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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 24.11.2010


Katharina Franck - Der Club der toten Dichter - eines wunders melodie. Rainer Maria Rilke neu vertont
Tatjana Zilg

Seit 2005 widmet sich Reinhardt Repke der musikalischen Erkundung deutscher Dichter. Als Gesangsstimme für die unvergänglichen, naturalistisch durchwirkten Werke Rilkes gewann er Katharina Franck...




..., die seit ihrer Zeit als Rainbirds-Sängerin mit vielgestaltigen Projekten in Erscheinung getreten ist und so ihren Namen zum Markenzeichen für anspruchsvolle Unterhaltungsmusik werden ließ.

Es ist ein ungewöhnliches Projekt, welches sich Reinhardt Repke da vornahm. Die Namen der großen Dichter vergangener Tage sind nicht unbedingt welche, die bei Musikfans spontan Neugier auf eine CD wecken. Viele haben eher negative Erinnerungen an die Schultage, während der die Gedichte von Heine, Busch und Rilke vom ersten bis zum letzten Buchstaben durchanalysiert wurden.
Ein Anliegen Repkes besteht gerade darin, die Gedichte vom Interpretations-Staub und angeblicher Schwere zu befreien und den Zugang zu ihnen zu erleichtern.
Und die HörerInnen werden tatsächlich überrascht sein, wie viel Charme, Witz und Tiefsinn in ihnen gefunden werden kann, wenn sie sich erst mal unbeschwert auf die Zeilen Rilkes einlassen.

Die wohl bekanntesten Gedichte Rilkes, die auf der CD vertont wurden, sind "Der Panther", "Herbsttag" und "Das Karussell". Aus allen dreien schwingen als Motive Kindheitserinnerungen, Einsamkeit und eine reife Sicht auf das Leben hervor.
"Herbsttag" passt besonders gut zum Veröffentlichungstermin im Oktober und zu der Stimmung, die mit vielen Rilke-Gedichte einhergeht. Entgegen dem derzeitigen Social Networking-Trend stellen sie die Beschäftigung mit sich selbst in den Mittelpunkt und die Notwendigkeit, innere Zufriedenheit und Unabhängigkeit zu entwickeln. So verlieren die Zeilen "Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr, wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben... Wird lesen, wachen, lange Briefe schreiben, und wird auf den Alleen hin und her, unruhig wandern, wenn die Blätter treiben ..." von Katharina Franck gesungen vollkommen an Schrecken und ermuntern, Phasen des Allein- und Singleseins für sich zu nutzen und die windige Herbstzeit nicht zu fürchten, sondern zu genießen. Ähnliche Gefühle ruft der Intro-Song "Einsamkeit" hervor und bietet beim aufmerksamen Lauschen Trost und Erkenntnis: "Die Einsamkeit ist wie ein Regen. Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen; von Ebenen, die fern sind und entlegen, geht sie zum Himmel, der sie immer hat. Und erst vom Himmel fällt sie auf die Stadt."

Bei allen Songs beeindruckt, mit welcher Leichtigkeit die Dichtkunst Rilkes in gesungene, moderne Lieder verwandelt wurde. Katharina Franck singt die Zeilen als seien es die eigenen Texte und lässt sie dadurch sanft und anmutig in den Raum tänzeln, ohne dass sie an Wortgehalt verlieren. Die Kompositionen schrieb Repke alle selbst bis auf "Ich lese es heraus", zu welchem Katharina Franck eine minimalistisch dezente Akustik-Gitarren-Melodie ersann.
Repkes Arrangements sind komplexer angelegt, bleiben aber stets eingängig und drängen sich nie zu dominant vor die Worte. Jazz, Folk und ein Hauch Edelpop sind die Stilfelder, in die Repke die Gedichte gekonnt setzt. So vergisst frau dabei des öfteren leicht, dass die tiefgründigen, pointenreichen Texte bereits über ein Jahrhundert alt sind.

Rainer Maria Rilke lebte vom 4. Dezember 1875 bis zum 29. Dezember 1926. Er wird zu den bedeutendsten Dichtern dieser Epoche gezählt.

"eines wunders melodie. Rainer Maria Rilke neu vertont" ist die dritte CD aus Repkes Reihe "Der Club der toten Dichter". Die zwei Vorgängerprojekte beschäftigten sich mit Gedichten von Heinrich Heine und Wilhelm Busch mit jeweils wechselnden Gastmusikerinnen. Dies Mal sind neben Katharina Franck der Schlagzeuger Tim Lorenz, ebenfalls ehemaliges Mitglied der Rainbirds, der Bassit Markus Runzheimer (u.a. bei Diane Weigmann) und Andreas Sperling von Keimzeit an den Tasteninstrumenten mit von der Partie.

AVIVA-Tipp: Die ungewöhnliche Idee, Lyrik-Klassiker in zeitgemäße Songs zu transferieren und sie dadurch einem breiteren Publikum ans Herz zu legen, wurde mit hoher Professionalität und Feingefühl umgesetzt. Entstanden ist so ein Album, das alle Sinne anspricht und zum Nachdenken über die Rilke-Gedichte einlädt - diesmal ohne LehrerIn im Hintergrund, die jeden Ansatz dazu mit richtig oder falsch bewertet.

Rainer Maria Rilke - eines wunders melodie
Label: ZuG Records, Edel:Kultur, erschienen Oktober 2010

Weitere Infos finden Sie unter:

club-der-toten-dichter.de

katharinafranck.de

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Beitrag vom 24.11.2010

AVIVA-Redaktion