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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 19.03.2004


Exakte Vision - Interpretiert von Ulrike Haage und Ulrike Voswinckel
Sabine Grunwald

Jules und Jim von Helen Hessels erzählt eine Geschichte, die in der Wirklichkeit begann. Sie wurde in Tagebüchern fortgesetzt, lieferte Stoff für Romane und einen Film, der weltberühmt wurde




Die Geschichte von "Jules und Jim" sowie "Catherine" ist legendär. In Truffauts Film (1961/62) machten Jeanne Moreau, Oskar Werner und Henri Serre die tödlich endende "Ménage á droit" zu einem Klassiker.

Helen Hessels Tagebuch erschien erst 1991 als "Journal d`Helen. Lettres à Henri-Pierre Roché. Nun dient ihr Journal als Vorlage für ein Hörspiel, einer exakten Version, die nur sie allein gesehen und erlebt hat.
Ihr lebendig und abwechslungsreich gestaltetes Tagebuch enthält Zeichnungen, Diagramme, Auflistungen und Dialoge in Deutsch, Französisch und Englisch. In die Textstücke wurden Soundelemente, eingebunden in Klavier-Kompositionen, montiert.

Die beiliegende CD, eine Hörspiel-Performance nach Tagebüchern von Helen Hessel, überzeugt mit Ulrike Haage am Flügel und Meret Becker, Stimme.

Helen Hessel, geb. 1886 in Berlin, war mit dem Schriftsteller Franz Hessel verheiratet. Sie war 34 Jahre alt und hatte zwei Söhne, als sie sich in den Freund ihres Mannes Henri-Pierre Rochè verliebte. Die Liebesbeziehung endet 1933 beinahe tödlich. Als Helen erfährt, dass der Geliebte seit Jahren ein Kind mit einer seiner anderen Geliebten hat, versucht sie ihn zu erschießen. Nach der Trennung von Roché nehmen Frauen einen größeren Platz in ihrem Leben ein. Die letzten 30 Jahre ihres Lebens verbringt sie mit der Malerin Anne-Marie Uhde in Paris.
Helen Hessel war eine verführerische und erfolgreiche Avantgardistin, die Frauen und Männer gleichermaßen bezauberte. Charlotte Wolff schrieb über sie: "Sie konnte ebenso gut einen Essay schreiben wie ein Pferd zureiten. Eine Draufgängerin, die leidenschaftlich liebte und haßte, arbeitete oder faulenzte..."
Bei Kriegsausbruch beendet Helen jegliche Beziehung zu Deutschland und ernährt die Familie durch Chauffeurdienste mit ihrem Auto. Sie entgeht knapp der Internierung und folgt 1946 ihrem Sohn Stéphane nach New York. Nach ihrer Rückkehr nach Paris übersetzt sie für den Rowohlt-Verlag Nabokovs "Lolita". Sie stirbt 1982 im Alter von 96 Jahren und ist auf dem Friedhof von Montparnasse begraben.

Die Autorin Ulrike Voswinckel hat als Hörfunk- und Filmautorin seit vielen Jahren über die Münchner Bohéme recherchiert und geschrieben.
Ulrike Haage, Pianistin und Komponistin, produziert künstlerische Portraits fürs Radio und komponiert Hörspiele, denen Biographien interessanter Persönlichkeiten zu Grunde liegen. 2001 komponierte Ulrike Haage und texte Thea Dorn das Stück "Bombsong", das die Gefühle der vereinsamten "Wohlstandsbabies" beschreibt.




Sans Soleil
Ulrike Haage/Ulrike Voswinckel
Exakte Vision
Helen Hessels "Jules und Jim"

Ein Vorfilm als Journal mit CD
Sans Soleil, 2004
ISBN 3-88030-042-9
20 Euro
Sie können den Titel online bestellen unter:
www.sanssoleil.de



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Beitrag vom 19.03.2004

Sabine Grunwald