Alexandra Friedmann - Besserland - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Literatur



AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 16.08.2015


Alexandra Friedmann - Besserland
Sharon Adler

Die in Weißrussland geborene Journalistin und Übersetzerin kam 1989 über Umwege mit ihrer Familie nach Krefeld und lebt heute in Berlin. In ihrem temporeichen Debütroman schildert sie mit jüdischem Humor die abenteuerliche Reise der Familie Friedmann von Weißrussland in den Westen.




"Der Westen", Synonym für das so verheißungsvolle wie unerreichbare Paradies, wird nur hinter vorgehaltener Hand geflüstert, denn wer erstmal einen Ausreiseantrag gestellt hat, begibt sich ins Visier der KGB-Späher.
Dennoch, Familie Friedmann wagt es, erklärt "Amerika" zur Erfüllung ihrer Träume und hat von nun an mit allen nur erdenklichen Schwierigkeiten zu kämpfen.

Gomel, Weißrussland 1987: Mama Lena, eine leidenschaftlichen Bauzeichnerin, die auf Beschluss des KGB von ihrer Tätigkeit entbunden wurde, führt das Regiment. Papa Edik ist ein gutmütiger Hausmann, der unter dem Pantoffel seiner Frau steht, und am liebsten mit seinen Freunden das Wechselgeld vom Markt verspielt und dabei unzählige filterlose Prima-Zigaretten raucht.

"´Stell Dir vor, wir machen bald eine lange Reise. Eine Abenteuerreise. In ein fernes, wundersames Land. Es ist ein Versprechen, das ich Dir gebe Sanetschka!´ Dann beugte sich Papa vor und flüsterte den magischen Namen in mein Ohr."

Alles ist wie immer: Er besucht sein jammerndes Töchterchen im Kindergarten und lässt sich nach sowjetischer Manier für immer neue sinnlose Tätigkeiten einspannen. Als Cousin Mischa Goldstein jedoch eines Tages eine Möglichkeit findet, zu seiner Tante Raja nach Brooklyn auszureisen, setzt sich eine Lawine in Gang. Denn seit Perestroika herrscht und damit die gemütlichen staatsfinanzierten Jobs wacklig sind, zugleich der Antisemitismus weiter Blüten treibt, lassen sich die Friedmanns von der allgemeinen Auswanderungsbegeisterung anstecken. Als sie endlich das Visum in Händen halten und der chaotisch-liebenswerte Familien-Tross schließlich zusammen mit den befreundeten Grosmanns gen Westen aufbricht, lernen die Leser_innen neben dem sympathischen Familien-Clan noch einen ganzen Reigen von skurrilen Charakteren kennen, als da sind: Sima Semjonowna, Jossik, das Schlitzohr, bei dem sie in Wien Unterschlupf finden, Oma Anna und am Ende den hilfsbereiten Asylhelfer Klaus Krämer.

Und während ihrer abenteuerlichen Tour durch Europa inclusive unzähliger Behördengänge stellen Edik und Lena fest, dass sie gar nicht bis nach Amerika müssen, um das zu haben, wonach sie sich so lange gesehnt haben: Freiheit und Glück liegen direkt vor ihnen!

Die Autorin gibt aus der Sicht der kleinen Sanetschka/Alexandra einen persönlichen Einblick in große Träume und mittlere Katastrophen, in das Überleben in der korrupten Sowjetunion und das Ankommen in einer neuen Welt. "Besserland" ist wie ein altes russisches Märchen, phantastisch, weise, urkomisch und wehmütig zugleich. Diese kurzweilig erzählte wahre Geschichte gibt einen wunderbaren Einblick sowohl in das jüdisch-sowjetische als auch das jüdisch-deutsche Leben vor und nach dem großen Abenteuer Aus- und Einwanderung.

AVIVA-Tipp: Ebenso lakonisch wie liebevoll und mit einer guten Prise Humor vermittelt der Debütroman von Alexandra Friedmann vor allem Eines: Aus allem das Beste zu machen.

Zur Autorin: Alexandra Friedmann, geboren am 26.08.1984 in Gomel, Weißrussland, kam 1989 über Umwege mit ihrer Familie nach Krefeld. Schon in der Grundschule schrieb Alexandra Aufsätze und Geschichten, später versuchte sie sich an Lyrik, die sie in Anthologien und Zeitschriften veröffentlichte. Nach ihrem Abitur 2004 verbrachte sie acht Jahre in Paris, wo sie Literatur und Journalismus studierte. 2010 machte sie ein Praktikum bei der taz, zahlreiche Veröffentlichungen in Anthologien und Literaturzeitschriften. Alexandra Friedmann arbeitete als freie Journalistin und Übersetzerin und lebt heute mit Mann und Tochter in Berlin. "Besserland" ist ihr erster Roman.
Mehr Infos und Kontakt: www.alexandra-friedmann.com und in einem Beitrag in auf den Verlagsseiten, in dem Alexandra Friedmann sich mit dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine auseinandersetzt. Diesen spürt sie überall – in ihrer Familie hier in Deutschland und in ihrem Freundeskreis: www.resonanzboden.com


Alexandra Friedmann
Besserland

Hardcover, gebunden mit Schutzumschlag, 272 Seiten
ISBN-13 9783862200528
Graf Verlag, erschienen: 30.09.2014
18,00 Euro
www.ullsteinbuchverlage.de

Alexandra Friedmann
Besserland

EPub, 272 Seiten
ISBN-13 9783843709248
Graf Verlag, erschienen: 30.09.2014
14,99 Euro
www.ullsteinbuchverlage.de

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin

Alina Bronsky - Nenn mich einfach Superheld

Alina Gromova - Generation koscher light. Urbane Räume und Praxen junger russischsprachiger Juden in Berlin

Interview mit Olga Grjasnowa - Der Russe ist einer, der Birken liebt (2012, anlässlich der israelisch-deutschen Literaturtage)

Olga Grjasnowa - Die juristische Unschärfe einer Ehe

Lena Gorelik - Verliebt in Sankt Petersburg. Meine russische Reise

Rena Dumont - Paradiessucher




Quelle: Graf Verlag



Literatur

Beitrag vom 16.08.2015

Sharon Adler