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Beitrag vom 13.07.2009
Prof. Dr. theol. Wolfdietrich von Kloeden und Prof. Dr. phil.habil. Dr. theol. h.c. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz - Edith Stein
Muschick, Adler
Die Philosophin, Frauenrechtlerin und Märtyrerin (1891–1942) stammte aus einer orthodoxjüdischen Familie und konvertierte 1922 zum Katholizismus. In die Reihe der "Helden ohne Degen" posthum...
... aufgenommen, wird Edith Stein nach ihrer Ermordung durch die Nazis ein Denkmal gesetzt.
"Helden ohne Degen", das ist eine Reihe von Büsten auf der Berliner "Straße der Erinnerung", die am Ufer der Spree in unmittelbarer Nähe zum Bundesinnenministerium verläuft. Mit diesen Denkmälern erinnert die Ernst Freiberger-Stiftung an Menschen, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Großes geleistet haben und für ein Deutschland fern ab von Krieg und Nazi-Terror eintraten.
Die Jüdin Edith Stein, die in einer Glaubenskrise zum Katholizismus konvertierte, ist die erste Frau, die unter den "Helden ohne Degen" zu finden ist. Ihre Biographie ist ebenso bewegend wie anerkennenswert. Steins Wirken wird von Wolfdietrich von Kloeden und Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz in dem Buch zur Erstellung der Büste "Edith Stein" dargestellt.
Edith Stein wurde 1891 als elftes Kind einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Breslau geboren. Nach dem Studium der Germanistik, Geschichte, Philosophie und Psychologie in Breslau studierte sie ab 1913 in Göttingen bei dem Philosophen Edmund Husserl Philosophie. In seiner Phänomenologie fand sie ihre Welt und Denkweise.
Hier konnte sie sich einer der Fragen widmen, die sie beschäftigten: die Frage nach dem Menschen. Sie wurde seine Assistentin und bemühte sich mit mehreren Habilitationsschriften um eine Professur, die sie jedoch als Frau und Jüdin nicht erhielt. Feldmann geht auf ihr philosophisches Werk ein und macht es verständlich. Neben der Philosophie engagierte sie sich für das Frauenwahlrecht und die Frauenemanzipation mit Vorträgen. Sie wurde als brillante Rednerin geschildert, übersetzte Thomas von Aquin aus dem Lateinischen und verfasste insgesamt ein umfangreiches Werk.
Doch die fehlenden Aussichten auf eine Professur zermürbten sie. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, aber auch um den Menschen zu dienen, arbeitete sie als Lehrerin und später als freiwillige Rotkreuzhelferin in einem Seuchenlazarett.
1922 setzte sie ihren lang gehegten und gereiften Wunsch um und konvertierte zum christlich-katholischen Glauben. Anscheinend war sie tief beeindruckt durch ein Buch der Mystikerin Teresa von Ávila. Sie verleugnete ihr Judentum jedoch nie und versuchte zu zeigen, dass sich beide Religionen ähnlich sind.
Vielmehr sah sie die Konvertierung als Bereicherung und Vertiefung ihrer jüdischen Wurzeln. Die Treue zu ihrem Volk stellte sie keinen Augenblick in Frage. 1933 trat sie – zur großen Enttäuschung ihrer Mutter - in das Karmel Köln-Lindenthal ein und lebte ab nun unter dem Ordensnamen "Teresia Benedicta a Cruce". Hier hatte sie ihren Ort und ihre Lebensweise gefunden. Ihr Ordensname wurde zu ihrer Berufung: am Ölberg bei Jesus ausharren und solidarisch mit dem gejagten und abgeschlachteten Volk sein. Vor den Nazis flüchtete sie in das Karmel Echt in den Niederlanden und versuchte von dort die Emigration in ein Schweizer Kloster, die Formalitäten zogen sich jedoch hin. Edith Stein wurde mit ihrer Schwester Rosa, die auch konvertiert war, 1942 in das Sammellager Westerbork gebracht und am 9. August im selben Jahr in Auschwitz vergast.
Die am 11. Oktober 1998 von Papst Johannes Paul II. in Rom als Märtyrerin heilig gesprochene Edith Stein wurde 1999 – zusammen mit der Heiligen Birgitta und der Heiligen Katharina von Siena – zur Patronin Europas erklärt.
Nach ihr benannt wurde der "Edith-Stein-Preis", eine mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung für Menschen, die sich in besonderem Maße sozial engagieren.
Zu den AutorInnen:
Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, geboren 1945, studierte Philosophie, Germanistik und Politische Wissenschaften in München und Heidelberg. Seit 1993 ist sie Professorin für Religionsphilosophie und vergleichende Religionswissenschaft an der TU Dresden. Sie ist Mitherausgeberin der 24-bändigen Gesamtausgabe der Werke von Edith Stein. Weitere zahlreiche Veröffentlichungen.
Wolfdietrich von Kloeden, geboren 1932, studierte Theologie, Philosophie und Geschichte. Ab 1978 war er Professor für Theologie und Sozialphilosophie an der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe. Er ist Mitglied der Kierkegaard-Akademie und Member of Board des International Kierkegaard Commentary. Zahlreiche Veröffentlichungen.
AVIVA-Tipp: Edith Stein, weitsichtige Feministin ("...es gibt keinen Beruf, der nicht von einer Frau ausgeübt werden könnte..."), mutige Kämpferin (nach der Machtergreifung der Nazis bat sie den damaligen Papst Pius XI. vergeblich darum, mit einer Enzyklika gegen die Judenverfolgung einzuschreiten) und hochbegabte Philosophin war eine wahrhaftige "Heldin ohne Degen". Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz und Wolfdietrich von Kloeden gelingt mit ihrer Veröffentlichung ein dichtes Bild dieser mutigen Frau, deren Hoffungen und Überzeugungen in einer Gaskammer endeten.
Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Wolfdietrich von Kloeden
Edith Stein
Helden ohne Degen
hrsg. v. der Ernst-Freiberger-Stiftung
be.bra wissenschaft verlag, erschienen Mai 2009
ISBN 978-3-937233-52-9
208 Seiten, Hardcover in Halbleinen
22 Abbildungen
Preis 32.00 Euro
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
Edith Stein von Christian Feldmann, erschienen in der Rororo monographie, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Januar 2004
Werke von Edith Stein (Auswahl):
Von Edith Stein: Essays on woman / edited by L. Gelber and Romaeus Leuven. Transl. by Freda Mary Oben. - Washington, D.C : ICS Publ., 1987
Edith Stein: Life in a Jewish family: her unfinished autobiographical account / ed. by L. Gelber and Romaeus Leuven. Transl. by Josephine Koeppel. - Washington, D.C : ICS Publ., 1986
Quellen und weitere Infos unter:
www.edith-stein-gesellschaft.de
www.karmel.at
www.edith-stein.com