. Jahrhundert etabliert hatte. Um dem Instrument seinen melodischen Reichtum zu entlocken, fasste Bach die Geige als "mehrstimmig spielendes Instrument" auf. Diesen Ansatz kann frau auch Midori Seilers gelungener Aufnahme entnehmen. Die deutsch-japanische Violinistin hat sich bewusst der historischen Spielart angepasst. Ihrer Barockvioline entlockt sie zuweilen ein ganzes Orchester, bis sie den Bogen wieder zart über die Seiten streichen lässt und die HörerInnen ihrer eigenen Fantasie überlässt.
AVIVA-Tipp: "Der Bogen der Barockzeit spricht die damalige Sprache.", erzählt die Solistin im beiliegenden CD-Booklet. Um den Geist dieser Zeit einzufangen, reiste Seiler nach Köthen, die Partiten nahm sie im Johann-Sebastian-Bach-Saal des Schlosses auf. So versetzt die Violinenmelodie die ZuhörerInnen in das 18.Jahrhundert. Bei einem guten Wein kann frau Midori Seilers "destillierter" Musik lauschen, die eine Geige zu einem vielstimmigen Instrument werden lässt und einem großen Komponisten erneut ein Denkmal setzt.
Midori Seiler
Johann Sebastian Bach
Partitas for Violin
Label: Edel:Kultur/Berlin Classics, VÖ: 28.01.2011
Weitere Infos zur Künstlerin finden Sie unter:
http://www.midoriseiler.com
Weiterhören und Weitersehen auf AVIVA-Berlin:
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(Quelle: Edel:Kultur/Berlin Classics)