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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 16.03.2010


China Girls
Undine Zimmer

Mit 12 wunderschön illustrierten wundersamen Geschichten präsentieren sich 12 chinesische Manhua-Zeichnerinnen in der Comic-Anthologie "China Girls". Sie erzählen persönliche Abenteuer und Träume...




... und stellen darin die Werte des alltäglichen Lebens in Frage.

"Manhua" ist der chinesische Begriff für "Comic". Außerhalb von China bezeichnet Manhua chinesische Comics, ebenso wie "Manga" für japanische, und "Manwhaa" für südkoreanische Comics steht. Sie bedienen sich stilistisch bei den Anime-Filmen, beim Zeichentrick und der Comic-Literatur. Die Manhua, auch Hong Kong Comics genannt, haben jedoch ihre eigenen stilistischen, thematischen und inhaltlichen Besonderheiten. Sie beschäftigen sich mit den kulturellen und sozialen Veränderungen in der chinesischen Gesellschaft. Dabei spielt auch der besondere chinesische Humor und die seit Anfang des 19. Jahrhunderts bestehende chinesische Comic-Tradition eine Rolle.

In den Comics werden Dinge benennbar, die noch immer in den chinesischen Medien tabuisiert sind: Lesbische Liebe, psychische Störungen, das Verhältnis zu Tieren. Auch Trauer, Trennung und die Schwierigkeiten moderner chinesischer Frauen sind Themen, die außerhalb der Comics nicht viel Raum bekommen. Da die Manhua jedoch wegen ihrer Beliebtheit wirtschaftlich erfolgreich sind, werden sie zu einer Nische, in der Unaussprechliches dargestellt werden kann.

"China Girls", das sind die Autorinnen Rain, Fang Yili, Seduce, Guo Yuan, Little Thunder, Ma Xin, Ji Di, Xi Ying, Coco, Liu Xing, Hu Rong, A Geng.
Jede dieser Künstlerinnen ist in ihrem Genre sehr aktiv und an vielen Projekten beteiligt. Sie haben erfolgreiche Beiträge veröffentlicht, an Anime-Filmen gearbeitet, unterrichten das Zeichnen oder arbeiten als selbständige Künstlerinnen.

Ihre Comics bedienen sich verschiedener Elemente. Sie können unter anderem alte Sagen in ihre Erzählung mit einflechten, wie in der Geschichte "Schlaf, mein Schatz" von Seduce. Eingebettet in ein Gespräch zwischen Mutter und Tochter wird die Sage vom Affenkönig und dem roten Kind erzählt. Am Ende funktioniert die Sage auch als Parabel auf das Verhältnis von Mutter und Kind.

Viele Geschichten behandeln persönliche Erfahrungen, wie Freundschaft ("Chengdu Baby" von Fang Yili und "Violet" von Hu Rong), den schmerzhaften Verlust eines Kindes ("Bonbons" von Ji Di) oder Liebe ("Samenkorn" von A Geng, "Mein Gefangener" von Ma Xin, "Trennung" von Xi Ying).

Jede der Künstlerinnen hat ihren ganz eigenen Stil. Manche Bilder erinnern an verschwommene Photocollagen, wie die von Hu Rong, andere orientieren sich am mit Bleistift gezeichneten Comic-Stil, wie die Geschichte von Coco, die mit viel Selbstironie ihre Kultur-Schock Erfahrungen am London College of Communication verarbeitet. Herausragend sind die Bilder des Kollektivs Seduce, die auf kräftigen Farbflächen, geschmückt mit mythologischen Symbolen, ihre Geschichte wie auf Pergament gemalt erscheinen lassen.

AVIVA-Tipp: China Girls ist ein wunderbares Buch mit 12 ausgesuchten Narrationen, die der deutschen Leserin vertraut erscheinen und doch Unbekanntes eröffnen. In den Bildern werden komplexe Gefühle und Verwicklungen zu kurzen einfachen Metaphern. Es ist ein Vergnügen dieses Buch zu lesen, denn trotz der ernsten Themen wird die Leserin von Leichtigkeit erfüllt. Staunend blättert man immer wieder zu bestimmten Lieblingsbildern zurück, erkennt sich wieder oder lässt sich mitnehmen in eine andere Welt.

Rain, Fang Yili, Seduce, Guo Yuan, Little Thunder, Ma Xin, Ji Di, Xi Ying, Coco, Liu Xing, Hu Rong, A Geng
China Girls

Tokyopop, erschienen 19. März 2010
192 Seiten
ISBN-13: 978-3867198707
19,95 Euro


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Beitrag vom 16.03.2010

Undine Zimmer