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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 12.08.2009


Das Jubiläum - 90 Jahre Bauhaus
Iella Peter

Viele spannende Werke sind anlässlich des 90-jährigen Jubiläums der Gründung des Bauhauses erschienen, die Lehre und Wirken der berühmten Kunstschule des 20. Jahrhunderts beleuchten.




Das Bauhaus, 1919 in Weimar gegründet, seit 1925 in Dessau ansässig und 1933 von den Nationalsozialisten in Berlin geschlossen, ist bis heute eindrucksvolles Zeugnis deutscher Kultur des 20. Jahrhunderts. Viele der damals errichteten Häuser im Bauhaus-Stil können noch heute in Städten wie Berlin und Tel Aviv bestaunt werden. Der Ruf dieser übergreifenden Schule für Kunst, Architektur, Design und Bühne ist mehr als 70 Jahre nach ihrer Schließung weltweit von ungebrochener Aktualität.

"Modell Bauhaus"



"Modell Bauhaus" ist der offizielle Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, die vom vom 22. Juli bis 04. Oktober 2009 im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen war. In dieser, mit über 300 Fotos reich bebilderten Publikation, werden Geschichte und Wirkung der berühmten Kunstschule neu betrachtet und bewertet.

Raffiniert wird, anhand von 68 ausgewählten Hauptwerken, ein umfassender Überblick zum historischen Bauhaus vermittelt und seine Rezeption bis in die Gegenwart untersucht. Zu jedem Jahr seines Bestehens von 1919 bis 1933 werden auf einer eigenen Seite kulturelle, politische und das moderne Leben betreffende Fakten aufgelistet Dadurch stehen die vorgestellten Werke nicht allein, sondern werden in einen gesellschaftlichen Kontext eingegliedert. Das gemeinsame Projekt des Bauhaus-Archivs Berlin, der Stiftung Bauhaus Dessau und des Bauhaus-Museums der Klassik Stiftung Weimar gewährt auch Einblick in bisher wenig beleuchtete Aspekte, wie beispielsweise Bauhaus im Nationalsozialismus, internationale Verbreitung und Kommerzialisierung.

Kunst zum Hören: "Modell Bauhaus"



Die neue, innovative Reihe des Hatje Cantz Verlags "Kunst zum Hören" stellt bedeutende Werke wichtiger Kunstausstellungen, informativ und gleichzeitig unterhaltsam, vor. In dem Audioguide "Modell Bauhaus" zur aktuellen Ausstellung werden, mit Hilfe des farbig illustrierten Begleitbandes, 35 ausgewählte Hauptwerke eingehend beschrieben und analysiert. Einprägsam, anhand von Beispielen wie der Tischleuchte Wilhelm Wagenfelds, wird die Geschichte des Bauhauses erzählt. Seine Leuchte, schlicht Bauhaus-Lampe genannt, ist ein Paradebeispiel der Formenlehre der Kunstschule. Es fand als erstes Objekt der Bauhaus-Ästhetik den Weg auf Martin Gropius` Schreibtisch. Auch Arbeiten berühmter Bauhaus-Künstlerinnen wie Irene Bayer oder Marianne Brandt werden vorgestellt und rezensiert. In Brandts Fotomontage "Mit allen zehn Fingern" von 1930 kniet eine Frau in einem weißen Raum und an jedem ihrer zehn Finger ist ein Faden angebracht, deren Enden ein Mann in den Händen hält. Mit dieser Montage gelingt es ihr eindrucksvoll, die damals herrschende Abhängigkeit der Frau vom Mann darzustellen. Denn obwohl es im Bauhaus auch Frauen in hohen Positionen gab, Marianne Brandt beispielsweise leitete einige Zeit die Metallwerkstatt, machte es ihnen die Kunstschule nicht immer leicht. Schon ab 1920 durften Frauen in den Anfangsklassen nur noch ein Drittel der SchülerInnen ausmachen.

Kunst zum Hören: "Modell Bauhaus" ist ein wirklich empfehlenswertes Format, um sich den vielen Ausprägungen des Themas Bauhaus zu nähern.

"Bauhaus Streit. 1919-2009. Kontroversen und Kontrahenten"



Das Bauhaus als eine der Ikonen der Moderne war von Anfang an umstritten, in internen Auseinandersetzungen ebenso wie durch Kritik oder Anfeindungen von Außen. Und mit Ende der Ära Bauhaus war es mit dem Streit keineswegs vorbei. Das Buch "Bauhaus Streit" widmet sich dieser komplexen Thematik. In den Beiträgen der AutorInnen werden die Konflikte von 14 Jahre Bauhaus, aber auch die Rezeptionsproblematiken späterer Jahre, behandelt. In diesen Auseinandersetzungen werden Idee und Ideologie der Kunstschule deutlich und offenbaren so die Grundfragen der Moderne.

Es zeigt sich, dass es ebenso wenig DIE Moderne wie DAS Bauhaus gibt, sondern unterschiedliche, widersprüchliche und gar gegensätzliche Strömungen und Positionen. Der, von Bauhaus-Direktor Hannes Meyer, eingestellte Schriftleiter der Zeitschrift "Bauhaus" Ernst Kállai beispielsweise war entschiedener Kritiker des Stils der Lehr- und Lernstätte. Diese Art von Differenzen war ausdrücklich erwünscht und trug maßgeblich zum Erfolg bei.

Bereits in der Einleitung, verfasst vom Herausgeber des Buches, Philipp Oswalt, ist diese Tendenz beschrieben. Der niederländische Künstler Theo van Doesburg etwa kritisierte 1922 die Schule scharf und veranstaltete eigene Kunstkurse als Opposition zu den Bauhaus-Lehrgängen. Der Einfluss des De-Stijl-Künstlers auf die Entwicklung des Bauhauses ist aber dennoch nicht von der Hand zu weisen. Die Frage nach den grundsätzlichen Konflikten des Bauhaus-Erbes wird in diesem sehr lesenswerten Buch ausführlich bearbeitet und detailreich in den unterschiedlichen Essays untersucht.

AVIVA-Tipp: In jedem der drei vorgestellten Exemplare spiegelt sich die Komplexität der Thematik Bauhaus wider. Ob der üppig bebilderte Ausstellungs-Katalog, der, für die LeserIn einfach zugängliche, Audioguide oder die tiefer gehende Beschäftigung mit den Gegensätzen und Widersprüchen der Kunstschule in dem Buch "Bauhaus Streit", für jeden Geschmack ist etwas bei dieser Auswahl dabei.

Texte von Barry Bergdoll, Klaus von Beyme, Regina Bittner, Gerda Breuer, Magdalena Droste u.a.
Modell Bauhaus

Herausgeber: Bauhaus-Archiv Berlin. Museum für Gestaltung. Klassik Stiftung Weimar. Stiftung Bauhaus Dessau
Verlag: Hatje Cantz Verlag, erschienen 2009
Gebunden mit Schutzumschlag, 376 Seiten mit 302 Abbildungen
ISBN 978-3-7757-2414-2
Preis: 39,80 Euro

Kunst zum Hören: Modell Bauhaus
Herausgeber: Bauhaus-Archiv Berlin. Museum für Gestaltung. Klassik Stiftung Weimar. Stiftung Bauhaus Dessau
Verlag: Hatje Cantz Verlag, erschienen 2009
Gebunden mit CD, 48 Seiten mit 46 Abbildungen
ISBN 978-3-7757-2450-0
Preis: 16,80 Euro

Texte von Otl Aicher, Paul Betts, Gerda Breuer, Magdalena Droste, Jörn Etzold, Simone Hain, Thilo Hilpert, Joachim Krausse, Michael Müller u.a.
Bauhaus Streit. 1919-2009. Kontroversen und Kontrahenten

Herausgeber: Stiftung Bauhaus Dessau, Philipp Oswalt
Verlag: Hatje Cantz Verlag, erschienen 2009
Broschur, 312 Seiten mit 31 Abbildungen
ISBN 978-3-7757-2454-8
Preis: 20,00 Euro

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Ulrike Müller - Bauhaus-Frauen. Meisterinnen in Kunst Handwerk und Design

Die Fotografin der magischen Sekunde und Frauenportraits. Ein Kunstbuch über die Bauhaus-Künstlerin Ré Soupault.

Programm der jüdischen Kulturtage 2009. Zum 90-jährigen Jubiläum werden Stadtführungen angeboten, welche die Bauten jüdischer Bauhaus-Architekten vorstellen.

"Der Afrikanische Stuhl". Bis zum 24. Oktober 2009 im Bauhaus-Archiv Museum für Gestaltung


Weitere Infos finden Sie im Netz:

www.modell-bauhaus.de

www.hatjecantz.de

www.bauhaus.de



Literatur

Beitrag vom 12.08.2009

AVIVA-Redaktion